Alexander DobrindtCDU/CSU - Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesfinanzminister, Sie haben hier sinngemäß einen Tweet wiederholt, den Ihre Fraktion gestern abgesondert hat,
(Gabriele Katzmarek [SPD]: „Abgesondert“! Herr Dobrindt!)
der geheißen hat: „Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Schuldenbremse und schafft Klarheit …“ Ich frage mich, ob der links-grüne Realitätsverlust endgültig auf Sie abgefärbt hat.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Joana Cotar [fraktionslos])
Ja, das Verfassungsgericht schafft Klarheit; aber es schafft vor allem Klarheit über Ihre Ampelkoalition. Es schafft Klarheit darüber, dass Sie keinen Respekt haben gegenüber Verfassungsregeln, dem Parlament und den Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es schafft Klarheit darüber, dass Sie keinen Plan haben, wie man dieses Land regiert, und es schafft Klarheit darüber, dass Sie jetzt kein Geld mehr haben, um Ihre ideologischen Projekte zu finanzieren. Diese Klarheit schafft das Verfassungsgericht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anke Hennig [SPD]: Das sagt Herr Dobrindt! – Christian Dürr [FDP]: Übrigens: Ihr Innenminister in Bayern hat gerade ein Sondervermögen gefordert! – Zurufe der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und dann stellen Sie sich hierhin, Herr Finanzminister, und verkünden: Diese Regierung will die Schuldenbremse nicht schwächen, sondern stärken. – Ich darf Sie darauf hinweisen, dass sich bei diesem Satz keine einzige Hand bei SPD und Grünen gerührt hat. Sind Sie eigentlich noch der Finanzminister dieser Ampel oder Minderheitsminister in dieser Ampelregierung?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Albrecht Glaser [AfD] und Joana Cotar [fraktionslos] – Christian Dürr [FDP]: Wie hat denn der Abgeordnete Dobrindt 2020 abgestimmt? Bei Herrn Dobrindt hat da nämlich auch niemand geklatscht!)
Ja, man kann diese Entscheidung in der Tat als historisch bezeichnen, und zwar in dreifacher Hinsicht: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde ein Bundeshaushalt für verfassungswidrig und nichtig erklärt; zum ersten Mal wurde einer Koalition ihre komplette finanzielle Geschäftsgrundlage entzogen, und zum ersten Mal versucht eine Regierung, so zu tun, als hätte ein 60-Milliarden-Loch überhaupt keine Auswirkung auf den Bundeshaushalt. Sie wollten, Herr Finanzminister, den Klima- und Transformationsfonds als Allzweckwaffe, als Steinbruch einsetzen. Er ist zum Rohrkrepierer geworden! Das ist doch die Wahrheit hier.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Post, Sie haben darauf hingewiesen: Sie wollen jetzt ausgiebig prüfen. Sie wollen jetzt keine Schnellschüsse. Sie wollen darüber beraten und dann Entscheidungen treffen. – Der Haushaltsausschuss tagt aktuell seit 13 Uhr, und Sie wollen den Haushalt für 2024 einfach abschließen, als hätte es schlichtweg nichts gegeben.
(Zuruf von der CDU/CSU: Unfassbar! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch einfach nicht, Herr Dobrindt! – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie stehen gestern vor den Kameras mit dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, dem Finanzminister, mit den drei Ampelmännern, und Sie erklären gemeinsam genau – nichts.
(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das war das, was auch jetzt wieder zutage kam.
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben keinen Plan, und die Menschen fragen sich zu Recht: Ist es denn Ihre Arroganz, oder ist es Ihre Verzweiflung? Aber ich sage Ihnen: Das ist es, was die Menschen nicht mehr ertragen können: dass Sie mit Ignoranz über die Sorgen hinweggehen und für die Krisen keine Lösungen mehr zeigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben es Ihrem gescheiterten Finanzmanöver von Anfang an angesehen, dass es nicht funktionieren kann.
(Christian Dürr [FDP]: Aber ist denn die CSU bereit, das Geld zurückzuzahlen, was sie dem Steuerzahler geklaut hat?)
Wir haben Ihnen hier im Deutschen Bundestag wörtlich gesagt: „Finanzpolitik lässt sich nicht durch Finanzakrobatik ersetzen“, weil das bedeutet, dass man sich sehr schnell außerhalb des Rechtsrahmens befindet. Sie haben alle Warnungen, auch die der Experten, ignoriert.
(Christian Dürr [FDP]: Der Unterschied ist: Wir haben das Geld nicht ausgegeben!)
Sie haben wörtlich gesagt, das sei der „Ausdruck von Gestaltungswillen“. Nein, meine Damen und Herren, seit gestern ist klar: Das ist nicht der Ausdruck von Gestaltungswillen, sondern das, was Sie mit Mehrheit hier umsetzen, ist ein Betrug an der Schuldenbremse! Das ist es, was Sie gemacht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wiehle [AfD])
Aber vielleicht können Sie sich ja auch noch mal die Äußerungen anschauen, die von Ihrem Koalitionspartner gestern getätigt worden sind. Der Finanzminister in Baden-Württemberg, Bayaz, hat es ja auf den Punkt gebracht – wörtliches Zitat –:
„Der Versuch des Bundesfinanzministers, die Quadratur dieses Kreises mit Tricksereien und Schattenhaushalten hinzubekommen, ist gescheitert.“
(Christian Dürr [FDP]: Er hat das Geld ja zusammengehalten! Ihre 400 Millionen sind weg, Herr Dobrindt, die Sie rausgeschmissen haben!)
Diese Aussage stimmt zwar; aber ich finde, Sie sollten sich alle mit Ihrer Schadenfreude zurückhalten. Es sind doch Ihre links-grünen Wunschprojekte, die überhaupt erst die Grundlage für diese Haushaltsmanipulation waren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
SPD, Grüne, FDP, Sie haben sich Ihren Koalitionsvertrag mit rechtswidrigen, mit verfassungswidrigen Finanztricksereien erkauft. Und deswegen ist es auch nicht irgendein Haushalt, den das Bundesverfassungsgericht gestern für nichtig erklärt hat; es ist das Gründungsdokument Ihrer Koalition, das sich gestern in Luft aufgelöst hat. Ihre Koalitionsidee ist schlichtweg Geschichte. Befreien Sie doch dieses Land von diesem Ampeldrama!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Wort hat Dr. Matthias Miersch für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603723 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021 |