Roderich KiesewetterCDU/CSU - Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausdrücklich allen Rednerinnen und Rednern der Ampelkoalition – abgesehen vom letzten Redner der SPD – danken, die sie ausgesprochen besonnen und konstruktiv über unsere Anträge gesprochen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das ist ein ausgezeichnetes Signal, das wir in unsere Bevölkerung und auch in die Richtung der Ukraine senden.
Ich spreche das ganz bewusst an. Keiner der Rednerinnen und Redner, bis auf den genannten, haben sich gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ausgesprochen. Aber es geht hier nicht um ein einzelnes Waffensystem. Es geht um ein übergeordnetes Ziel: Wo wollen wir und wie wollen wir in Europa in Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand leben? Wollen wir ein Europa, das die Stärke des Rechts verteidigt, das in der Lage ist, dem Recht des Stärkeren entgegenzutreten und der Ukraine eine Perspektive zu bieten in ihren Grenzen von 1991 und in der europäischen Stabilitätsarchitektur, zu der auch die Europäische Union und die NATO gehören? Oder wollen wir, dass die Ukraine zerfällt und dass es Millionen von Menschen gibt, die weder diesseits noch jenseits einer Waffenstillstandslinie leben wollen, sondern die Freiheit und den Westen wählen.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier besonnen sind, dann sollten wir das nicht an einzelnen Waffensystemen festmachen, sondern am Kriegsziel. Es reicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, eben nicht aus, zu sagen: Wir unterstützen die Ukraine, solange es nötig ist.
Wer sagt denn, was nötig ist? Wir müssen alles tun, dass selbst die sehr verhaltenen Kriegsziele, die der Bundeskanzler ausgegeben hat – die Ukraine darf nicht verlieren, und Russland darf nicht gewinnen –, nicht unerreicht bleiben. Wir müssen sehr deutlich sagen: Am Ende muss stehen, dass das Recht des Stärkeren keine Chance hat, dass die Ukraine keine Blaupause wird für den Iran gegenüber dem Irak, für Serbien gegenüber Kosovo oder der Republika Srpska, für China gegenüber Taiwan.
(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Michael Roth [Heringen] [SPD])
Das steht auf dem Spiel, wenn wir sagen: Wir unterstützen die Ukraine, solange es nötig ist. Aber warum dann Taurus? – Sehenden Auges erleben wir, wie Russland Eisenbahnlinien auf ukrainischem Gebiet baut, weil sie ahnen, dass man womöglich mit weitreichenden Waffen die Ukraine von den russischen Versorgungslinien abschneiden will. Sehenden Auges!
Und dann stellt der Kollege Abraham die Frage an die Bundesregierung, wann denn und nach welchen Kriterien über Taurus-Lieferungen entschieden wird. Die Antwort der Bundesregierung darauf lautet: Über hypothetische Fragen beraten wir nicht.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, den meisten von uns ist klar, dass die Frage von Taurus-Lieferungen nicht hypothetisch sein darf, sondern dass sie eine praktische Lösung sein muss, über die wir in den Ausschüssen beraten müssen.
Das ganz Wesentliche ist, dass wir nicht verzagen, keine Scheu davor haben, dass die Krim eine besondere symbolische Bedeutung für Putin hat. Gerade weil die Krim eine besondere symbolische Bedeutung für Putin hat, gehören die Versorgungslinien zerstört, müssen die russischen Truppen auf der Krim aufgeben, weil sie keine Munition, keinen Betriebsstoff, keine Ernährung bekommen. Und dann sollten diese russischen Soldaten nach Russland zurückkehren und sagen: Wir sind gut behandelt worden.
Aber die Krim gehört zur Ukraine, und ich bin den Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition sehr dankbar, dass sie deutlich gemacht haben, dass hier vom Kanzleramt mehr zu erwarten ist. Und ich bin ganz beim Verteidigungsminister, und wir als Union sind in dieser Frage auch ganz bei der Außenministerin, die eben sagen: Die Ukraine muss siegen in ihren Grenzen von 1991. – Und die Lösung für Russland bedeutet, das Existenzrecht aller Nachbarstaaten anzuerkennen. Das ist doch das A und O.
(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir sind nicht in der Lage, Russland zu besiegen. Es geht hier auch nicht um Waffensysteme. Es geht darum: Ist unser politisches, gesellschaftliches System in der Lage, so attraktiv zu sein, dass die ukrainische Bevölkerung uns glaubt und vertraut, dass sie weiß, sie bekommen alles, was nötig ist, die Grenzen von 1991 wiederherzustellen, und sie bekommen die diplomatische Unterstützung, dass hinterher ein Putin vor dem Kriegsverbrechertribunal zur Rechenschaft gezogen wird,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Michael Roth [Heringen] [SPD])
dass hinterher Reparationen beglichen werden, dass 20 000 entführte Kinder, von denen gerade mal 400 zurückgeführt wurden, ihren Familien in der Ukraine zurückgegeben werden – mit ihrem eigentlichen Geburtsdatum, mit ihrem Geburtsnamen – und dass diese russischen Fake News aufhören?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um unsere Glaubwürdigkeit, und es geht darum, dass wir dafür eintreten, die Ukraine in ihren Grenzen von 1991 wiederherzustellen. Dazu gehört auch, Russland die Krim zu entreißen, und ein Mittel dazu ist Taurus.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist Dr. Christoph Hoffmann für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603663 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Förderung des Wiederaufbaus der Ukraine |