Julia KlöcknerCDU/CSU - Exportpolitik
Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Cronenberg, ich möchte gerne kurz auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Sie haben sich beklagt, dass die Unionsfraktion das wichtige Thema Handelspolitik nicht in einen Unterausschuss schieben will. Da haben Sie recht. Wir wollen dieses wichtige Thema im Hauptausschuss behandeln und nicht in einen Unterarbeitskreis abschieben. Wenn sie nicht mehr weiterweiß, gründet die Ampel einen Arbeitskreis! Wir sagen: Es muss im Hauptausschuss behandelt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Es geht um aufwerten, aber doch nicht abwerten, Frau Klöckner! Mensch, Mensch, Mensch!)
Zu Ihrem Hinweis auf die Rolle von Frau von der Leyen und der Bundesregierung in Europa: Um es mal klar zu sagen: Deutschland ist einer der Mitgliedstaaten und ein ganz wichtiges Land. Wenn der Kanzler nicht den Anspruch hat, in Europa führend und maßgeblich zu sein,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Er ist es ja nicht mal in Deutschland!)
dann vertritt er nicht die Interessen dieses Landes. Wenn Sie es jetzt Frau von der Leyen zuschieben wollen, dass sie auch noch den Kanzlerjob für Deutschland mitmachen soll,
(Markus Töns [SPD]: Eijeijei! Mal wieder falsch abgebogen, Frau Klöckner!)
dann haben Sie, glaube ich, die Verfassung falsch verstanden und auch falsch verstanden, wie Europa verfasst ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wie es richtig geht, Herr Cronenberg, sieht man an dem Besuch von Präsidentin von der Leyen bei Präsident Biden in den USA, gerade in der Frage des Inflation Reduction Act. Ihr Besuch und ihr Verhandlungsgeschick haben zum Beispiel dazu geführt, dass es bei den E-Autos eine Annäherung gibt, wie Sie wissen.
Herr Töns, Sie sind ja auch immer für vieles zu haben, vor allen Dingen für die gleiche alte Platte, die Sie immer wieder auflegen. Sie haben gesagt, die Union habe – im Übrigen zusammen mit der FDP – 2011 den Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen. Das stimmt; das war 2011.
(Markus Töns [SPD]: Das war eine schwierige Entscheidung für euch, ne? Aber ihr habt sie getroffen!)
Ich weiß nicht, ab welchem Alter solche Zeitabstände keine Rolle mehr spielen;
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
aber da liegen zwölf Jahre dazwischen. Zwölf Jahre!
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: In denen sich die Welt verändert hat!)
Wenn Sie den Anspruch haben, dass man nach zwölf Jahren trotz anderer politischer Kriterien und einer Zeitenwende Entscheidungen nicht mehr korrigieren kann, dann wird uns richtig bange um das, was Sie jetzt hier entscheiden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Allerdings! – Markus Töns [SPD]: Man kann kein totes Pferd reiten, Frau Klöckner!)
Wir haben eine Vorlage eingebracht, mit der wir sagen: Aufgrund der Zeitenwende können wir es uns nicht leisten, in neue Abhängigkeiten zu kommen, indem man die Verstromung der klimaschädlichen Kohle hochfährt und auf die Kernkraft verzichtet. Das einfach mal zur Einordnung. Sie sind ja mehr für Bruchstücke, die sich gut anhören; die kann man gut für Youtube oder sonst was schneiden. Wir sind hier im Deutschen Bundestag, und wir sind für Vollständigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Und für Seriosität! – Markus Töns [SPD]: Reden Sie doch mal zum Thema!)
Ich darf zum Freihandelsabkommen kommen. – Herr Trittin lacht und hat seinen Spaß. Das ist klar, weil Ihr Lebensziel war ja, die Kernkraftwerke abzuschalten.
(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Gute Sache!)
Aber unser Lebensziel ist es, für dieses Land zu arbeiten, dafür, dass die Unternehmen und die Wirtschaft stark sind, damit auch der Sozialstaat Deutschland stark sein kann, damit Wohlstand und Wachstum generiert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien ist vorerst gescheitert. Das mag für den einen oder anderen banal klingen, ist es aber nicht. Trotzdem hat das weder im Ausschuss eine Rolle gespielt – zumindest wurde es nicht proaktiv vom Wirtschaftsministerium angesprochen – noch hier im Plenum. Deshalb haben wir das auf die Tagesordnung gesetzt. Denn Australien ist ja nicht irgendein Land. Australien ist ein Land, das mit uns die gleichen Werte teilt. Es ist ein Land, das eine Demokratie ist, eine ähnliche Rechtsordnung hat. In Sonntagsreden sagen wir immer auf theoretische und philosophische Art: Wir brauchen Partner in der Welt, die unsere Werte teilen, wir brauchen Diversifizierung in dieser Welt. – Ja, wenn das nicht Australien ist, wer soll es denn sonst sein? Deshalb sagen wir als Union: Es ist tragisch, es ist wirtschaftspolitisch dramatisch, dass dieses Abkommen bisher gescheitert ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Westphal [SPD]: Es ist ja nicht gescheitert! Wer sagt das denn?)
– Bei Ihnen ist es immer wie jetzt im Zuruf „Es ist nicht gescheitert!“; Sie sagen immer: Es läuft ja alles super, auch in der Wirtschaft. – Das ist ein ganz großes Problem.
Es gibt wenige Demokratien in der Welt mit solchen Rohstoffvorkommen wie Australien. Australien verfügt über die weltweit größten Reserven an Blei, Zink, Nickel und Gold, auch an Eisenerz, Kobalt und Kupfer. Ohne Eisenerz etwa gibt es keinen Stahl und ohne Stahl keine Windräder, und ohne Windräder gibt es keine Energiewende. Australien ist derzeit auch der weltgrößte Lithiumproduzent. Ohne Lithium keine Batterien für die E-Mobilität, und ohne diese werden die Klimaziele nicht erreicht.
Es ist also wichtig, das große Ganze zu sehen und zu wissen, wie wichtig es ist, dass Deutschland in der EU stark auftritt und eine Führungsrolle einnimmt, statt durch die eigene Regierung immer wieder durch die Hintertür bei allen möglichen Handelsabkommen noch eins draufzusetzen und Nachforderungen zu stellen. Das haben wir jetzt bei dem EU-Mercosur-Abkommen gesehen. Da gab es eine Gegenforderung; die Mercosur-Staaten haben gesagt: Wenn ihr weitere Forderungen habt, dann haben wir auch welche. – Das haben Sie davon. Da sage ich: Gutes Verrichten! Man kann weiter nach Katar fahren; aber ich glaube nicht, dass die die gleichen Werte wie wir teilen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dieses Scheitern treibt uns um. Deshalb will ich auch noch mal sehr klar nach CETA fragen: Uns würde interessieren, ob jetzt beide Seiten das Zusatzabkommen, das ja zu Verzögerungen geführt hat, angenommen haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn sich Deutschland in der EU nicht an die Spitze der Verhandlungen zum Beispiel für das Mercosur-Abkommen stellt, dann wird nichts daraus, dass ein Wirtschaftsraum mit über 700 Millionen Menschen zum größten Wirtschaftsraum wird und wir mit vereinter Kraft zeigen können, dass Handel dazu führt, dass für alle Beteiligten Wachstum und Wohlstand generiert werden und das letztlich allen Menschen etwas bringt.
Natürlich ist nicht alles immer bestens; aber wir müssen miteinander reden und Handel treiben. Es kann doch nicht sein, dass wir, während China, Russland und Iran immer näher zusammenrücken, mit moralischen Überinterpretationen einen Keil immer tiefer zwischen die treiben, die zusammengehören.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, ich grüße Sie zunächst einmal alle ganz herzlich und gebe sofort das Wort an Bernd Westphal für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 135 |
Agenda Item | Exportpolitik |