09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 13

Annika KloseSPD - Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer/-innen! Der deutsche Sozialstaat ist eine große Errungenschaft und ein sehr hohes Gut. Doch unser Sozialstaat ist auch sehr kompliziert, oft zu bürokratisch und wenig digital.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie machen es noch bürokratischer!)

Gerade Familien können davon leider häufig ein Lied singen. Wer ein Kind bekommt, verbringt erst mal viel Zeit mit Anträgen und Ämtern: Anmeldung beim Standesamt, Anmeldung bei der Familienkasse, Beantragung von Elterngeld und noch so einiges mehr.

(Silvia Breher [CDU/CSU]: Das geht in einem Formular!)

Für Menschen mit geringem Einkommen kommen noch weitere Stellen obendrauf, und zwar das Jobcenter, möglicherweise das Sozialamt oder die Wohngeldstelle. Hier wird also viel Zeit mit Dutzenden Behördengängen vergeudet, die für das Kennenlernen des neuen Familienmitglieds sicherlich sehr viel besser verwendet wäre.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch im weiteren Lebensverlauf wird der aktuelle Dschungel an Sozial- und Familienleistungen eher dichter als durchsichtiger. Werte Damen und Herren, das ist ein Zustand, der nicht nur lästig ist, sondern ein echtes Problem. Er führt nämlich auch dazu, dass Menschen, die Unterstützung und Hilfe nötig haben und sie eigentlich dringend bräuchten, diese nicht bekommen. Laut einer Studie des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands sind es bei Kindern zwischen 6 und 15 Jahren ganze 85 Prozent, die die Leistungen aus dem SGB II für Bildung und Teilhabe nicht abrufen. Das ist ein absolut katastrophaler Wert,

(Martin Gassner-Herz [FDP]: Das stimmt!)

der eigentlich auch den letzten CDUlern klarmachen müsste, dass das aktuelle System so nicht funktioniert und es einen Neustart braucht. Und genau das versuchen wir jetzt mit der Kindergrundsicherung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie versuchen es, aber es klappt nicht!)

Werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie haben viel an unserem Vorhaben kritisiert, auch heute in dieser Debatte. Dass darüber zu viel diskutiert wurde, hat man gehört, dass die Leistungen zu niedrig sind, dass sie zu spät eingeführt werden oder dass sich eben auch neue Fragen stellen, wenn man andere Probleme löst. An dem einen oder anderen Punkt ist ja vielleicht sogar was dran, und genau das werden wir im parlamentarischen Verfahren jetzt noch mal anschauen. Aber, werte Damen und Herren, bei aller berechtigten Kritik sollte doch auch zur Kenntnis genommen werden, was wir hier mit diesem Gesetzentwurf eigentlich gerade auf den Weg bringen. Diese Koalition hat wenigstens den Mut, unseren Sozialstaat einmal grundlegend umzugestalten und neue Weichen zu stellen,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

etwas, was Sie 16 Jahre lang eben nicht mal versucht haben.

Unser Ziel muss es doch sein, zukünftig für Anträge und Leistungen nur noch eine Anlaufstelle für eine Familie zu haben statt drei oder vier,

(Silvia Breher [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

sodass sie nur noch einen Antrag stellen müssen statt fünf oder sechs.

(Silvia Breher [CDU/CSU]: Das stimmt auch nicht!)

Unser Ziel ist es, dass sich unser Föderalismus nicht zulasten der Bürgerinnen und Bürger auswirkt, weil sie von der Kommune zum Land und von dort zum Bund geschickt werden, sondern dass in Zukunft die Daten zwischen den Behörden laufen und eben nicht mehr die Bürger.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir wollen die Weichen dahin gehend stellen, dass die Daten, die eh schon vorliegen, zukünftig automatisch abgerufen werden und auf mögliche Ansprüche proaktiv hingewiesen wird. Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns endlich auf diesen Weg machen, die Familien zu entlasten. Schade, dass noch nicht alle hier die Zeichen der Zeit erkannt haben. Aber vielleicht helfen Ihnen ja auch die nächsten Wochen, um noch mal darüber nachzudenken. Ich freue mich jedenfalls auf die weiteren Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603172
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung
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