16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 8

Jörg NürnbergerSPD - Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Ich lade Sie zu Beginn ein, sich gemeinsam eine Szene vorzustellen, die uns allen oder zumindest allen Müttern und Vätern hier im Saal sehr vertraut ist. Stellen Sie sich bitte vor: Wir befinden uns gerade auf einem Kinderspielplatz. Wie so oft gibt es dieses eine Kind, das nie wirklich zufrieden ist. Egal wie viel Spielzeug es besitzt, es strebt immer nach mehr und ist eifersüchtig, wenn es seinen Willen nicht durchsetzen kann und nicht bekommt, was es gerne noch extra dazu haben möchte.

(Unruhe bei der CDU/CSU und der AfD)

Herr Nürnberger, warten Sie bitte ganz kurz. – Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das gerade eine sehr emotionale Debatte ist und es auch viel zu besprechen gibt. Aber wenn Sie dort die ganze Zeit miteinander debattieren, hört man den Redner nicht mehr. Von daher bitte ich Sie alle, einfach dem Redner zuzuhören, damit wir in der Debatte fortfahren können. – Bitte schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Müller [FDP] – Mike Moncsek [AfD]: Frau Präsidentin, alles gut! Wir wollen nur die Brandmauer einreißen!)

Danke, Frau Präsidentin. – Die fortdauernden Forderungen der CDU/CSU nach Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern erinnern mich ein wenig an dieses trotzige Verhalten des gerade beschriebenen Kindes. Aber hier geht es ja um unendlich viel mehr als um einen lapidaren Streit zwischen Kindern.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Es geht um die Ukraine! Da haben Sie völlig recht! Daher war es sehr unpassend, was Sie gerade gesagt haben!)

Vielmehr geht es um unsere Verantwortung gegenüber der Ukraine.

Seit Monaten fordern Sie immer das Gleiche: mehr, mehr, mehr.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Weil es nicht genug ist, Herr Kollege!)

Das ist zu trivial und wird der Situation nicht gerecht, in der sich die Ukraine, aber auch unser eigenes Land befinden.

Sie arbeiten hier mit einem Narrativ, das mich an den James-Bond-Film „Der Morgen stirbt nie“ erinnert,

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Ogottogott!)

wo ein einziger von der britischen Marine abgefeuerter Marschflugkörper ausreicht, alle Waffen der Schurken auf einmal zu zerstören. Sie vermitteln der deutschen Öffentlichkeit das Bild, wir besäßen hier eine Wunderwaffe,

(Florian Hahn [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)

die allein diesen schrecklichen Krieg zugunsten der Ukraine entscheiden kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was erzählen Sie für einen Unsinn?)

Auch dieses Bild ist viel zu trivial und zudem auch falsch.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: So eine schlechte Rede!)

In Ihrem Antrag fordern Sie, die Unterstützung der Ukraine konsequent und nachhaltig durchzuführen. Lassen Sie mich versuchen, darzustellen, warum das diese Bundesregierung bereits jetzt schon tut, und zwar in der ganzen Komplexität der Herausforderungen.

(Zuruf des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])

Seit Beginn des Krieges haben wir allein aus dem Ertüchtigungstitel die Ukraine mit 4,2 Milliarden Euro unterstützt, und dieser Betrag wird bis 2024 sogar auf 8 Milliarden Euro erhöht.

Gleichzeitig unternehmen wir alle Anstrengungen, um das 2-Prozent-Ziel der NATO und damit die Erwartungen unserer Partner zu erfüllen. Wir schaffen damit auch die notwendigen Voraussetzungen für den Ausbau der deutschen und, in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, der europäischen Rüstungsindustrie – 30 Jahre nach deren Niedergang, weil wir uns in einer vermeintlichen Idylle gemütlich eingerichtet hatten.

Das ist notwendig, um im aktuellen Krieg und darüber hinaus Russland Einhalt zu gebieten und unsere pluralistischen Demokratien widerstandsfähig gegen jede mögliche russische Aggression zu machen. Darauf kommt es an.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich könnte ich Ihnen aufzählen, wie viele militärische Unterstützungsleistungen wir in Form verschiedenster Systeme bereits an die Ukraine geliefert haben, die täglich Leben retten und die die Ukraine in ihrer Verteidigung stärken.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Erzählen Sie doch mal, was Sie jetzt machen wollen!)

Aber, wie bereits erwähnt, Sie wären ohnehin nie zufrieden.

Unser Bundeskanzler äußerte sich schon 2022 klar zu unserer Verantwortung bei Waffenlieferungen und zur Logik unseres Vorgehens. Wir handeln mit Besonnenheit und entschlossen und immer mit Blick auf unsere Prämissen. Wir machen keine Alleingänge. Wir gewährleisten unsere eigene Verteidigungsfähigkeit. Und selbstverständlich: Wir dürfen keine Kriegspartei werden.

Die trivialen Forderungen der Union nach immer neuen Waffensystemen zeugen von einem erschreckenden Unverständnis über die strategische Realität des Konflikts. Ich spüre hier auch ein gewisses Maß an Frustration über Ihre eigene Oppositionsrolle.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Florian Hahn [CDU/CSU]: Den Frust über Ihre Rolle will ich gar nicht miterleben!)

Die Bundesregierung hingegen leistet Unterstützung, wo sie wirklich gebraucht wird und worauf wir uns mit unseren Partnern und der Ukraine verständigt haben: Pioniergerät, Luftabwehr und Artillerie.

Wir unterstützen die ukrainischen Streitkräfte bei der Ausbildung, bei Lehrgängen; immerhin 7 000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten haben bereits seit Mai 2022 teilgenommen.

Wir versorgen die Ukraine mit Munition für die Artillerie.

Und wir unterstützen die Ukraine auch weiterhin umfangreich bei der Luftverteidigung, Stichworte „Patriot“, „Gepard“, „IRIS-T“.

Das sind die drei großen Bereiche, die in der jetzigen Phase des Krieges von enormer Bedeutung sind, wie auch der ukrainische Befehlshaber General Saluschny Anfang dieses Monats noch einmal in einem Interview betont hat. Das unterstreicht erneut: Wir liefern das, was auch wirklich notwendig ist.

Ich möchte Ihnen daher zum Schluss sagen: Bitte lassen Sie sich nicht von der Rhetorik der Union hinters Licht führen, dass es die eine kriegsentscheidende Waffe gäbe. Das ist in dieser politischen Debatte wirklich nicht zielführend.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Was erzählen Sie denn da? Das hat keiner gesagt!)

Die Vergangenheit hat bisher auch ganz deutlich gezeigt – Kollegen haben es erwähnt –: Wir waren keine Ankündigungsweltmeister. Wir haben das geliefert, was wir versprochen haben, und wir sind ein verlässlicher und nachhaltiger Partner der Ukraine.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich kann dem Kollegen Trittin nur zustimmen. Wir sind nach den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine. Wer hätte das zu Beginn des Krieges gedacht?

(Lachen des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterstützen die Ukraine weiterhin gemeinsam mit unseren europäischen und amerikanischen Partnern, solange es nötig ist. Dieser Krieg hat leider noch keine Aussicht auf eine Beendigung. Deshalb müssen wir diese Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit herstellen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Deborah Düring für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603661
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta