Sebastian FiedlerSPD - Aktuelle Stunde: Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland entgegentreten
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD setzt heute ein Thema der inneren Sicherheit hier auf die Tagesordnung und schickt zwei interessante Redner ins Rennen.
Der erste spricht von Freiheit, Ordnung und Normalität und sagt: „Deutschland ist unser Land“, hat sich aber in der Vergangenheit an Hooligan-Schlägereien beteiligt.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ach Jesses! – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Sogar vorbestraft! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Bei ihm zu Hause fand die Polizei einen Teleskopschlagstock, eine Sturmhaube und Trophäenfotos. Er wurde vom Landgericht Mainz verurteilt wegen Beihilfe zur Körperverletzung zu 90 Tagessätzen à 180 Euro. Das ist Ordnung und Normalität der AfD.
(Martin Hess [AfD]: Herr Fiedler, ist das jetzt Ihre neue Masche? Nur noch Parolen, und nichts mehr zur Sache sagen! Das ist kein Zeichen Ihrer Qualität, Herr Fiedler! – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beihilfe zu schwerer Körperverletzung!)
Der zweite Redner spricht von einer „Schande“ für Deutschland.
(Beatrix von Storch [AfD]: Deswegen sind wir jetzt Prozente vor Ihnen! Weil Sie einfach an den Leuten vorbeireden!)
Ich, in meinem Berufsstand, finde: Polizisten in rechtsextremen Parteien sind eine Schande für Deutschland.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Haben Sie auch noch was Inhaltliches?)
Ich verstehe, ehrlich gesagt, die Texte gar nicht so richtig; denn die Innenministerin ist in ihrer Haltung völlig klar.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist ja das Problem!)
Ich habe gar nicht so viel Zeit, um alles wieder auseinanderzufriemeln. Aber, Frau Wittmann, in Nordrhein-Westfalen gibt es ein Landesversammlungsgesetz. Insoweit verstehe ich den Zusammenhang zu den heutigen Demonstrationen hier gar nicht. Wie passt das zusammen? Da könnten wir über Herbert Reul diskutieren, würde ich jetzt aber gar nicht machen. Jedenfalls: Viele dieser Rechtsgebiete sind eben Landesrecht; Gefahrenabwehrrecht ist Landesrecht.
Aber vor allen Dingen will ich erst mal den Text voranstellen: Unsere Demokratie ist wehrhaft, und die Polizei macht eine vernünftige Arbeit. Die Versammlungen werden von den Versammlungsbehörden selbstverständlich zunächst einmal überprüft, wenn die Anträge reinkommen. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass die Polizei nachlässig solche Versammlungen genehmigt. Das Gegenteil dürfte der Fall sein, übrigens auch in Essen.
Natürlich versucht man dann, solche Versammlungen zu verbieten, wenn es rechtliche Möglichkeiten gibt. Aber wir sollten die Dinge schon beim Namen nennen. Wir alle wollen die Dinge, die wir hier zu Recht anprangern, mit den Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen, und nicht mit flotten Sprüchen, die wir hier einfach in den Raum hauen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christoph Meyer [FDP] – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Welche flotten Sprüche?)
Wenn eine solche Versammlung erlaubt werden muss, dann arbeitet die Versammlungsbehörde mit Auflagen, und die werden jetzt natürlich, wie immer bei der Polizeiarbeit, nachgearbeitet. Man wird bei künftigen Versammlungen neue Auflagen haben, man wird dann einschreiten.
(Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])
Es gibt entsprechende Strafverfahren. Man arbeitet mit Beweissicherung, man arbeitet mit der Auflösung von Versammlungen. Man kann und muss auf der einen Seite die Dinge, die passiert sind, anprangern, auf der anderen Seite aber doch sagen: Wir leben hier doch nicht im luftleeren Raum, sondern in einer wehrhaften Demokratie und in einem Rechtsstaat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
An der Stelle muss man sagen: Wir tun ja an vielen anderen Stellen besonders viel. Der Verfassungsschutz darf noch erwähnt werden; die Polizeibehörden habe ich erwähnt.
(Martin Hess [AfD]: Wenn alles so super läuft, Herr Fiedler, wieso haben wir dann die Probleme in unserem Land? Das ist doch geradezu lächerlich, was Sie da abgeben!)
Wir haben spezialisierte Staatsanwaltschaften, der Generalbundesanwalt ist unterwegs. Was mir heute so ein bisschen fehlt, ist, all denjenigen Menschen, die sich in den Sicherheitsbehörden jeden Tag den Hintern aufreißen, einmal herzlich Danke zu sagen für das, was sie jeden Tag tun.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir handeln nicht nur repressiv, sondern eben auch präventiv – da ist schon vieles gesagt worden –; aber da ist noch ein bisschen Luft nach oben. Die Präventionsmaßnahmen müssen besser harmonisiert werden. Wir müssen sie besser evaluieren. Deswegen machen wir uns auf den Weg, eine eigene Bundesakademie aufzustellen, die genau diese Koordinierung in den Blick nimmt, um hier noch ein Stück weit besser zu werden.
Aber ich will diese Aktuelle Stunde nicht beenden, ohne noch einmal zu sagen: Wir sind heute, am 9. November, 85 Jahre nach der Reichspogromnacht. Es ist ein Tag, an dem sich solche Debatten eigentlich verbieten – meine Vorrednerin hat das schon gesagt –,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Gerade nicht! Herr Kollege, an einem solchen Tag müssen sie geführt werden!)
ein Tag der Trauer, des Gedenkens und des Innehaltens, ein Tag, an dem wir uns daran erinnern müssen, dass so was von so was kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Martin Hess [AfD]: Ihre Migrationspolitik hat genau zu dem geführt!)
Unser heutiges Deutschland bekämpft Extremisten mit den Mitteln des Rechtsstaates und der Demokratie.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Unsere Sicherheitsbehörden haben die volle Rückendeckung: Wenn der Gesetzgeber hier nachschärfen muss, dann tut er das.
Das tun wir – das will ich am Ende dieser Debatte noch mal sagen –,
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie tun nichts! Gar nichts!)
indem alle von uns – zumindest alle, die links von der AfD sitzen – den Respekt und die Würde jedes einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellen,
(Peter Boehringer [AfD]: Sie sind so selbstgerecht! Eine Schande! Lassen Sie es!)
indem sie Chancengleichheit und Vielfalt beachten, indem sie aktiv eintreten gegen jede Form von Rassismus und – besonders heute – von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Ausgrenzung. Wir verteidigen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
(Martin Hess [AfD]: Das ist nicht die Realität! Schauen Sie auf die Straße, was da gerade los ist! – Peter Boehringer [AfD]: Nein, tun Sie nicht!)
Wir behandeln alle Menschen gleich, unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer sozialen, ethnischen und kulturellen Herkunft, Weltanschauung, Religion, politischen Überzeugung und sexuellen Orientierung. Das ist unser Deutschland.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Martin Hess [AfD]: Tolle Phrasen, Herr Fiedler! Die lösen aber die Probleme nicht!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603157 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland entgegentreten |