Matthias MierschSPD - Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dobrindt, ich glaube, die Situation ist zu ernst,
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, sie ist ernst! Sie haben das verursacht, dass es so ernst ist! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, Sie haben sie erst herbeigeführt!)
als dass man in solchen Situationen übereinander herfallen sollte. Ich frage Sie, wenn Sie von „links-grünen Wunschprojekten“ sprechen:
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja!)
Sind Milliardeninvestitionen in die Deutsche Bahn rot-grüne Wunschprojekte?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP] – Zurufe der Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU] und Heidi Reichinnek [DIE LINKE])
Sind Milliardeninvestitionen in die Gebäudesanierung dieses Landes rot-grüne Wunschprojekte?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ist das Investieren in die erneuerbaren Energien ein rot-grünes Wunschprojekt?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich befürchte, ja, aber nur in Ihrem Sinne. Das sind dringend notwendige Investitionen in die Zukunft dieses Landes, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und wenn ich in einigen Kommentaren lese, dieses Urteil schaffe mehr Generationengerechtigkeit, dann mache ich dort ein Fragezeichen. Denn Generationengerechtigkeit – und ich erinnere mich sehr genau an die Diskussionen hier, die wir 2009 geführt haben –, nur fiskalpolitisch beurteilt, ist aus unserer Sicht keine Form der Generationengerechtigkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nicht umsonst spricht man von nachhaltiger Entwicklung, wenn man drei Säulen betrachtet: die finanzpolitische –eine Säule –, die sozialpolitische und die ökologische. Und ich weiß noch, dass auch der Bundestagspräsident, damals Norbert Lammert, zusammen mit mir und anderen gegen diese Schuldenbremse gestimmt hat, weil wir dieses Gleichgewicht damals nicht abgebildet gesehen haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen sage ich ganz bewusst: Herr Merz, Sie können sich das hier heute auf die Fahnen schreiben; aber das trägt nicht lang. Es trägt schon in diesen Minuten nicht, weil ich schon auch aus schwarz regierten Bundesländern die großen Sorgen vernehme, die dieser Schritt jetzt nach sich ziehen wird.
(Metin Hakverdi [SPD]: Genau! – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Wenn wir in einer Zeit der absoluten Krisen als Staat nicht Handlungsfähigkeit beweisen, dann wird dieses Land in richtige Schwierigkeiten kommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])
Selbstverständlich ist diese Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zu respektieren und zu akzeptieren. Aber vor zwei Jahren hat genau dieses Gericht uns auch aufgegeben, zu berücksichtigen, welche große Menschheitsaufgabe wir mit der Bekämpfung des von Menschen gemachten Klimawandels haben. Und im Übrigen – Kolleginnen und Kollegen der AfD, das unterscheidet uns – akzeptieren wir die jetzige Verfassungsgerichtsentscheidung und werden sie umsetzen.
(Stephan Brandner [AfD]: Wir haben es vorhergesagt! –Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Bis heute kämpfen Sie aber mit jedem Antrag in Sachen Klimaschutz gegen die frühere Entscheidung; und damit ist das, was Sie hier tun, verfassungswidrig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Boehringer [AfD]: Wir tun genau das Gegenteil!)
Aber – ich sehe es wie der Bundesfinanzminister – dieses Urteil beinhaltet auch eine riesige Chance. Ich bin mir sehr sicher, dass die Ampel diese Chance trotz aller möglicherweise bestehenden Unterschiede in der Bewertung auch wahrnehmen wird.
(Lachen des Abg. Florian Müller [CDU/CSU])
Uns muss es gelingen, dass wir die Zukunftsinvestitionen, die wir im Klima- und Transformationsfonds abgebildet haben, weiter fahren können. Das ist elementar.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])
Wir müssen das Klimaschutzgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu umsetzen. Wenn wir Klimaschutz tatsächlich in dieser Gesellschaft durchsetzen wollen, dann brauchen wir Zukunftsinvestitionen, um den sozialen Zusammenhalt in diesem Land zu sichern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Jetzt höre ich von einigen: Na ja, da kann man dann ja an der Schraube des CO2-Preises drehen. – Dazu sage ich: Dieser CO2-Preis wirkt für viele viel, viel stärker als eine Steuererhöhung.
(Zuruf des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])
Denn es würden die Leute unter Druck kommen, die jetzt keine Förderung für neue Heizungsanlagen oder in neue Mobilität genießen können, und für sie würde deswegen nur der Verzicht übrig bleiben. Das wollen wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])
Wir brauchen milliardenschwere Förderprogramme, damit der Umstieg für breite Schichten dieser Gesellschaft überhaupt möglich ist. Nur so wird Klimaschutz funktionieren.
Insofern: Es werden anstrengende Beratungen, aber es werden Beratungen, die diese Ampel auf alle Fälle stemmen kann. Davon sind wir überzeugt. Wir als Sozialdemokratie werden uns voll dort hineinbegeben.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort hat der Kollege Felix Banaszak für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603724 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: BVerfG-Urteil zum Nachtragshaushalt 2021 |