Peter AumerCDU/CSU - Änderung des SGB XII und des SGB XIV
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundesminister Heil hat vor Kurzem beim Arbeitgebertag angekündigt, dass die Sozialstaatsdebatte erst begonnen hat. Vor dem Hintergrund dieser Ankündigung erscheint es schon makaber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, Herr Bundesminister, dass Sie bei einem der wichtigsten sozialpolitischen Felder, der Sozialhilfe, ein Gesetz vorlegen, das nur Anpassungen vornimmt. Sieht so Ihre neue Sozialpolitik aus, Herr Heil?
Bei Ihrem Lieblingsprojekt Bürgergeld spielte Geld keine Rolle. Bei der Grundsicherung im Alter loben Sie sich schon fast dafür, dass das Gesetz „geringe nicht näher bezifferbare Mehrkosten in niedriger einstelliger Millionenhöhe“ nach sich ziehen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wird dem Thema nicht gerecht.
Warum sind Sie beispielsweise nicht der verdeckten Altersarmut nachgegangen? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass die Grundsicherung im Alter von rund 60 Prozent der Berechtigten nicht in Anspruch genommen wird. Vor allem ältere und verwitwete Personen verzichten aus Scham und zum Teil aus Unwissenheit auf ihre Ansprüche.
Gerne, meine sehr geehrten Damen und Herren der Ampel, hätten wir mit Ihnen heute diesen Weg debattiert. Gerne hätten wir darüber geredet, wie Leistungsberechtigte an ihre Leistungen kommen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Verdeckte Armut könnte man schon mit besseren Informationen und einer Vereinfachung des Antragsverfahrens bekämpfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren der FDP, das wäre ja vielleicht eine Herausforderung für Sie gewesen.
Das Thema, bei dem man tatsächlich Geld hätte einsparen können, hat Sie erst mal gar nicht interessiert, Herr Bundesminister. Die Vereinbarung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten vom Mai dieses Jahres, dass die Regelsätze für Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften mit Vollverpflegung untergebracht sind und Bürgergeld erhalten, gekürzt werden sollten, war im ursprünglichen Entwurf des Gesetzes nicht enthalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Ampel, gut, dass Sie uns als Opposition haben. Wir haben Sie bei der Einbringung des Gesetzes daran erinnert, dass das ein wichtiger Punkt ist für die Akzeptanz in unserem Land.
(Takis Mehmet Ali [SPD]: Zum Glück!)
– Zum Glück, genau. – Gut, dass Sie das auch in Ihrem Änderungsantrag umgesetzt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir unterstützen ausdrücklich die Klarstellung, dass bei der Erwerbsminderungsrente Rechtssicherheit für die Zeit eines Eingliederungsversuchs geschaffen wird. Das ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Bei der Erwerbsminderungsrente, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir von CDU und CSU in den letzten Jahren gemeinsam mit der SPD vieles auf den Weg gebracht: die Verlängerung der Zurechnungszeiten ab 2019 und die Bestandsverbesserungen für diejenigen, deren Erwerbsminderungsrente zwischen 2001 und 2018 begonnen hat. Das sollte an dieser Stelle auch mal erwähnt werden.
Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte noch zu einem Gesetz kommen, das heute ebenfalls mit geändert werden soll: das Soziale Entschädigungsrecht. Mit breiter Mehrheit hat der Deutsche Bundestag in der letzten Legislaturperiode das SGB XIV auf den Weg gebracht. Mit großen Worten hat der Bundesminister damals beschrieben, dass ein Hilfesystem entsteht, „bei dem mitfühlend und respektvoll mit den Opfern umgegangen wird“.
Beweiserleichterungen und Vermutungsregelungen, die sich zugunsten der Opfer an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientieren sollten, waren die Punkte, die dazu beigetragen haben, dass der Bundesminister von einem „mitfühlenden“ und „respektvollen“ Umgang mit den Opfern sprechen konnte. Aber was macht die Bundesregierung drei Jahre später? Mit der Versorgungsmedizin-Verordnung, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, wurden die gesetzlichen Regelungen, die der Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen hat, genau ins Gegenteil verkehrt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Ampel, zeigen Sie Respekt vor den Opfern, aber auch vor den Opferverbänden! Zeigen gerade Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, dass „Respekt“ nicht nur auf Wahlplakaten steht, sondern dass dieser Respekt auch den Menschen in unserem Land, die auf Hilfe angewiesen sind, zugutekommt.
Die verschlechternden Regelungen der Versorgungsmedizin-Verordnung müssen aufgehoben werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihr geplantes Rundschreiben, Frau Staatssekretärin, ist nicht ausreichend. Meine Bitte wäre: Beteiligen Sie vor allem auch die Opferverbände an dieser Debatte! Sie wurden bei der ursprünglichen Erstellung der Versorgungsmedizin-Verordnung nicht eingebunden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben Ihnen einen Antrag zum Sozialgesetzbuch XIV vorgelegt – einen Antrag, der es wert ist, dass die Mehrheit dieses Hauses für ihn stimmt. Es wäre ein Zeichen des Respekts den Opfer gegenüber, wenn Sie diesem Antrag zustimmen würden. Wir stimmen Ihrem Gesetz zu.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Takis Mehmet Ali [SPD])
Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Kollege Markus Kurth.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603219 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB XII und des SGB XIV |