16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 12

Annika KloseSPD - Asylbewerberleistungs- Weiterentwicklungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Union, über den von Ihnen hier vorgelegten Gesetzentwurf muss ich mich schon sehr wundern.

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Ach! Warum?)

Die Forderungen, die Sie hier erheben, wurden nämlich vor etwas mehr als einer Woche bereits zwischen den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten und der Bundesregierung in der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbart,

(Nina Warken [CDU/CSU]: Genau deshalb, Frau Klose! – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Umsetzung!)

einer MPK übrigens, an der die Union maßgeblich beteiligt war.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Genau! Deswegen setzen wir es um! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ja! Es geht um die Umsetzung!)

Sie stellen bekanntlich 7 von 16 Ministerpräsidenten in diesem Land, und einer Ihrer MPs hat die Konferenz sogar geleitet. Am Ende haben sich dann übrigens auch Ihre Ministerpräsidenten recht zufrieden geäußert.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Es geht um Tempo, Frau Klose! – Christoph de Vries [CDU/CSU]: Tempo! Tempo!)

Ich empfehle da mal die Lektüre der Pressestatements von Herrn Wüst und Herrn Wegner. Kein Wunder übrigens; denn Ihre Ministerpräsidenten haben es schließlich geschafft, eine breite Einigung zu erzielen, die nicht nur die hier vorgelegten Maßnahmen umfasst, sondern auch tiefgreifendere Fragen wie die Unterbringung und Versorgung von flüchtenden Menschen adressiert.

Doch nicht einmal einen Tag hat es gedauert, bis in der Unionsführung eine kommunikative 180-Grad-Wende hingelegt wurde und Herr Merz damit anfing, die Beschlüsse „sauertöpfisch“ – Zitat einer Analyse der „Tagesschau“ – zu zerreden.

(Lachen bei der AfD – Karsten Hilse [AfD]: Kam das auf KiKa, oder was?)

Während also Ihre MPs einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dieses Land zu regieren, glänzen Sie mit Schlechtmacherei in der Presse und hier im Bundestag damit, eine einzige Forderung aus dem Zusammenhang zu reißen und hier einzeln zur Abstimmung zu stellen.

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Warum denn nicht? Frau Klose, wir müssen mal Tempo machen! – Gegenruf des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD]: Weil es politischer Klamauk ist! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es einfach nur Theater ist!)

Da muss ich nicht nur mich, sondern vor allem Sie fragen, was das denn eigentlich soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN] – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Macht doch mal Politik!)

Kann es sein, dass es Herr Merz einfach nicht aushält, dass andere eine Lösung ohne ihn erarbeitet haben und er jetzt wie ein kleines trotziges Kind auf dem Spielplatz den anderen wütend ihre Sandburgen zertritt?

(Lachen bei der AfD)

Oder ist dieses Vorgehen hier in Wahrheit eigentlich Ausdruck Ihres innerparteilichen Machtkampfes?

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Frau Klose, das ist jetzt Klamauk!)

Denn wenn Herr Wüst das eine mit ausgehandelt hat, müssen Sie jetzt zeigen, dass Sie ein und dieselbe Forderung viel besser vertreten können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Wie verzweifelt sind Sie eigentlich, Frau Klose? Das hat mit der Sache gar nichts zu tun!)

Wie dem auch sei: Dieses ganze Verfahren wirkt doch eher etwas peinlich und kopflos, wenn ich das mal so sagen darf.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Ihre Rede ist peinlich!)

Und ich würde Ihnen sehr ans Herz legen, Ihre innerparteilichen Kämpfe nicht länger auf dem Rücken anderer Leute auszutragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn genau darüber reden wir hier nämlich.

Worüber sprechen wir denn bei dem Gesetzentwurf? Wir sprechen also über die Leistungen, die Menschen, deren Asylverfahren länger als 18 Monate dauern oder deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber in Deutschland geduldet werden, bekommen sollen. Wir sprechen also beispielsweise über eine Frau aus meinem Wahlkreis, die aus Guinea mit ihrem Kind hierhergekommen ist, deren Kind hier schwer erkrankt ist, im Krankenhaus behandelt wurde, letztlich leider verstorben ist. Wir sprechen über eine Frau, die durch die Belastung und die Trauer über ihr Kind psychisch schwer krank und daher behandlungsbedürftig wurde –

Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der CDU/CSU-Fraktion?

– nein, danke –, eine Frau, deren Asylantrag zwar abgelehnt wurde, die aber hier geduldet ist, weil humanitäre Gründe es in ihrem aktuellen Zustand nicht zulassen, sie abzuschieben. Dieser Frau verwehren Sie jetzt nicht nur 18 Monate, sondern ganze drei Jahre die normalen existenzsichernden Leistungen und eine normale Krankenversicherung.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist Normalität! Das ist ja schön!)

Man kann offenbar zu dem Schluss kommen, dass das nötig ist; sonst hätte die MPK das ja nicht beschlossen.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das hat auch Ihr Bundeskanzler mit beschlossen, Frau Klose!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Karsten Hilse [AfD]: Ja! Bitte kommen Sie zum Schluss!)

Ja, letzter Satz. – Aber ein Grund zum Feiern, ein Grund, um mit den Hufen zu scharren, es kaum abwarten zu können, sollte das nicht sein. Ich schäme mich hier heute für Sie.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Widerspruch bei der CDU/CSU und der AfD)

Und ich hoffe, Sie tun das auch.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Detlef Seif [CDU/CSU]: Schämen Sie sich für sich!)

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort Marc Biadacz.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603754
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Asylbewerberleistungs- Weiterentwicklungsgesetz
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