16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 8

Michael RothSPD - Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine

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Guten Morgen, liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Haben wir uns womöglich etwas vorgemacht? Sicherlich werden Sie sich von der AfD als Putin-Bücklinge diese Frage nicht stellen, einige von Ihnen von den Linken vermutlich auch nicht. Aber wir hier im Kern des Parlamentes, die wir uns als treue und solidarische Freundinnen und Freunde der Ukraine verstehen,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nibelungentreue? – Zuruf von der AfD: Jawohl!)

haben in den vergangenen Tagen und Wochen sicherlich manchmal die Frage gestellt: Ist da etwas schiefgegangen?

(Mike Moncsek [AfD]: Ach!)

Die jüngsten Nachrichten, die uns aus der Ukraine erreichen, stimmen sicherlich sorgenvoll. Ich will aber mal an eines erinnern: Als vor 630 Tagen dieser frevelhafte, barbarische Vernichtungskrieg begann, mit dem Ziel, die Kultur, die Identität, die Souveränität, die Freiheit, die Demokratie der Ukraine zu zerstören, habe ich so gut wie keinen Experten und keine Expertin getroffen, die damals nicht gesagt haben: Es ist tragisch, innerhalb von ein oder zwei Wochen ist die Ukraine überrannt. Es wird dann dieses freie stolze Land so nicht mehr geben.

Und dass Putin dieses erbärmliche imperialistische, neokolonialistische Ziel nicht erreicht hat, hat zweifellos auch etwas mit dem Zusammenhalt hier in Deutschland, mit unserer mutigen Bereitschaft, die Ukraine politisch, humanitär, vor allem aber auch militärisch zu unterstützen, zu tun, aber vor allem liegt es an den Ukrainerinnen und Ukrainern selbst.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich höre immer wieder: Die sind jetzt kriegsmüde. – Ja, wie soll man sich denn nach 630 Tagen fühlen, wenn man Kinder verloren hat, Nachbarinnen und Nachbarn, wenn man jeden Tag der Angst und der Bedrohung ausgesetzt ist? Die Müden sehe ich eher auf den bequemen Sofas in manchen europäischen Hauptstädten. Ich sehe sie nicht in der Ukraine.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und wenn jetzt wieder gesagt wird: „Es muss doch jetzt mal Schluss sein mit dem Kämpfen! Können wir nicht die militärische Hilfe reduzieren? Kann man die nicht irgendwie an einen Verhandlungstisch zwingen? Muss man nicht endlich mal eine neue Strategie fahren?“, dann rufe ich denen und vielen anderen zu: Diese Ukrainerinnen und Ukrainer werden sich niemals einem Diktatfrieden unterwerfen. Sie werden niemals ihre Freiheit aufgeben. Sie werden sich niemals dem russischen Imperialismus unterordnen. Und das muss für uns nach wie vor führend und motivierend sein, auch in unserem Kampf für die Freiheit dieses Landes, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich kann die geschätzte Opposition natürlich verstehen, dass Sie sich hier vielleicht eine Uneinigkeit in der Koalition nutzbar machen wollen; das ist Ihr legitimes Recht. Es gibt für die weiter reichende Unterstützung der Ukraine, beispielsweise auch mit einem bestimmten Waffensystem, Unterstützung in der SPD, Unterstützung bei den Grünen, Unterstützung bei der FDP, bei Ihnen. Es gibt genauso – wie auch in meinem Wahlkreis – manche, die das kritisch sehen, die Bedenken haben, die sich Sorgen machen. Ich respektiere das erst einmal. Aber wenn wir uns die Lage anschauen, ist eines klar: Wir müssen mehr tun, wir müssen es schneller tun. Und das kann nicht alleine von Deutschland ausgehen, das muss von der Europäischen Union ausgehen, von unseren amerikanischen Partnern.

(Beifall des Abg. Johannes Arlt [SPD])

Ich bin von der EU enttäuscht: Was ist nicht alles versprochen worden? Eine europäische Allianz bei der Lieferung von Leopard-Panzern! Dass die Ukraine bis März 1 Million Schuss Munition erhält! Von diesen Versprechungen ist nicht mehr viel übrig geblieben. Deswegen sage ich sehr anerkennend, auch gegenüber der Bundesregierung: Die hat vielleicht noch nicht alles versprochen, aber sie hat alle Versprechen gehalten. Wir sind ein verlässlicher Partner an der Seite der Ukraine, und wir werden es auch bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für mich ist ausschlaggebend: Sind wir uns im Ziel einig? Und ich glaube, ja. Das Ziel für uns muss sein, dass die Ukraine gewinnt. Und was heißt das?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dass sie ein freies, demokratisches, souveränes Land bleibt, dass man ihr die Würde nicht nimmt und dass sie die Chance hat, ihren Weg im Herzen des vereinten Europas zu gehen. Dafür stehen wir ein. Dafür treten wir ein.

Angesichts vieler sorgenvoller Debatten in unserer Bevölkerung wäre es wichtig, dass wir neben allem Streit diesen Kern der Übereinstimmung hier im Deutschen Bundestag auch immer wieder zum Ausdruck bringen.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Zeigen Sie es heute, Herr Kollege!)

Darüber würde ich mich heute freuen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Matthias Moosdorf.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603649
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine
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