15.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 136 / Zusatzpunkt 5

Valentin AbelFDP - Aktuelle Stunde: 49-Euro-Ticket

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um Helmut Schmidt an der Stelle zu zitieren: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Aber ich muss ganz eindeutig sagen: Wer in der Verkehrspolitik so wenige Visionen hat wie die Union, der sollte vielleicht besser in der Opposition bleiben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Solche frechen Sprüche habe ich selten gehört! Das gibt es doch nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Deutschlandticket stellt meiner Meinung nach die größte Reform im Verkehrsbereich im bisherigen 21. Jahrhundert dar. Das ist andererseits ein Armutszeugnis dafür, was sich in den letzten Jahrzehnten in deutscher Verkehrspolitik bewegt hat. Innerhalb eines Jahres haben wir es geschafft, 10 Prozent mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Wir haben uns eben nicht mit dem Status quo zufriedengegeben. Das ist genau der Unterschied, den die Ampelregierung zu ihrer Vorgängerregierung macht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir geben uns aber auch nicht mit dem Status quo beim Deutschlandticket zufrieden. Klar ist: Wir müssen schauen, wie wir für Stabilität und für Planungssicherheit sorgen, wie wir mehr Menschen ins System holen und sie vom Deutschlandticket überzeugen können. Wir müssen sie in den ÖPNV holen. Ich glaube, dass das durchaus machbar ist; denn die Bereitschaft zum Wandel in diesem Land ist größer, als viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner es bisher zum Ausdruck gebracht haben, sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Menschen. 50 Prozent der MDAX-Unternehmen haben zum Beispiel schon Jobtickets. Wir müssen dafür sorgen, dass auch kleine und mittlere Unternehmen viel stärker von dieser Gelegenheit Gebrauch machen. Wir müssen sicherstellen, dass wir für die Studierenden in Kooperation mit den Ländern eine gute Lösung finden.

Vor allem wünsche ich mir von den Ländern Kooperation statt Konfrontation. Was wir nicht brauchen, ist eine Konkurrenz des Deutschlandtickets zu anderen Ländertickets. Was wir brauchen, sind Strukturreformen und ist vor allem eine sichere Verwendung der Regionalisierungsmittel. Wenn ich mir dann angucke, wie gerade aus den Reihen der Union und der Länder quasi die Verkehrsverbundultras kommen, dann kann ich nur sagen: Ich wünsche mir die Kreativität, mit der die Regionalisierungsmittel in andere Haushaltslöcher gelenkt werden, bei der Reform des ÖPNV.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: So wie bei der Maut!)

Tatsächlich hat das Deutschlandticket uns schon jetzt deutschlandweiter Mobilität und einer Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet näher gebracht, als wir es jemals waren. Die 49 Euro sind beinahe kongruent mit den 45 Euro und 2 Cent Mobilitätsanteil im Bürgergeld. Man kann vielleicht auch darüber nachdenken, in Zukunft hier eine Kopplung vorzunehmen. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit für die Länder, vergünstigte Tarife des Deutschlandtickets und eben nicht eines Konkurrenztickets auf den Weg zu bringen.

Das Ziel ist, möglichst viele Menschen in das Deutschlandticket reinzuholen. Daraus ergibt sich, dass niemand – auch nicht der Bund – ein Interesse haben kann, den Preis signifikant über das Maß hinaus zu erhöhen, das für die Deckung der Kosten notwendig ist. Ich sage aber auch ganz deutlich: Mobilität darf nicht nur nach Kosten definiert werden. Es ist sicherlich ein wichtiger Ansatzpunkt, aber es ist nicht der Ansatzpunkt.

Wir haben einen immensen Investitionsbedarf in Qualität und Quantität. Bei der Quantität denke ich an eine Ausweitung der Verkehre, sowohl was die Zeiten als auch gerade die Anzahl der Verbindungen im ländlichen Raum betrifft. Wir müssen aber auch in die Qualität investieren, in die Antriebswende – gerade bei den Bussen –, in mehr Fahrgastkomfort, in Digitalisierung und – was in diesem Land viel zu lange auf die lange Bank geschoben worden ist – in Barrierefreiheit. Das alles kostet Geld. Selbst wenn wir – das wird hoffentlich bald der Fall sein – eine Inflationsrate in Höhe des EZB-Ziels von 2 Prozent haben, bedeuten 2 Prozent Inflation über fünf Jahre eine Erhöhung um 5 Euro. Von daher halte ich es für sinnvoll, dass wir den Preis moderat halten, ihn aber nicht mit dem Begriff „49-Euro-Ticket“ zementieren. Vor diesem Hintergrund reden wir heute eigentlich über das Deutschlandticket und nicht, wie es von den Linken angemeldet worden ist, über das 49-Euro-Ticket.

Lassen Sie mich zum Ende noch auf folgenden Punkt eingehen: Wie können wir dieses Ticket abseits der aktuellen Fragen weiterentwickeln? Das Deutschlandticket hat einen massiven Digitalisierungsschub in den ÖPNV gebracht. Ich glaube, wir stehen hier erst am Anfang. Wir haben durch die Infrastruktur, die mit dem Deutschlandticket einzieht, die großartige Möglichkeit, neue Formen der Mobilität in ÖPNV-Konzepte zu integrieren. Ich denke hier an Sharing-Konzepte. Wir können uns mit Check-in-/Check-out-Verfahren in Zukunft flexiblere Modi des Deutschlandtickets vorstellen. Und es ist natürlich auch möglich, ein solches Ticket modular individuell weiterzuentwickeln. Lassen Sie uns darüber reden und nicht immer nur über den Preis.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Ulrich Lange für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603552
Wahlperiode 20
Sitzung 136
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: 49-Euro-Ticket
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