16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 17

Nils GründerFDP - Gleichstellungsfortentwicklungsgesetz Militärpersonal

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Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Gleichstellung ist keine Modeerscheinung, sondern trägt – dazu gehört auch die Frage, wie wir mehr Frauen für unsere Streitkräfte gewinnen – zur Verteidigungsfähigkeit des Landes essenziell bei, liebe Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Bundeswehr lebt von unseren Soldatinnen und Soldaten, von ihrem Engagement, auch von deren Hingabe. Aber gerade an dieser wichtigsten Ressource fehlt es: beim Personal. Zu wenige Bewerbungen, eine hohe Abbrecherquote und noch immer zu wenige Frauen, die sich für die Streitkräfte entscheiden.

Mit diesem Gesetz wollen wir die Bundeswehr modernisieren, um Soldatinnen und Soldaten in ihrem Dienst zu unterstützen und Chancengleichheit sowie Familienfreundlichkeit zu fördern. Zunächst sollten wir die Frage einmal klären: Was wollen wir mit dem Gesetz konkret verändern? Natürlich steht jedem eine Karriere bei der Bundeswehr offen. Die Zahlen sprechen aber auch für sich: 13 Prozent Frauenanteil! In Gesprächen mit Soldatinnen wird mir oft gesagt: „Wir fühlen uns wohl, aber die Infrastruktur ist nicht gegeben“ – noch nicht. Zum Beispiel: An manchen Standorten muss für das Duschen um vier Uhr morgens aufgestanden werden, damit es nicht zu unangenehmen Situationen kommen kann, weil es nur eine Männerdusche gibt. Es gibt einfach keine Regelungen – noch nicht.

Männer und Frauen sind vor dem Gesetz gleich; das ist klar. Wie das konkret in der Praxis aussieht, ist aber oftmals eine andere Frage. Ich finde, unsere deutschen Streitkräfte können hier als gutes Beispiel vorangehen. Ja, es gibt noch einiges zu tun; der Weg ist noch weit. Aber deswegen unterstützen wir die Bundeswehr bei dieser Aufgabe und schaffen mit diesem Gesetz Rahmenbedingungen, die gezielt Hindernisse beseitigen, die Frauen bis jetzt davon abhalten, sich für den Militärdienst zu entscheiden oder auch in höhere Positionen aufzusteigen. Grundlage dafür ist eine Sensibilisierung, dass es auch zu Fällen von Diskriminierung und Belästigung kommt. Dafür stärken wir die Position der Gleichstellungsbeauftragten und ermöglichen einen größeren Handlungsspielraum mit Vetorecht.

Die nächste Frage, die wir mit diesem Gesetz beantworten, ist: Wie vereinbaren wir eigentlich Beruf und Familie? Damit meine ich nicht nur die Soldatinnen und Soldaten, die Kinder zu Hause haben, sondern auch explizit diejenigen, die zu Hause jemanden pflegen müssen. Die Bundeswehr steht nämlich im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft. Häufige Ortswechsel und starre Arbeitszeiten sind auch nicht mehr konkurrenzfähig. Und selbstverständlich kann das nicht überall angepasst werden. Der Soldatenberuf ist eben kein Job wie jeder andere. Es gibt aber Bereiche, in denen durchaus Gleitzeit- und Teilzeitmodelle möglich sind.

Außerdem wollen wir Programme zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung und der Pflegeverantwortung. Konkret muss die Bundeswehr ein Umfeld schaffen, welches auch Familien anspricht. Wir müssen uns auch der Frage stellen: Was macht der alleinerziehende Soldat eigentlich im Verteidigungsfall? Was macht im Verteidigungsfall die Kompaniechefin, die sich zu Hause um ihren pflegebedürftigen Vater kümmern muss?

(Markus Grübel [CDU/CSU]: Das Gleiche wie der Kompaniechef!)

Mit diesem Gesetz schaffen wir auch eine Hinzuverdienstgrenze ab. Und was für eine Hinzuverdienstgrenze gilt, sollten wir auch für alle erreichen. Schließlich ist es schlicht nicht erklärbar, warum jemand, der mit 55 Jahren in den Ruhestand geht, bis zu einem Alter von 62 Jahren nebenher arbeiten darf, dann fünf Jahre lang quasi umsonst arbeitet, nur um ab 67 Jahren wieder sein volles Gehalt behalten zu dürfen. Das macht, mit Verlaub, keinen Sinn.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben in den letzten Tagen viel über Kriegstüchtigkeit gesprochen. Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist eben kein Gedöns, sondern ein Thema, das essenziell für die Verteidigungsbereitschaft dieses Landes steht.

An die Adresse der CSU möchte ich an dieser Stelle auch noch eines loswerden: Ihr Parteichef hat den Verteidigungsminister in den letzten Tagen dafür kritisiert, dass er das Wort „Kriegstüchtigkeit“ – ja, Herr Hahn, anschnallen! – in den Mund genommen hat. Dazu muss ich an dieser Stelle einmal etwas sagen. Markus Söder hat anscheinend nicht verstanden, warum wir überhaupt eine Bundeswehr haben, nämlich damit wir eine kriegstüchtige Bundeswehr haben. Wenn wir an dieser Stelle einmal festhalten können, dass wir eine Bundeswehr brauchen, die kriegstüchtig ist, um verteidigungsfähig zu sein, dann hat das etwas mit Abschreckung und nichts mit Kriegstreiberei zu tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für Die Linke erhält das Wort Heidi Reichinnek.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603767
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Gleichstellungsfortentwicklungsgesetz Militärpersonal
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