Pascal KoberFDP - Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Titel eines der drei Anträge gelesen habe, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, heute hier eingebracht haben, da habe ich meinen Augen nicht getraut: „Selbstständige Existenzsicherung von Frauen fördern“.
(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Haben Sie den jetzt zum ersten Mal gelesen? Das ist aber schlecht!)
Ich dachte, es geschehen noch Zeichen und Wunder – um gleich mal eine Brücke zu Ihrem Bibelzitat zu schlagen –: Die Selbstständigkeit liegt den Linken plötzlich am Herzen, und nicht nur die Arbeit des freigestellten Betriebsratsmitglieds.
(Zuruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])
Aber dann ging der Satz weiter: Sie wollen die „Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen“. Das kann man ja wollen – wir als Freie Demokraten sind da anderer Meinung –, aber die Begründung, die Sie anführen, ist schon abenteuerlich. Auch da schlage ich wieder die Brücke zur Bibel: Nehmt euch in Acht vor den falschen Propheten, die falsche Lehren verbreiten.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie des Abg. Bernd Rützel [SPD])
Denn es ist ja offensichtlich – es müsste doch auch für Sie offensichtlich sein –: Wenn Sie 520 Euro im Monat verdienen, dann kann das nicht existenzsichernd sein, ganz egal ob Sie das in einem Minijobarbeitsverhältnis tun oder ob Sie das in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tun. Mit der Begründung, dass der Minijob mit 520 Euro nicht existenzsichernd sei, machen Sie sich nicht wirklich seriös hier in der Debatte, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP)
Wichtig ist, glaube ich, noch mal zu betonen, dass wir nach über zehn Jahren endlich wieder für Gerechtigkeit gesorgt haben, gerade für die Minijobberinnen und Minijobber, indem wir zum ersten Mal seit zehn Jahren in dieser Koalition – auf Anregung der FDP und mit Unterstützung von SPD und Grünen – die Minijobgrenze erhöht haben; dass wir es erstmals seit zehn Jahren auch denjenigen, die in einem Minijob arbeiten, ermöglicht haben, mehr zu verdienen. Und wir werden – das haben wir ja auch schon gesetzlich beschlossen – mit der Dynamisierung am 1. Januar zum ersten Mal die automatische Anhebung der Minijobgrenze im Verhältnis zum Anstieg des Mindestlohnes begrüßen dürfen, wenn die Minijobgrenze auf 538 Euro steigt.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In Ihrem zweiten Antrag fordern Sie einen politischen Eingriff in das Mindestlohngesetz. Sie wollen den Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen. Dem werden wir nicht zustimmen; denn wir sind der Überzeugung, dass wir gerade Geringqualifizierten, Frauen und Nicht-EU-Ausländern die Chance geben müssen, den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wieso müssen Frauen weniger kriegen als Männer?)
Nun wird ja immer mantraartig betont, dass weder die Einführung des Mindestlohnes noch die bisherigen Erhöhungsschritte Arbeitsplätze gekostet oder einen negativen Effekt auf den Arbeitsmarkt gehabt hätten. Aber wenn man dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung glaubt, dann ist das eben nicht richtig. Man muss genauer hinschauen. Dann zeigt sich, dass die Erhöhung des Mindestlohnes gerade für Frauen, für Geringqualifizierte und für Nicht-EU-Ausländer tatsächlich zu Beschäftigungsabbau geführt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist das völlig falsche Signal in der jetzigen Situation, in der wir Arbeitsplätze für Menschen brauchen, die den Einstieg in Arbeit finden müssen. Deshalb halten wir von Ihrem Vorschlag überhaupt gar nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Unsere Anstrengung im Sozialstaat sollte sein, den Aufstieg innerhalb des Arbeitsmarktes zu ermöglichen, wenn der Einstieg gelungen ist.
(Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])
Da gibt es in unserem Staat in der Tat Nachholbedarf. Zu wenigen gelingt der Aufstieg innerhalb des Arbeitsmarktes, und das muss die Anstrengung sein. Denn der Mindestlohn mag bei 12 Euro, bei 12,41 Euro oder bei 14 Euro liegen – ganz gleich –; wir als Freie Demokraten sagen: Es kann uns nicht zufriedenstellen, wenn Menschen dauerhaft am untersten Niveau der Einkommensskala arbeiten.
(Bernd Rützel [SPD]: Das ist aber leider so!)
Das wollen wir aber durch Kompetenzzuwachs, durch Bildung und durch Aufstiegsmobilität lösen.
Herr Kollege.
Dafür kämpfen wir als Freie Demokraten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin Natalie Pawlik.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603116 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs |