10.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 135 / Zusatzpunkt 10

Albrecht GlaserAfD - EU-Richtlinie globale Mindestbesteuerung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Die Fortschrittskoalition erfindet eine neue Steuer, und die CDU macht natürlich mit. Es ist zuzugeben – deshalb wird es auch gelobt –, dass nach langwierigen Verhandlungen eine Verabredung getroffen worden ist, und auch ein völkerrechtlicher Vertrag steckt dahinter. Insofern bemüht man sich, das Werk jetzt zu Ende zu führen. Das neue Steuergesetz hat über hundert Paragrafen und eine Komplexität, die so hoch ist wie unser derzeitig existierendes Einkommensteuergesetz. Es ist aber ein anderes, es steht daneben. Das sehen die Sachverständigen auch so. Vom größten Steuerprojekt seit Jahrzehnten ist die Rede. Es ist für die Vertreter der deutschen Industrie und des Handwerks ein völlig neues Steuerrecht. Zitat aus den Anhörungen: Die Steuerberaterzunft spricht von einer „mangelnden Einbettung in das deutsche Steuersystem“ und daraus resultierenden Rechtsunsicherheiten.

Neben einer Mindeststeuererklärung beim örtlichen Finanzamt und einem Mindeststeuerbericht beim Bundeszentralamt für Steuern müssen die betroffenen Unternehmen eigene Controlling-Systeme entwickeln und betreiben, um die Steuerbelastungen und effektiven Steuern aller Tochtergesellschaften im In- und Ausland auf Basis der lokalen Rechnungsvorschriften, der internationalen IFRS-Regelungen und der jeweiligen nationalen Steuervorschriften zu berechnen, zu kontrollieren und auszuwerten. Zudem wird das Ziel höherer Steuereinnahmen – das wird jetzt relativiert; es war aber immer ein ganz wichtiges Ziel – nicht erreicht.

(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ja auch nicht um höhere Steuereinnahmen!)

Dazu gibt es eine Studie des ifo-Instituts, die beweist, dass dabei gar nichts herauskommt. Deshalb verlagert man sich jetzt auf den Aspekt der Wettbewerbsverbesserung.

Die Bürokratie in Deutschland steigt weiter an, trotz anderweitiger Beschwörungen der ganz großen Koalition in diesem Hause. Zwischen Juli 2021 und 2022 ist der laufende Bürokratieaufwand durch neue Gesetze von 6,7 Milliarden Euro auf insgesamt 17,4 Milliarden Euro angestiegen; ergo um 11 Milliarden Euro, wie der Nationale Normenkontrollrat feststellt; das ist also nicht irgendeine Zahl von irgendeinem Journalisten. Der FDP-Abgeordnete Herbrand beklagt dieses Phänomen ausdrücklich in einem Gastbeitrag in der „WirtschaftsWoche“ in diesen Tagen, wo er von einem Erfüllungsaufwand von 44 Milliarden Euro spricht, die zu diesen jüngsten Bürokratiegrößen noch hinzugerechnet werden müssen.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Hat er recht!)

Die Initiative zur weltweiten Mindestbesteuerung ging von der OECD aus, einer Vereinigung von 38 entwickelten Ländern, die sich der Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Es taucht die Frage auf, ob die USA oder China – das ist angedeutet worden; es ist viel dramatischer, als es angedeutet wurde – ernsthaft die Mindeststeuer so einführen, wie es der Musterknabe Deutschland oder die EU gerne hätten. Das wird nicht der Fall sein.

(Beifall bei der AfD – Maximilian Mordhorst [FDP]: Das ist der Blick in die Glaskugel!)

Dazu kommt, dass einige Staaten schon heute über Abwehrmaßnahmen nachdenken. Die Amerikaner werden also Steuergutschriften machen. Diese Steuergutschriften werden aber nicht dazu führen, dass sie angerechnet werden für die Mindestbesteuerung, sondern das ist ein Trick, um in einer Nebenkasse die Effekte zu relativieren. Es wird so kommen wie beim Pariser Klimaabkommen, wo sich nur die Europäer zu irgendetwas verpflichtet haben, andere aber erst einmal abwarten und an ihre individuelle nationale Interessenoptimierung denken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie fahren auch damit das Land vor die Wand; da nützen die Feiertagsreden wenig. Wenn wir die Probleme der Hochbesteuerung von Unternehmen mit über 30 Prozent Steuerlast, der ertragbaren Energiekosten, des Bildungsverfalls in Primarschulen bis zur Schaffung von Haselnussfächern an Universitäten, des verblassenden Arbeitsethos und der mangelnden Identifikation mit den deutschen Tugenden nicht lösen, wird eine nachhaltige Verbesserung für die Lage in Deutschland nicht eintreten. Es braucht eine Zeitenwende, meine Damen und Herren, aber eine richtige.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD – Maximilian Mordhorst [FDP]: Selbst die eigene Fraktion ist eingeschlafen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche kurz die Beratungen zu Zusatzpunkt 10 und komme zurück zu Tagesordnungspunkt 29 a. Ist noch ein Mitglied anwesend, das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? – Das ist der Fall. – Dann hat zunächst Katharina Beck für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603442
Wahlperiode 20
Sitzung 135
Tagesordnungspunkt EU-Richtlinie globale Mindestbesteuerung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta