09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 20

Carolin WagnerSPD - Finanzierung der DDR- und Kommunismus-Forschung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal festhalten: Alle sieben als exzellent bewerteten und auch mit Blick auf den Transfer vielversprechenden Forschungsverbünde zur DDR-Forschung haben eine Anschlussförderung bekommen.

(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Super!)

Das ist ein Bekenntnis des BMBF zur Fortführung der DDR-Forschung. Und das freut uns als SPD-Bundestagsfraktion natürlich besonders.

(Beifall bei der SPD)

Wir bedauern natürlich gleichzeitig, dass im Bundeshaushalt weniger Mittel für den Bereich zur Verfügung stehen. Als SPD werden wir uns für eine Ausweitung der Mittel einsetzen, spätestens wenn der Haushalt wieder mehr Spielraum bietet. Daran arbeiten wir übrigens sowieso die ganze Zeit an vielen verschiedenen Ecken und Enden. Die Aufarbeitung und Erforschung der DDR-Geschichte ist nämlich mitnichten erschöpft und abgehakt. Wenn der Forschungsbereich immer wieder mal totgesagt wurde, dann bezog sich das auf den sehr westdeutsch-konservativen Forschungsansatz zum politischen System der DDR.

Aber das Feld ist viel komplexer, als Sie es auch in Ihrem Antrag erkennen lassen.

(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Genau!)

Sie setzen sich darin zwar auf den ersten Blick für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte ein, dabei fassen Sie das Thema aber total einseitig an. DDR-Geschichte heißt für Sie: Diktatur- und Kommunismusgeschichte. Für Sie geht es in erster Linie um die Aufarbeitung des Politischen, um Totalitarismusforschung.

Es ist schon richtig, dass man die Geschichte der Diktatur aufarbeiten muss. Das geschieht ja auch, etwa wenn erforscht wird, wie sich das DDR-System auf die psychische Gesundheit der Menschen auswirkt. Aber die DDR war nicht nur eine Diktatur, sondern sie war ein Land, in dem gelebt und gearbeitet wurde. Daraus ergeben sich natürlich kultur- und sozialgeschichtliche Fragen, Fragen zur Mentalitätsgeschichte, zur Wirtschaftsgeschichte, zur transnationalen Geschichte.

Und nicht nur, weil heute der 34. Jahrestag des Mauerfalls ist: Die DDR und ihre Bürgerinnen und Bürger haben ihre Rolle in der Weltgeschichte. Daran wird geforscht, und daran muss weiter geforscht werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich hat die Geschichte der DDR eine Relevanz für die gesamte Bundesrepublik und darüber hinaus. Das spiegelt sich übrigens sehr gut in der Zusammensetzung der Forschungsverbünde wider: Universitäten aus Ost und West arbeiten Hand in Hand mit Gedenkstätten, mit Opferverbänden, mit Museen, Stiftungen usw. Und das zeigt, wie breit und interdisziplinär die DDR-Forschung aufgestellt ist.

Meine Damen und Herren, die DDR-Forschung ist kein Selbstzweck. Wir müssen den Transfer der Forschungserkenntnisse in die Politik und in die Gesellschaft sicherstellen. Wenn – wie bei dem vorher erwähnten Projekt zur psychischen Gesundheit – die Erkenntnis lautet, dass die Lebenserwartung in Gebieten mit geringem Wohlstand und strukturellen Defiziten deutlich geringer ist und dies auf Ostdeutschland in besonderem Maße zutrifft, dann ist klar, dass dies eine Folge der DDR-Vergangenheit ist. Hierfür gilt es Lösungen zu entwickeln.

Friedrich Merz hat dann eben nicht recht, wenn er sagt, die Wiedervereinigung sei „emotional“ noch nicht vollendet. Es geht nicht um das Gefühl eines Benachteiligtseins,

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Auch!)

sondern es geht um ganz konkrete und wissenschaftlich nachweisbare Nachteile der Menschen, die im Osten leben.

In Richtung Union muss ich an der Stelle auch sagen: Sie haben es in 16 Jahren Kanzlerschaft nicht geschafft, die Problemlagen der Menschen im Osten angemessen auszugleichen. Wie so vieles steht das auf dem Deckel, den wir als Ampel übernommen haben und wo wir massiv anschieben.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das ist ein Generationenprojekt!)

Mit der vorgezogenen Angleichung der Renten zwischen Ost und West im letzten Sommer haben wir hier einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen die DDR-Forschung. Was wir nicht brauchen, ist ein verengter Blick auf die Dinge, wie er in diesem Antrag zu finden ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Monika Grütters für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603182
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Finanzierung der DDR- und Kommunismus-Forschung
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