10.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 135 / Tagesordnungspunkt 30

Stefan RouenhoffCDU/CSU - Industriestandort Deutschland - Net-Zero Industry Act

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, Herr Houben, wie die Zusammenarbeit in Ihrer Fraktion zwischen Wirtschafts- und Europapolitikern ist. Aber wie man sieht, ist die Zusammenarbeit bei uns in der Fraktion ziemlich gut. Ich hoffe, dass es bei Ihnen auch so ist.

(Reinhard Houben [FDP]: Wie bei Ihnen: blendend!)

Es gibt eine enge Zusammenarbeit, und insofern gibt es überhaupt gar keine Diskussion über die Frage der Zuständigkeiten.

Kommen wir nun zu den Inhalten. Herr Roloff, ich hoffe, ich überrasche Sie ein bisschen. Die Zeit der regelbasierten, liberalen Weltwirtschaftsordnung ist vorbei. Das Fahrwasser ist deutlich rauer geworden. Geopolitische Spannungen beeinflussen unsere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Drittstaaten immer stärker. Handelsbeschränkungen für Rohstoffe sowie für Zwischen- und Endprodukte stehen mittlerweile auf der Tagesordnung. Das wird sehr deutlich, wenn wir uns die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA anschauen. Erst schränken die USA den Export von Hochleistungschips und Chipfertigungsanlagen nach China ein. Seit diesem Sommer erschwert nun China den Export wichtiger Rohstoffe für die Chipherstellung. Durch diesen Handelskonflikt geraten natürlich auch europäische Unternehmen zunehmend ins Kreuzfeuer. Klar ist: Diese Entwicklungen können wir nicht einfach ignorieren. Wir müssen unsere Wirtschaftspolitik an die neuen Realitäten anpassen und strategische Abhängigkeiten reduzieren.

Meine Damen und Herren, der globale Wettlauf um Marktführerschaft bei Zukunftstechnologien wie künstlicher Intelligenz, Quantencomputing oder Blockchain ist in vollem Gange, übrigens genauso wie bei grünen Schlüsseltechnologien. Die USA setzen jetzt mithilfe des Inflation Reduction Act, also mithilfe von Steuergutschriften, wie das Herr Houben gerade dargestellt hat, alles daran, Investitionen in klima- und umweltfreundliche Branchen voranzutreiben, Produktionskapazitäten für Wasserstofftechnologien, für Elektromobilität oder erneuerbare Energien auszubauen. Auch andere Wirtschaftsnationen wie Japan, Kanada, Großbritannien oder Indien haben diesen Weg eingeschlagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der letzten Legislaturperiode das klare Signal ausgesendet, dass auch Deutschland bei grünen Schlüsseltechnologien vorne mitspielen will. Genau deshalb hat die Große Koalition die Förderung von innovativen und strategisch wichtigen Wasserstoffprojekten auf europäischer Ebene angestoßen. Nur leider hat sich gezeigt, dass die Verfahren in Brüssel hoch bürokratisch und viel zu komplex sind, die Genehmigung von Projekten teilweise Monate, wenn nicht gar Jahre dauert,

(Marianne Schieder [SPD]: Das sollten Sie mal mit Frau von der Leyen besprechen!)

kostbare Zeit verloren geht, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Europa voranzutreiben – Zeit, in der innovative europäische Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten in anderen Ländern an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss sich definitiv ändern. Wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn Europa bei Zukunftstechnologien vorne mitspielen will. Genau deshalb weist der europäische Verordnungsvorschlag, der Net-Zero Industry Act, aus Sicht der Unionsfraktion in die richtige Richtung. Das europäische Gesetzgebungsverfahren sieht deutlich einfachere Planungs- und Genehmigungsverfahren vor, weniger Bürokratie und damit eine viel schnellere Bewilligung von Projekten. Es will das Investitionsumfeld für grüne Schlüsseltechnologien deutlich verbessern, die Produktion und Nutzung der Technologien in der EU erheblich steigern und so bestehende Abhängigkeiten von Drittstaaten reduzieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktionen, das Grundgerüst ist zwar solide; aber weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf sind notwendig. Deshalb muss die Regierung hier handeln. Sorgen Sie bitte dafür, dass auch die Vorprodukte grüner Schlüsseltechnologien sowie die für die Produktion notwendigen Maschinen in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Legen Sie auch bitte die ideologische Brille ab, und unterstützen Sie das Europäische Parlament dabei, dass neueste Nukleartechnologien – auch wenn das der ein oder andere nicht gerne hören mag – und nachhaltige Kraftstoffe, auch Flugzeugkraftstoffe – das ist ja Ihr Thema, Herr Houben –, in das Gesetz aufgenommen werden. Stellen Sie sicher, dass Technologien zur Abscheidung und Verpressung von CO2 sowie zur Nutzung von Kohlenstoffdioxid nicht nur punktuell, sondern in der Breite zur Anwendung kommen. Und gewährleisten Sie, dass sich die administrativen Prozesse nicht nur auf dem Papier als schlank erweisen, sondern auch in der Praxis tatsächlich schlank sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, grüne Schlüsseltechnologien und auch andere strategisch bedeutsame Zukunftstechnologien werden aber nur dann verstärkt in Europa produziert werden, wenn die deutsche und europäische Kontroll- und Regulierungswut ein Ende hat, wenn wir die Freiheit des unternehmerischen Handelns wieder in den Mittelpunkt rücken –

Herr Kollege, Sie kommen zum Ende, bitte.

– ich komme zum Ende –, wenn wir die Standortbedingungen – das wurde hier gerade sehr deutlich gesagt – verbessern –

Herr Kollege.

– und wenn wir eine kluge Industriepolitik verfolgen, –

Herr Kollege!

– die Innovation fördert und öffentliche Auftragsvergabe an heimische Unternehmen gezielt stärkt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat Chantal Kopf jetzt das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603467
Wahlperiode 20
Sitzung 135
Tagesordnungspunkt Industriestandort Deutschland - Net-Zero Industry Act
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