10.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 135 / Tagesordnungspunkt 28

Albrecht GlaserAfD - Stiftungsfinanzierungsgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was von der ganz großen Koalition heute vorgelegt wird,

(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

ist die Karikatur eines Gesetzes zur Beordnung der sogenannten politischen Stiftungen der Parteien.

(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir mussten Sie zur Gesetzgebung durch ein Verfassungsgerichtsverfahren zwingen

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es stand im Koalitionsvertrag, Herr Glaser! Sie haben nicht zugehört! – Zuruf des Abg. Stephan Thomae [FDP])

wegen jahrzehntelanger verfassungswidriger Finanzierungspraxis.

(Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Milliarden rechtswidrig!)

Das Gericht tenorierte am 22. Februar dieses Jahres, liebe Verfassungsfreunde, dass die AfD durch den Erlass des Haushaltsgesetzes für das Jahr 2019 „in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Artikel 21 … verletzt“ wurde. – Das ist die Arbeit dieser Verfassungsfreunde. Daraus ergibt sich der Leitsatz:

„Der Notwendigkeit einer besonderen gesetzlichen Regelung für staatliche Leistungen, die sich erheblich auf die chancengleiche Teilnahme der Parteien am politischen Wettbewerb auswirken, wird durch den Erlass eines Haushaltsgesetzes nicht genügt.“

(Stephan Brandner [AfD]: Eine Klatsche für euch!)

Das haben Sie Jahrzehnte bestritten. Sie haben es auch bestritten, als wir vor fünf Jahren hier einen Gesetzentwurf eingebracht haben.

Statt sich zu entschuldigen und vielleicht mal Besserung zu geloben –

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

man könnte ja auch mal verfassungstreu sein –,

(Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Genau!)

bastelt die ganz große Koalition seit Februar an einem AfD-Verhinderungsgesetz. Wenn Sie die Politik- und die Staatsverdrossenheit in Deutschland anheizen wollen, meine Damen und Herren, dann pauken Sie dieses Machwerk jetzt in 39 Minuten durch.

(Beifall bei der AfD)

Die Schlüsselfrage, wie viel Geld jährlich aus Staatsmitteln an die parteipolitischen Stiftungen nun maximal fließen soll, wird nicht beantwortet. Stattdessen steht in § 3: „Die Höhe der … Fördermittel ergibt sich aus dem … Haushaltsgesetz.“ Diese Praxis hatten wir 50 Jahre, und sie war verfassungswidrig. Diese Regel wird deshalb in Zukunft auch verfassungswidrig sein.

(Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Genau!)

Ich zitiere eine Sachverständige – Zitat –: „Angesichts des sehr deutlichen Satzes des Bundesverfassungsgerichts, nach dem es ‚Sache des Gesetzgebersʼ“ sei, die „Höhe“ der Steuermittel zu regeln, „genügt das Gesetz diesen Anforderungen nicht“, also den verfassungsrechtlichen.

Denken Sie daran, dass heute bereits gut das Vierfache der gesamten Parteienfinanzierung zu den Stiftungen geht. Denken Sie daran, dass im Januar 2023 vom Bundesverfassungsgericht die sprunghafte Erhöhung der Obergrenze für die Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erklärt wurde.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben gerade ein Gesetz gemacht, Herr Glaser! Guten Morgen!)

Lesen Sie mal beim Bundesrechnungshof über die Vergütungen der Stiftungsgeschäftsführer: Besoldungsniveau höher als die Leiter der Bundesbehörden, Versorgungszulagen, die völlig außerhalb aller vertraglichen sind, Sonderverträge für Fahrer von Stiftungsvorständen usw.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, wie im Bundestag! Da können Sie ja Fahrrad fahren!)

Jetzt kommen Sie mit dem genialen Gedanken, die Förderung dem Grunde nach nur zu gewähren, wenn die Partei „in der mindestens dritten aufeinanderfolgenden Legislaturperiode in Fraktionsstärke“ im Bundestag ist.

(Stephan Brandner [AfD]: Ausnahme ist die FDP!)

In der nächsten Legislatur werden Sie sagen „in der vierten“, dann werden Sie sagen „in der fünften“, und dann „in der sechsten“.

(Zuruf des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])

Das Prinzip der Schiebewurst.

(Heiterkeit des Abg. Stephan Brandner [AfD])

„Wenn die bisherige Praxis“, sagt ein Sachverständiger, „von diesem Erfordernis“ – dreimal – „abwich“ gegenüber bisher, also von der zweimaligen parlamentarischen Repräsentanz – und das ist ja offensichtlich der Fall –, „dann begründet dies … verfassungsrechtlich … Ungleichbehandlung“. Zitat Ende, der Gutachter Möllers.

(Beifall bei der AfD)

In § 9 fingieren Sie eine Stiftungsanerkennung. Das ist sensationell. Alle, die es schon gibt, sind die Guten. Die sind geschützt, die brauchen auch überhaupt keine Eintrittskarte. Eintrittskarten brauchen nur die neuen.

(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Das ist das Gegenteil von Chancengleichheit, also ebenfalls verfassungswidrig.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt unterstellen wir mal, Sie kennen die Verfassungswidrigkeit. Warum begehen Sie sie trotzdem? Weil wir wieder fünf Jahre prozessieren müssen, bis wir die Verfassungswidrigkeit festgestellt bekommen haben. Sie delegitimieren diesen Staat durch Selbstbedienung der politischen Klasse.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

Je weniger Mitglieder, je schlechter die Wahlergebnisse, desto mehr Finanzierung braucht die politische Klasse aus Staatsmitteln.

(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

Machen Sie nur so weiter!

(Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Prima! Super! Absolut zerlegt!)

Nächster Redner ist Stephan Thomae für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603414
Wahlperiode 20
Sitzung 135
Tagesordnungspunkt Stiftungsfinanzierungsgesetz
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