09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 13

Martin Gaßner-HerzFDP - Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern: Ich habe den Gesetzentwurf gelesen und möchte darum auch wieder über die Kindergrundsicherung sprechen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Martin Reichardt [AfD]: Gibt es ja nicht viel zu sagen!)

Jedes Kind muss die Chance haben, etwas aus sich zu machen, sich in der Gesellschaft zu entfalten, sich einzusetzen und zu erfahren, was es heißt, dass sich die eigene Leistung auch tatsächlich lohnt. Genau das ist der Kern der Kindergrundsicherung. Wir wollen selbstbestimmte junge Menschen darin unterstützen, ihren Weg zu gehen, um Polizistin, Ingenieur, Maurer und Ärztin von morgen zu werden. Darum akzeptieren wir nicht, dass ausgerechnet Kinder, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, heute in den dichtesten Dschungel der deutschen Sozialbürokratie geraten, den wir zu bieten haben.

Dafür, dass es einfacher werden muss, damit Kinder mehr Chancen haben, kämpfen wir Freie Demokraten schon sehr lange. In unserem Wahlprogramm wurde das Vorhaben in drei Säulen beschrieben. Dieser Struktur aus Kindergarantiebetrag, Kinderzusatzbetrag und Kinderchancenportal folgt nun auch die Kindergrundsicherung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie ist aber nicht die einzige und endgültige Lösung, die alle Probleme von armutsgefährdeten Kindern lösen wird; Sönke Rix hat auf weitere Vorhaben der Bundesregierung schon hingewiesen. Ich würde noch mal als Schlagworte das Startchancen-Programm und das KiTa-Qualitätsgesetz nennen wollen.

(Nicole Höchst [AfD]: Ja, die klingen auch nur gut!)

Für uns Freie Demokraten ist klar: Die Formel „Mehr Transfer führt zu weniger Armut“ greift zu kurz.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, genau!)

Armut ist mehr als fehlendes Geld.

(Martin Reichardt [AfD]: Bei der Ampel ist es insbesondere fehlendes Hirn!)

Darum liegt uns auch so viel am Kinderchancenportal. Bisher werden die großartigen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets kaum abgerufen. Zu oft scheitert die Unterstützung zum Schulausflug am zerknüllten Antragszettel, der drei Wochen zu spät am Boden des Ranzens wieder auftaucht. Mit dem Kinderchancenportal versprechen wir, was ein einfaches „mehr Geld“ nicht leisten kann: Teilhabe zu schaffen für junge Menschen, die vielleicht gar nicht wissen, dass der Sportklub oder Musikverein um die Ecke sie gerne willkommen heißen würde. Das bundesweite Kinderchancenportal wird kommen und ein Gamechanger sein. Darum achten wir darauf, dass wir es zügig umsetzen werden.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es geht bei der Kindergrundsicherung also nicht nur um Geld, aber natürlich auch um Unterstützung zum Lebensunterhalt. Familien, die in eine schwierige Situation geraten, werden heute mit Zettelwirtschaft verschiedenster Ämter geflutet, bis die Hilfe auch tatsächlich ankommt. So kann der Staat nicht mit seinen Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Darum werden wir jetzt im parlamentarischen Verfahren genau darauf achten, dass der zuvor beschriebene Dschungel der Sozialbürokratie auch tatsächlich gelichtet wird.

(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bestehende Leistungen sollen zu einem modernen und digitalen Verwaltungsprozess zusammengeführt werden, zum Vorteil für die Familien.

Nicht vergessen dürfen wir aber, dass es bei der Kindergrundsicherung nicht nur um Vierjährige geht, sondern auch um junge Menschen, die ins Leben durchstarten. Für sie muss es sich lohnen, voranzukommen, unabhängig zu werden, auf eigenen Beinen zu stehen. Dafür brauchen sie eine gute Arbeits- und Ausbildungsvermittlung und das Wissen, dass sich jede ihrer Mehranstrengungen lohnt. Im Bürgergeld haben wir als Freie Demokraten Verbesserungen für genau diese Mehranstrengungen junger Menschen erreicht; und das muss mit der Kindergrundsicherung auch erhalten bleiben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die beste Hilfe für arme Familien bleibt aber natürlich: mehr Erwerbsarbeit bei den Eltern.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Ach!)

Diese Reform muss deshalb selbstverständlich an ein Gesamtkonzept für mehr Arbeitsanreize im Sozialstaat gekoppelt sein.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Echt? Ach so! – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das würde uns interessieren, wie das genau aussieht, das Konzept! Jetzt wird es spannend! Schade, dass Ihre Redezeit zu Ende ist! Das hätte uns interessiert!)

Daher werden wir uns die Ergebnisse des Forschungsauftrags zur Reform der Transferentzugsraten und Verbesserung der Erwerbsanreize des BMAS genau anschauen und notwendige Anpassungen sicherstellen. Uns geht es als Freie Demokraten darum, dass sich Arbeit noch mehr lohnt

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Noch mehr?)

und weniger Menschen überhaupt auf den Sozialstaat angewiesen sind. Das muss durch die Kindergrundsicherung genauso wie im Bürgergeld unterstützt werden und darf das Lohnabstandsgebot nicht gefährden.

Jetzt beginnt das parlamentarische Verfahren. In der kommenden Woche werden die Expertisen zahlreicher Verbände und Fachleute zur Kindergrundsicherung im Ausschuss gehört und natürlich auch berücksichtigt.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die werden genauso wenig gehört wie die ersten, würde ich sagen!)

Mit dabei sind auch die Kommunen und die Agentur für Arbeit, also genau die Verwaltungsprofis, die verantwortlich sein werden, die Kindergrundsicherung auch tagtäglich erfolgreich umzusetzen und die Versprechen, die wir als Politik damit machen, mit Leben zu füllen. Zusammen müssen wir für eine gelungene Umsetzung sorgen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Märchenstunde!)

Die zentrale Aufgabe ist, dass Familien, die einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung haben, diese auch zuverlässig erhalten. Denn in ihrer Wirkung wird die Kindergrundsicherung zwar mehr als eine Verwaltungsreform sein, aber im Kern bleibt sie doch eine Verwaltungsreform, die am Ende funktionieren muss. Das hört sich alles nicht so einfach und vielleicht auch gar nicht sexy an,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sehr bürokratisch vor allem!)

aber das Ziel ist alle Mühe wert.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Heidi Reichinnek für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603164
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung
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