Melanie BernsteinCDU/CSU - Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute erheben wir hier im Deutschen Bundestag in aller Deutlichkeit unsere Stimme im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Sie ist nicht nur schrecklicher Alltag in fernen Ländern und außerhalb unseres unmittelbaren Blickfeldes; sie ist auch schrecklicher Alltag hier bei uns in Deutschland, in unseren Wahlkreisen.
Lassen Sie uns die Realität mal genau angucken, oft auch in unserer direkten Nachbarschaft! Viel zu oft wird diese Gewalt nicht als solche wahrgenommen oder heruntergespielt; viel zu oft werden die Augen verschlossen und wird der Blick abgewandt. Ich persönlich habe den Eindruck, dass unsere Gesellschaft in dieser Frage abzustumpfen droht. Gewalt und Diskriminierung in jeglicher Form werden immer mehr zu einem Grundrauschen im Alltag. Offen gewalttätige und verharmlosende Texte und Bilder begegnen uns viel zu häufig und werden viel zu selten geahndet. Gegen diese drohende, neue Normalität müssen wir als Gesellschaft ganz entschieden angehen. Es ist jetzt an der Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Verbrechen an Frauen hat viele Gesichter. Unvorstellbare Formen wie Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution oder schwerster sexueller Missbrauch – ganz gleich welche Form die Gewalt annimmt: Es gibt keine harmlosen Verbrechen. Niemand sollte das erleben müssen. Und doch musste bereits jede dritte Frau in Deutschland darunter leiden.
2022 wurden fast 40 000 erweiterte Beratungen am Hilfetelefon dokumentiert; in etwa 60 Prozent dieser Fälle ging es um Gewalt im häuslichen Umfeld. Diese Dimension ist unglaublich; sie ist erschütternd. Noch mal: Diese Gewalt findet nicht allein fernab unseres Alltags statt, sondern auch in unserer unmittelbaren Umgebung.
Aus einem zweiten Grund möchte ich dieses Beispiel in unserer Debatte besonders betonen. Häusliche Gewalt ist in vielen Fällen nicht ausschließlich Gewalt gegen Frauen; sie ist häufig auch Gewalt gegen die Familie und damit Gewalt gegen Kinder.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sogar gegen Männer gibt’s das!)
Wenn wir aktiv werden, und das bitte nicht nur am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, helfen wir den betroffenen Frauen und gleichermaßen auch den mitleidenden Kindern und Jugendlichen. Wenn wir aufstehen, schützen wir sie damit nicht nur vor erlebter oder gar unmittelbarer Gewalt; wir schützen sie auch vor den körperlichen und seelischen Folgen, die sie ein Leben lang begleiten könnten. Indem wir Kindern vorleben, dass Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft nirgendwo und unter wirklich keinen Umständen toleriert wird, sind wir ihnen ein Vorbild und stärken ihre Werte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir schaffen die Grundlage dafür, dass diese Nulltoleranz in ihrem Leben zur Selbstverständlichkeit werden kann. Unser aktives politisches Handeln ist deshalb ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen und gleichermaßen ein wichtiger Beitrag für den Schutz unserer Kinder und der Familien in unserem Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Tag ist wichtig, um unseren Blick zu schärfen, um unsere Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was jeden Tag aufs Neue passiert und nicht passieren darf, weder hier noch irgendwo sonst auf der Welt. Auf politischer Ebene müssen wir dafür Sorge tragen, dass Anlaufstellen für hilfesuchende Frauen, Beratungsangebote, Gewaltschutzambulanzen und die Zusammenarbeit von Ärzten und Behörden gestärkt wird. Angekündigt wurde im Koalitionsvertrag viel, passiert ist mir noch zu wenig; Doro Bär hat es gerade in ihrer Rede im Detail ausgeführt.
Frau Ministerin Paus, auch wenn das Geld in Ihrem Haushalt in Zukunft vielleicht noch knapper wird: Für diese Maßnahmen muss es auch in Zukunft da sein. Kümmern Sie sich bitte um die Frauen, um die Kinder, um unsere Familien! Setzen Sie jetzt die richtigen Prioritäten!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was diese eine Debatte im Jahr nicht leisten kann, ist, dass wir uns jeden Tag aufs Neue der Gewalt entgegenstellen, dass wir Haltung zeigen. Diese Aufgabe hat jede und jeder Einzelne von uns. Sie nicht anzunehmen, wäre ein zusätzliches Verbrechen gegen die Betroffenen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Dr. Carolin Wagner.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603642 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen |