10.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 135 / Tagesordnungspunkt 28

Carmen WeggeSPD - Stiftungsfinanzierungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Deutsche Demokratische Republik! – Stephan Brandner [AfD]: Deutsche demokratische SPD!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über die Finanzierung der politischen Stiftungen aus dem Staatshaushalt diskutieren, stellt sich nicht nur die Frage, warum wir die Stiftungen finanziell überhaupt fördern, sondern auch die Frage, wann wir eine Stiftung fördern und wann eben nicht.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau!)

Auf das Zweite möchte ich den Fokus legen. Mit dem neuen Gesetz regeln wir die Voraussetzungen, wann eine politische Stiftung aus dem Staatshaushalt finanziell gefördert werden kann und wann sie eben nicht gefördert werden darf.

Das Bundesverfassungsgericht legt fest, es sollten „alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen“ Deutschlands gefördert werden. Festlegen könne man das über die wiederholte Vertretung im Bundestag. Zu den Voraussetzungen gehört unter anderem, dass die der Stiftung nahestehende Partei in mindestens drei aufeinanderfolgenden Legislaturperioden in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen ist. So definieren wir die Dauerhaftigkeit einer Grundströmung. Außerdem muss die Stiftung die Gewähr bieten, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten. Es sollen nämlich eben keine politischen Grundströmungen gefördert werden, die gegen unsere Demokratie kämpfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Stephan Thomae [FDP])

Die Stiftungen arbeiten mit an der Demokratieförderung und Meinungsbildung in diesem Land. Es wäre kontraproduktiv und widersinnig, Verfassungsfeindinnen und -feinde zu fördern, die eben genau das Gegenteil tun.

(Stephan Brandner [AfD]: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung kriegt doch Kohle! Wie kann das dann sein? Und die Böll-Stiftung und die Ebert-Stiftung! Die sind doch alle verfassungsfern!)

Wenn es in diesem Land zum Beispiel junge Menschen gibt, die vollkommen geschichtsvergessen „Heil Hitler!“ ins Gästebuch schreiben oder sich SS-Befehle einrahmen und an die Wand hängen, dann haben wir solche Leute offensichtlich als Gesellschaft mit politischen Bildungsangeboten nicht erreicht. Eher wurden solche Menschen von ganz anderen Angeboten erreicht und eingebunden, von Kräften, die sich eben nicht für unsere Verfassung engagieren, von Kräften, die in einem anderen Staat leben wollen, in dem Menschenrechte und Minderheitenschutz keine Rolle mehr spielen.

(Zuruf von der AfD: Was für ein Blödsinn!)

Die Diskussion über die Fördervoraussetzungen und darüber, wie über diese entschieden wird, ist übrigens nicht neu. Es gibt sie schon seit Jahrzehnten. Es ist also vollkommen lächerlich, so zu tun, als handle es sich um ein Gesetz speziell für die AfD und die Erasmus-Stiftung.

(Stephan Brandner [AfD]: Nee, das ist die Wahrheit, Frau Wegge! Ihre Nase wird immer länger, Frau Wegge! Ich sage nur „Pinocchio“!)

Was haben die Vertreter der AfD hier bei der ersten Lesung für ein Schauspiel abgezogen! Heute ja auch wieder. Dabei wollen Sie doch in Ihrem eigenen Gesetzentwurf die Gelder für die politische Bildungsarbeit massiv zusammenstreichen, da Ihnen Institutionen, die sich für ein demokratisches Zusammenleben starkmachen, ein Dorn im Auge sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Sie haben hier bei der ersten Lesung des Gesetzes so getan, als würden die Sicherheitsbehörden mit Willkür arbeiten. Sie nennen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein „willkürliches Förderkriterium“. Sie haben hier außerdem dem Verfassungsgericht unterstellt, es würde nicht unabhängig von der Bundesregierung entscheiden.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, da spricht einiges für!)

Sie bezichtigen das Bundesamt für Verfassungsschutz der Verleumdung. Sie behaupten, Verfassungsschutz und Verfassungsgericht könnten nicht objektiv darüber entscheiden, wo die Grenzen des Grundgesetzes sind.

(Stephan Brandner [AfD]: Warum kungelt man denn hinter verschlossenen Türen mit der Regierung? Warum geht man denn gemeinsam essen?)

Wer Angst hat vor Demokratieförderung, wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung für willkürlich hält, wer die Gewaltenteilung infrage stellt, wer diejenigen diskreditiert, die die Verfassung schützen,

(Stephan Brandner [AfD]: … der muss in der SPD sein!)

wer selbst entscheiden möchte, was extremistisch ist und was nicht, der sollte sich vielleicht einmal selbst die Frage stellen,

(Stephan Brandner [AfD]: Nee, der muss in der SPD sein! – Gegenruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD]: Jetzt reicht es langsam Herr Brandner! Jetzt reicht es langsam!)

wie fest man noch auf dem Boden von Rechtsstaat und Demokratie steht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber alles, was Sie hier tun, ist, sich künstlich aufzuregen und mit Falschinformationen, Halbwahrheiten und kruden Unterstellungen zu arbeiten. Und ich sage Ihnen auch, warum das so ist: weil Sie sich angesprochen fühlen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, Sie sprechen mich doch gerade an! Was soll ich denn sonst machen? Das ist ein Gebot der Höflichkeit!)

Wenn ich hier zu Beginn der Rede die demokratischen Fraktionen begrüße, dann geht bei Ihnen das Geschrei los – das war gerade auch wieder so –, weil Sie sich offenbar ausgeschlossen fühlen,

(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

weil Sie sich offenbar nicht mal mehr selbst als demokratisch empfinden. Wie sehr kann man sich eigentlich selbst entlarven!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Und wenn wir in diesem Gesetz Verfassungsfeindlichkeit als Ausschlussgrund definieren, dann beziehen Sie das wieder nur auf sich.

(Stephan Brandner [AfD]: Das Gesetz ist verfassungswidrig!)

Ich halte fest: Sie sehen sich ja selbst als Verfassungsfeindinnen und -feinde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Aber das ist keine Lex AfD. Es geht nicht immer nur um Sie; es tut mir wirklich leid. Es geht hier um mehr. Es geht um die Demokratie, und diese gilt es zu schützen.

(Stephan Brandner [AfD]: Die Demokratie/-innen!)

Ich freue mich, dass wir das mit diesem Gesetz schaffen und es heute mit breiter Unterstützung der Linken, der SPD, der Grünen, der FDP, der CSU und der CDU verabschieden. Das sind die, die sich ganz sicher angesprochen fühlen, wenn ich von „demokratischen Fraktionen“ rede, im Gegensatz zu Ihnen da.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE] – Gabriele Katzmarek [SPD]: Sehr gut! – Stephan Brandner [AfD]: Unglaublich! Hass und Hetze pur!)

Der nächste Redner ist Michael Frieser für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603417
Wahlperiode 20
Sitzung 135
Tagesordnungspunkt Stiftungsfinanzierungsgesetz
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