09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 13

Silvia BreherCDU/CSU - Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, die umfassendste sozialpolitische Reform seit Jahren, so bezeichnen Sie diese Kindergrundsicherung. Und dann geben Sie Ländern und Verbänden genau eine Woche Zeit zur Stellungnahme.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Lange genug übrigens für eine vernichtende Kritik. Zu dieser umfassendsten sozialpolitischen Reform seit Jahren, liebe Ampel, haben Sie die Anhörung der Sachverständigen schon am kommenden Montag durchdrücken müssen und damit vor der Befassung des Bundesrates. Das Gesetz ist zustimmungspflichtig. Es liegen unzählige grundlegende Änderungsanträge in den Ausschüssen des Bundesrates vor. Diese Änderungsanträge hätten in die Beratungen mit den Sachverständigen Eingang finden müssen, wenn Sie es ernst meinen würden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Zwei Jahre lang nichts getan und jetzt hopplahopp!)

Die umfassendste sozialpolitische Reform seit Jahren, Frau Ministerin, das Projekt der Ampel – und dann ist Ihnen die Einbringung hier im Haus gerade mal eine Debattenzeit von 39 Minuten wert.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Was? Für das wichtigste Flaggschiff?)

Offensichtlich sprechen Sie nicht so gern im Detail darüber.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sie schämen sich offenbar für das eigene Gesetz!)

Diese Bundesregierung hat eine Antwort auf Kinderarmut gefunden, wiederholen Sie, Frau Ministerin, mantraartig – in der Hoffnung, dass Ihnen irgendjemand glaubt. Ich kann Ihnen gratulieren; denn einen Teilerfolg gibt es: Zumindest Sie selber scheinen es zu glauben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Leider ist Ihr Gesetzentwurf die umfassendste sozialpolitische Mogelpackung seit Jahren; denn es enthält einfach nichts von dem, was Sie hier gerade versprochen haben. Aber es gibt ein Mehr: Es gibt 100 Millionen Euro mehr im kommenden Jahr und dann fortlaufend über 400 Millionen Euro im Jahr für die neue Verwaltung.

Aus einer Holschuld wird eine Bringschuld und es gibt nur noch eine einzige Anlaufstelle, sagen Sie. Frau Ministerin, vielleicht kennen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht. Kinder leben nicht alleine, sondern in der Familie. Und was ist mit Kindern, die im Bürgergeldbezug sind? Für die Eltern bleibt das Jobcenter zuständig. Die Kinder stellen dann die Anträge bei der Familienkasse. Bildung und Teilhabe bleibt aber in kommunaler Zuständigkeit. Dazu weitere ungelöste Probleme: Was ist mit der Wohnkostenpauschale? Die wird den Kindern zugerechnet und bei den Eltern wieder abgezogen. Und Verbesserungen bei den Alleinerziehenden? Leider nicht vollkommen; denn es gibt auch eine deutliche Verschlechterung bei den Alleinerziehenden, nämlich wenn es um den Unterhaltsvorschuss geht.

Und dann heben Sie immer wieder den neuen Kindergrundsicherungs-Check hervor. Der ist eine Kannbestimmung, Frau Ministerin. Wenn es Ihnen so wichtig wäre, dass die neue Familienservicestelle das machen muss, dann schreiben Sie es doch ins Gesetz und sagen Sie nicht: Sie kann ihn anbieten, muss aber nicht. – Aber selbst wenn sie den Check durchführen würde: Dieser Check prüft nur, ob ein Anspruch besteht. Dazu ziehen Sie dann, bei Datenschutzerklärungen, die entsprechenden Unterlagen zusammen und teilen den Eltern mit, sie hätten einen Anspruch. Dann müssen diese Anträge bei den jeweils zuständigen Stellen gestellt werden. Und wer online nicht in der Lage ist, diese Anträge zu stellen, der hat dann 100 Anlaufstellen beim Familienservice in Deutschland. Heute haben wir 1 000 Jobcenter und damit wirkliche Anlaufstellen für die Familien in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Ampel, liebe Frau Ministerin, Sie sind grundlegend auf dem falschen Weg. Nutzen Sie doch die Rechtsgrundlagen, die wir schon haben. Fassen Sie die Anträge zusammen, digitalisieren Sie die Anträge, pauschalieren Sie den Teilhabebetrag,

(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also alles, was Sie nicht gemacht haben!)

und zahlen Sie auch gern das Schulpaket automatisch mit aus – aber bitte im vorhandenen System! Und investieren Sie die über 400 Millionen Euro pro Jahr bitte direkt in Kinder und Jugendliche. Das wäre der richtige Weg.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Das werden wichtige Beratungen. Ich wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, bei diesen Beratungen die Stärke, auf die Kritik, die so groß ist, auch tatsächlich einzugehen. Wir helfen dabei gerne mit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht mit dieser Rede! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das merkt man! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, an die CDU/CSU gerichtet: Sie haben nichts gemacht!)

Der nächste Redner ist Sönke Rix für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603161
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung
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