16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 8

Tilman KubanCDU/CSU - Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich an die letzten 630 Tage zurückdenke, dann denke ich vor allem auch an ein Gespräch mit Halyna Jantschenko, die vielen von Ihnen als Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe bekannt ist. Sie hat wenige Tage nach Kriegsausbruch einen Satz zu mir gesagt, der mir bis heute durch Mark und Bein geht. Sie sagte: Diejenigen jungen Menschen, die du kennst, mit denen wir gemeinsam diskutiert haben, mit denen wir auch gemeinsam in Kiew feiern gegangen sind, das sind diejenigen, die heute nicht mehr zur Uni oder zum Job gehen, sondern die jede Nacht an die Front gehen und nicht wissen, ob sie morgen noch da sind.

Es ist genau diese junge Generation, die bereits auf dem Maidan gestanden hat und stets darauf gehofft hat, dass sie einmal in einem freien und demokratischen Europa mit unseren Werten und unserem Wohlstand leben können. Heute verteidigt diese Generation jeden Tag unser Europa gegen Putins Schergen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Michael Roth [Heringen] [SPD])

Sie sind heute wider Willen Soldatinnen und Soldaten geworden, die sich von ihren Kindern verabschieden, um in einen Krieg zu ziehen, ohne zu wissen, ob sie lebend zurückkehren, und die sich vor allem die Frage stellen: Ist das mein Menschenleben wert? Kämpfen wir umsonst, oder sorgen wir dafür, dass unsere Kinder eine sichere, eine bessere Zukunft in Europa haben?

Genau diese Fragen müssen wir beantworten, wenn wir darüber sprechen, ob wir der Ukraine eine Perspektive in der Europäischen Union geben und ob wir diese Soldaten schneller und besser mit militärischem Gerät ausstatten – oder ob wir es zulassen, dass Russland weiterhin die Kampflinie vermint und die Angriffe für den Winter vorbereitet. Denn Putin will doch nur eines: Er will die Ablenkung des Westens durch den Hamas- und Hisbollah-Terror gegen Israel nutzen und sich weiter Stück für Stück die Ukraine einverleiben. Genau das dürfen wir nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Jetzt, wo wir nachlässig und kriegsmüde – was für ein schreckliches Wort! – werden und gleichzeitig der mediale Fokus auf den Nahen Osten rückt, genau in dieser Zeit plant Wladimir Putin die nächsten Schritte seines brutalen Angriffskrieges, durch Angriffe auf die Energieinfrastruktur im Winter, aber auch genauso mit seiner neuen Mobilisierungsrunde.

Glaubt wirklich irgendjemand in diesem Haus, dass Putin aufhören würde, wenn er in der Ukraine erfolgreich sein wird? Dieser Mann trimmt sein Volk darauf, einen Krieg gegen den Westen zu führen. Er führt in der Schule Militärkunde und Schießtraining ein. Wenn wir uns von unserer Naivität und vom fehlenden Medienfokus leiten lassen, dann werden wir die Ukraine im Stich lassen. Dann steht aber auch Putin bald vor unserer Haustür. Und deshalb liefern wir auch Waffen an die Ukraine.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Robin Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, deswegen rufe ich Ihnen zu: Rüsten Sie endlich auf, und erfüllen Sie das NATO-2-Prozent-Ziel! Denn mit den 100 Milliarden Euro wird es nicht getan sein. Die Welt hat sich fundamental verändert. Und wir müssen dafür sorgen, dass die Bundeswehr mehr Munition als für drei Tage hat. Das muss auch nach dem gestrigen Urteil Priorität Nummer eins in diesem Haus sein.

Nun kurz noch ein Satz zur Hufeisentheorie, die in dieser Debatte ja auch mal wieder mehr als deutlich wird. Wer allen Ernstes in dieser Zeit in die russische Botschaft läuft, um Kaviar zu futtern und Krimsekt zu trinken, der ist kein Patriot, der ist Teil der fünften Kolonne Moskaus, der hat am Ende nicht verstanden, was es wirklich heißt, für Deutschland und Europa einzustehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Cornelia Möhring [DIE LINKE] – Widerspruch bei der AfD)

Denn seit 630 Tagen ist unsere Welt eine andere. Seit 630 Tagen kämpfen Ukrainerinnen und Ukrainer auch für unsere Freiheit. Seit 630 Tagen sterben junge Ukrainerinnen und Ukrainer für ihren Traum von Europa.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Es ist unsere Aufgabe, heute, morgen und auch in Zukunft auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Wir sind es den jungen Ukrainern schuldig.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der nächste Redner ist Jörg Nürnberger für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603660
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine
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