16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 10

Thomas HackerFDP - Vielehen, Kinderkopftuchverbot in Kitas und Schulen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die wahren Motive der AfD zu diesem Antrag müssen wir kein weiteres Wort mehr verlieren.

(Dr. Rainer Rothfuß [AfD]: Das wäre uns ganz recht!)

Daher möchte ich meine begrenzte Redezeit für die Analyse der medienpolitischen Forderungen nutzen.

Sie fordern heute eine unmittelbare Einflussnahme der Politik auf die redaktionelle Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Rothfuß [AfD])

ansonsten aber doch eher weniger Einflussnahme durch die Politik – eine Dialektik, die für sich spricht, die vor allem aber eins zeigt: Die grundlegenden Mechanismen der deutschen Medienordnung sind Ihnen immer noch fremd.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Glauben Sie wirklich, dass sich das Thema Kopftuch als neuer Grundsatz der programminhaltlichen Ausgestaltung der Rundfunkordnung eignet? Ihre hier vorgetragenen, eher kruden Vorstellungen kann wohl niemand als echten Beitrag zu freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung oder gar als Erfüllung demokratischer, sozialer und kultureller Bedürfnisse der Gesellschaft verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

Fehlt das Thema in der Berichterstattung? Nein. Wenn man in der ZDF-Mediathek nach „Kopftuch“ sucht, dann bekommt man 271 Ergebnisse, bei der ARD sind es sogar 303. Die „logo!“-Folge zum Kopftuchstreit oder den „Islam-Check“ von Checker Tobi kann ich Ihnen nur empfehlen.

(Beifall der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP] und Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, der ist gut!)

Ja, kopftuchtragende Muslime gehören in Deutschland zum Alltag, das Recht von Kindern und Heranwachsenden auf eigene Entfaltung und Entwicklung müssen wir schützen. Diese Realität muss man auch journalistisch abbilden, neutral, differenziert, in allen – auch strittigen – Perspektiven.

(Dr. Rainer Rothfuß [AfD]: Was unseren Antrag bestätigt!)

Nicht alle Muslima tragen ein Kopftuch. Kinder und junge Menschen an schwierige Themen heranzuführen, ist dabei eine Herausforderung, die eine besonders sensible mediale Aufarbeitung erfordert.

Zu Recht weist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung darauf hin, dass Fernsehen Kinder leicht überfordern, ängstigen oder verstören kann. Eltern finden schon heute kaum Zeit, ihren Kindern „PAW Patrol“ und andere Formate zu erklären. Wie soll das dann „mit sämtlichen Aspekten des Kopftuchs …, insbesondere mit dem Phänomen der Kinderkopftücher im Kontext des politischen Islam“ funktionieren? Gerade für junge Erwachsene, die sich in ihrem Alltag zwischen Tradition, Religion und unserer freiheitlichen Gesellschaft bewegen, ist der Reiz des angeblich Verbotenen und die Suche nach eigener Identität ein kaum beherrschbarer Balanceakt.

Schwierige Debatten müssen wir führen. Doch dies sollte klug und zielführend erfolgen. Wir müssen die Menschen dort erreichen, wo sie ihre Informationen aufnehmen. Wir werden sie nicht mit dem linearen Programm des öffentlichen Rundfunks erreichen. Hauptinfoquelle heute ist das Internet. Dort gibt es keine sprachlichen Barrieren, Inhalte sind on demand verfügbar, und man teilt sie in den sozialen Netzwerken.

Der Meinungsforscher Joachim Schulte präzisiert es im Hinblick auf türkischstämmige Milieus und den Erfolg von Nischenprogrammen: Entscheidend sei, „dass ein … TV-Programm nicht nur ein bis zwei Stunden täglich oder wie bei den früheren“ – sogenannten – „Gastarbeitersendungen nur am Wochenende ausgestrahlt werde, sondern als Vollprogramm“.

Lassen Sie uns also über die richtigen und klugen Maßnahmen reden, zum Beispiel über die Nutzung der von der Deutschen Welle in vielen Sprachen produzierten Sendungen auch im Inland. Damit beugen wir Quacksalbern und Fake News vor.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Damit fördern wir Verständnis und Toleranz in allen Teilen unserer Gesellschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Jasmina Hostert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603703
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Vielehen, Kinderkopftuchverbot in Kitas und Schulen
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