Michael KießlingCDU/CSU - EU-Gebäuderichtlinie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Schisanowski, in welcher Welt leben Sie eigentlich? Sie reden von mehr Bauen. Wenn man die Beschlüsse des Wohngipfels kennt, weiß man: Das wird nicht sofort wirken. Wir sind momentan in der Baukrise. Wir haben keine Baugenehmigungen. Wenn Sie jetzt erst mit Bauleitplanung anfangen, dann haben Sie bei Weitem noch nicht gebaut.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mimimi!)
Wir sind jetzt in der Krise, und wir brauchen jetzt Lösungen. Die liefern Sie auch mit diesem Wohngipfel nicht. – So weit vorweg zu Ihrer Rede.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörn König [AfD])
Aber jetzt zurück zum Thema EU-Gebäuderichtlinie. Was Sie immer noch nicht erkannt haben, ist, dass man Klimaschutz nicht mit der Brechstange erwirken kann.
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: So ist es!)
Man muss die Eigentümer, die Bauherren unterstützen und motivieren, die entsprechenden Maßnahmen durchzuführen. Klimaschutz, Bauen und Sanieren müssen miteinander wirken und auch bezahlbar bleiben. Deshalb ist es gut, dass wir über die Richtlinie reden.
Das Ziel der Richtlinie ist klar: die Dekarbonisierung bis 2050. Aber das würde 35 Millionen Gebäude in Europa betreffen. Deutschland – das hat die KfW ausgerechnet – würde dies für den Umbau der Gebäude 254 Milliarden Euro kosten. Jetzt müssen wir einen Weg finden, wie wir das schaffen. Das schaffen wir aber nicht, indem wir es erzwingen. Es gibt zahlreiche Punkte mit großer nationaler Tragweite, die momentan im Trilogverfahren diskutiert werden. Gott sei Dank ist die Einführung der Mindesteffizienzstandards, der Sanierungszwang, vom Tisch. Dennoch wir haben in Europa Mindesteffizienzstandards, die nicht vergleichbar sind, weil sie von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sind.
Um einer Märchenerzählung vonseiten der Ampel entgegenzuwirken – ich sehe leider Herrn Föst nicht; er wäre eigentlich mein Ansprechpartner –:
(Sandra Weeser [FDP]: Dafür bin ich aber hier!)
Die Grünen und die SPD haben im Europäischen Parlament den Vorschlag der Kommission und des Rates verschärft.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: So war es! Genau so war es!)
Infolgedessen müssten in Deutschland fast 45 Prozent der Wohngebäude bis 2033 saniert werden. Dafür müsste die Sanierungsrate auf fast 2 Prozent steigen, und das Handwerk müsste die Anzahl der Beschäftigten verdoppeln.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)
Betrachtet man zudem den europäischen Gebäudebereich – ich habe es gesagt – und das Ziel der einheitlichen Maßstäbe, zeigt sich in Europa ein sehr uneinheitliches Bild. Die Effizienzklassen in Europa sind nicht vergleichbar. Gebäude in den Niederlanden mit der Energieeffizienzklasse C entsprechen in Deutschland der Klasse G. So entsteht der Eindruck, dass die Gebäude in Deutschland schlechtgerechnet werden. Wenn man sich das auf dem Papier anschaut, stellt man fest: Der Gebäudebestand in Deutschland ist deutlich besser als in vielen anderen Mitgliedstaaten.
Und was macht unser zuständiger Minister Habeck? Er setzt sich von Beginn an im Rat dafür ein, schärfere Vorgaben, als von der Kommission empfohlen, durchzudrücken. Bis zum Wohngipfel war die Position der Regierung, hier mehr zu erzwingen. Dass der Sanierungszwang jetzt vom Tisch ist, ist gut. Aber er wurde bis vor Kurzem von den Grünen gefördert und gefordert.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: So war das! Genau so! – Zuruf des Abg. Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Sinneswandel wurde erst durch den Wohngipfel herbeigeführt.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
Jetzt frage ich mich im Hinblick auf das letzte Trilogverfahren: Wie war denn eigentlich die Haltung der Regierung? Wurde aktiv darauf eingegangen, oder gab es passives Schweigen? Was wurde da eigentlich umgesetzt?
(Franziska Mascheck [SPD]: Klara Geywitz hat sich schon im März dazu geäußert!)
Fest steht, dass die Bundesregierung erst mit den verschärften Vorschlägen und dann mit bewusster Passivität die treibende Kraft in der EU war und für Verunsicherung bei der EPBD gesorgt hat.
Jetzt müssen wir jedoch handeln. Wir dürfen keinen verschärften Sanierungsvorgaben vonseiten der EU zustimmen. Die EU soll nur die Rahmenbedingungen schaffen, und die Mitgliedstaaten sollen dann für die entsprechende Umsetzung selbst verantwortlich sein. Dafür muss sich die Bundesregierung einsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde manchmal gerne wissen, was die Idee der CDU ist, wie wir die Gebäude sanieren! Das würde mich interessieren!)
Es kann nicht sein, dass Europa die Gebäudestandards regelt. Letztendlich liegt es in der Hoheit der Mitgliedstaaten, das entsprechend umzusetzen, zu fördern und zu realisieren.
Wir brauchen die Dekarbonisierung des Gebäudesektors; das ist eine Herkulesaufgabe. Dafür brauchen wir auch pragmatische Sanierungsstandards. Wenn Sie diese hohen Anforderungen an die Sanierung von Gebäuden stellen, müssen Sie nach KfW 85 fördern. Wir müssen auch im Neubau pragmatische Standards haben.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Wenn ich ein Dach saniere, dann saniere ich doch gleich richtig!)
KfW 55 muss gefördert werden. Was Sie geschafft haben beim Wohngipfel, ist das Einfrieren der jetzigen Anforderungen. Sie haben keine Erleichterungen geschaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie müssen die Bürger und die Kommunen und die Wirtschaft gemeinsam denken. Das fehlt mir bei dieser Regierung. Ich hoffe, dass wir mit der EPBD und dem Einsatz im Trilogverfahren zu vernünftigen Lösungen kommen und dass wir in Deutschland die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Dekarbonisierung in Deutschland selbst setzen, sodass sie bezahlbar bleibt, sowohl für den Bauherrn, für den Eigentümer, aber auch für den Mieter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Kassem Taher Saleh das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603608 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | EU-Gebäuderichtlinie |