16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Zusatzpunkt 17

Friedrich MerzCDU/CSU - Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Innerhalb von wenigen Wochen hat das Bundesverfassungsgericht gestern zum zweiten Mal den Regierungsfraktionen bescheinigt, dass sie das Grundgesetz verletzen.

Zur Erinnerung: Kurz vor den Sommerferien mussten Sie die Abstimmung über das sogenannte Heizungsgesetz verschieben, weil Sie den Abgeordneten des Deutschen Bundestages in verfassungswidriger Weise Mitspracherechte vorenthalten haben.

(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch, Herr Merz!)

– Weil Sie in verfassungswidriger Weise Mitspracherechte vorenthalten haben, Herr Kollege!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und dieser Zustand hält an. Ich komme darauf gleich noch zu sprechen.

Gestern haben Sie bestätigt bekommen, dass Sie im letzten Jahr einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 aufgestellt haben, der vom Verfassungsgericht nicht nur als verfassungswidrig, sondern auch als nichtig angesehen worden ist, und das heißt: von Anfang an, vom ersten Tag an, unwirksam.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, beide Entscheidungen, so unterschiedlich die Streitgegenstände auch sind, haben eines gemeinsam: Sie offenbaren das Verständnis der Regierungsfraktionen, dass Sie sich im Grunde genommen mit Ihrer Mehrheit hier im Deutschen Bundestag über alle Regeln, auch über die Regeln eingeübter parlamentarischer Praxis und jetzt auch über die Regeln der Schuldenbremse des Grundgesetzes, einfach so hinwegsetzen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Sie wischen alle Einwände, die gegen Ihre Politik vorgetragen werden, einfach zur Seite.

Selbst nach diesen beiden Entscheidungen geht das bei Ihnen einfach so weiter. Beim Heizungsgesetz haben Sie uns gönnerhaft etwas mehr Zeit zum Lesen gegeben und anschließend alles ohne weitere Beratungen so beschlossen und entschieden, wie Sie es vorher vorgehabt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kruse [FDP]: Das ist falsch!)

Und jetzt hier beim Bundeshaushalt 2024 setzen Sie seit gestern die Beratungen fort, so als ob es die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom gestrigen Tag überhaupt nicht gegeben hätte. Meine Damen und Herren, Sie wissen spätestens seit gestern, dass Sie im nächsten Jahr einen Nachtragshaushalt aufstellen müssen, weil Sie die eingegangenen Verpflichtungen aus dem KTF, dem Klima- und Transformationsfonds, jetzt wenigstens teilweise in einen regulären Haushalt überführen müssen. Sie wissen es.

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

Wer aber schon vor der Verabschiedung eines regulären Haushaltes weiß, dass er einen Nachtragshaushalt beraten und verabschieden muss, der verstößt erneut gegen die Grundsätze der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit, gegen Grundsätze, die nun spätestens seit gestern so gut wie Verfassungsrang haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat von dieser Stelle aus am 27. Februar 2022 eine eindrucksvolle Regierungserklärung abgegeben und eine Zeitenwende beschrieben.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Ja!)

Die Zeitenwende hat bei Ihnen bisher darin bestanden, dass Sie zusätzliche Schulden machen und einen Teil davon sogar mit unserer Zustimmung in Form eines Sondervermögens in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufnehmen. Alles andere haben sie so weitergemacht wie vorher. Sie haben sogar öffentlich bei jeder Gelegenheit zugesagt, dass sich nichts ändern wird außer zusätzlichen Schulden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktionen, die Zeitenwende ist spätestens seit gestern auch für Sie Realität. Sie kommen jetzt nicht mehr umhin, zu akzeptieren, dass Sie die Prioritäten Ihres Haushaltes – unseres Haushaltes, dem der Bundesrepublik Deutschland – neu ordnen müssen. Fangen Sie damit so früh wie möglich an,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Joana Cotar [fraktionslos] – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

damit dies auch hier zu einem Erfolg werden kann!

Lassen Sie mich abschließend eines sagen: Wir stehen in Deutschland vor schweren politischen Zeiten – außenpolitisch, innenpolitisch und gesellschaftspolitisch.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das merken Sie auch schon? – Zurufe von der SPD)

Kehren Sie mit Ihren Verhaltensweisen zu verfassungskonformer Gesetzgebung zurück! Und kehren Sie auch zu den Mindestregeln eines vernünftigen parlamentarischen Miteinanders hier im Deutschen Bundestag zurück, damit unsere Institutionen nicht noch mehr Schaden nehmen und damit das Vertrauen in die Politik unseres Landes nicht noch mehr leidet, so wie Sie gegenwärtig hier in Deutschland arbeiten!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Joana Cotar [fraktionslos] – Zuruf des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sind dazu bereit, das zu tun.

(Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])

Aber spätestens seit gestern ist klar, dass Sie wesentliche Merkmale Ihres Arbeitens, Ihrer Politik ändern müssen, wenn das ein gemeinsamer Erfolg für unser Land werden soll.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Achim Post.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603717
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021
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