09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 9

Georg KippelsCDU/CSU - Digitalisierung im Gesundheitswesen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren auf den Tribünen! Die Digitalisierung im Gesundheitswesen nimmt heute in der Tagesordnung eine ganz prominente Stelle ein, speziell das Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Übrigens, Herr Mieves, das ist eigentlich relativ leicht verständlich; insofern ist für Abkürzungen wenig Raum.

Das Thema ist richtig und wichtig, weil Daten der Stoff sind, aus dem in Zukunft die Gesundheitsversorgung gebaut wird, vor allen Dingen dann, wenn sie gemeinwohlorientiert ist, und das ist unser gemeinsames Anliegen.

Das Thema ist gut; aber – um der Wahrheit die Ehre zu geben – es ist nichts Neues. Ein kurzer Blick zurück: 2019 Digitale-Versorgung-Gesetz, 2020 Patientendaten-Schutz-Gesetz, 2021 Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – alles Kapitel, die sich mit Digitalisierung beschäftigen. Schön, dass es jetzt weitergeht! Das hat leider zwei Jahre gedauert. Also von hier aus herzliche Grüße an die neue Deutschlandgeschwindigkeit!

Bemerkenswert ist vor allen Dingen auch: In der Debatte damals waren die Positionen der heutigen Koalitionäre, zumindest teilweise, äußerst unterschiedlich. Während die Kollegen der Großen Koalition, insbesondere Kollege Heidenblut, das damalige Gesetzesvorhaben als gut, vollständig und vor allen Dingen umfassend bewerteten, waren FDP und Grüne noch sehr zurückhaltend. Der Patientenschutz stand ganz an oberster Stelle. Frau Kollegin Klein-Schmeink, Sie haben uns blinden Aktionismus vorgeworfen. Na ja, gut; dann machen wir jetzt mal mit dem Aktionismus, ohne blind zu sein, weiter. Mal schauen, was rauskommt!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um die Beratungen vorzubereiten, will ich ganz kurz einige Fragestellungen aufwerfen, mit denen wir uns beschäftigen sollten:

Der erste Punkt ist das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Nutzung; es ist eben angesprochen worden. Wir schauen immer etwas bewundernd in die skandinavischen Länder. In der Tat haben wir auf Delegationsreisen nach Dänemark und Finnland immer wieder den Hinweis bekommen: Die Bevölkerung muss dem System vertrauen. – Vertrauen ist die Grundlage. Es geht nicht nur um die technische Tauglichkeit, sondern auch um die emotionale Vertrautheit mit dem Thema. Bitte binden Sie das BSI im Hinblick auf die Vertrauensbildung mit ein.

Zweiter Punkt – auch schon angesprochen –: Auch die Krankenkassen sollen zukünftig die Daten auswerten können und dann – das sehen wir als außerordentlich bedenklich an – unverbindliche Empfehlungen an den Patienten geben können. Das ist nicht die Aufgabe der Krankenkassen.

(Beifall des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE])

Das löst bei den Patienten eher Irritationen aus. Wenden Sie sich, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenkassen, an die Apothekerinnen und Apotheker, an die Ärztinnen und Ärzte. Die sollen dann mit den Patienten kommunizieren.

(Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Dritter Punkt: Datenzugangs- und Koordinierungsstelle als neue Institution der Verarbeitung. Klingt sehr nach Bürokratie. Vor allen Dingen: Zunächst soll das BfArM tätig werden und dann eine Ausgliederung stattfinden. Bürokratie behindert im Zweifelsfall Innovation.

Nächster Punkt. Stimmen Sie das Gesetz mit dem EHDS ab. Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten ist in Arbeit. Es muss eine Harmonisierung zwischen den Begrifflichkeiten und den Verfahren stattfinden.

Ein wesentlicher weiterer Punkt: die Verknüpfung der Digitalisierung und der Datenerhebung mit der künstlichen Intelligenz. Letztere steckt zwar noch in den Kinderschuhen, ist aber ein wichtiger Baustein in der zukünftigen Versorgung. Das muss kontrolliert aufeinander abgestimmt werden. Auch da gibt es erste Anzeichen in der EU, dass wir uns mit einem entsprechenden Abgleich bzw. Sicherungsverfahren beschäftigen müssen.

Nächster Punkt: Opt-out-Regelung bei den primären und den sekundären Nutzungsmöglichkeiten. Beachten Sie das informationelle Selbstbestimmungsrecht, und geben Sie den Leuten, auch wenn es vielleicht nur wenige sind, die sich gerade nicht mit der Digitalisierung aktiv beschäftigen können, auch eine analoge Möglichkeit, dagegen Widerspruch zu erheben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN und der Abg. Nicole Höchst [AfD])

Letzten Endes: Achten Sie darauf, dass die vielfältigen und überaus nützlichen Register in ausreichendem Maße miteinander vernetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben zahlreiche – ich will nicht sagen: zahllose – Register, die weder untereinander kompatibel sind noch in ausreichendem Maß tatsächlich bereits in das Gesamtsystem eingebunden sind. Und: Denken Sie im Registerwesen vor allen Dingen aufgrund der zunehmenden Bedeutung an die seltenen Erkrankungen.

Zum guten Schluss. Es ist richtig, dass die privaten Nutzer zukünftig für die Nutzung der Daten auch eine Gegenleistung erbringen sollen. Man kann da an Veröffentlichungen denken. Aber bitte auf diese Weise nicht das geistige Eigentum durch die Hintertür entziehen! Denn nur wenn man geistiges Eigentum nutzen kann, ist man auch bereit, in persönliche Engagements finanzieller Art einzutreten.

Das sind eine Menge Fragen für die nächsten Beratungen. Es ist ein interessantes Thema. Wir sind daran interessiert, –

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

– dass es gelingt. Aber wir werden uns auch einbringen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kippels. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Anna Christmann, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603092
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Digitalisierung im Gesundheitswesen
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