16.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 137 / Zusatzpunkt 6

Tim KlüssendorfSPD - Steuerrechtliche Entlastungen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen heute drei Anträge der AfD-Fraktion vor, die inhaltlich wenig miteinander gemein haben, bis auf einen ganz entscheidenden Punkt: Sie zeigen nämlich wieder einmal, dass Sie die Lobbypartei für Superreiche und besonders Vermögende in diesem Haus sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Die Menschen, die für Schulessen bezahlen, das sind wohl die Superreichen! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Denn Ihre Vorschläge sind nichts anderes als eine Umverteilung von unten nach oben. Ich muss sagen, dass das in der aktuellen Krisensituation angesichts des gestrigen Urteils und der aktuellen Haushaltssituation unverantwortlich ist und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land stark gefährdet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kay Gottschalk [AfD]: Unverantwortlich ist Ihr Klima- und Transformationsfonds, Herr Kollege!)

Aber kommen wir zu den einzelnen Anträgen. Ich fange an mit der Pendlerpauschale.

(Beatrix von Storch [AfD]: Die ist für Superreiche?)

Sie ist für uns kein dogmatisches Thema. Wir haben die Pendlerpauschale auch in dieser Regierung durchaus behandelt.

(Jörn König [AfD]: Da freut sich ja die Pendlerpauschale, wenn sie behandelt wurde!)

Wir haben sie in einem Entlastungspaket ab Kilometer 21 von 30 Cent auf 38 Cent erhöht.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Gute Maßnahme! – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist ein Geschenk an die Superreichen!)

Das war ein deutlicher Beitrag, um gegen erhöhte Spritpreise anzukommen und um die Menschen zu entlasten, die auf das Auto angewiesen sind, um den Arbeitsort und den Wohnort miteinander zu verbinden.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Sehr richtig!)

Das war ein wichtiges Zeichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber wenn man jetzt fordert, dass schon ab dem ersten Kilometer die Pendlerpauschale auf 50 Cent erhöht wird, dann muss man sich nur vor Augen führen, dass eine Erhöhung um jeden Cent 230 Millionen Euro kostet,

(Jörn König [AfD]: Ja!)

und 20 Cent mehr wären in dem Sinne Mehrkosten von 4,6 Milliarden Euro,

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Dreimal Gastro! – Jörn König [AfD]: Ja, dann müsst ihr halt mal ein bisschen sparen! – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

4,6 Milliarden Euro, von denen wegen der Verteilungswirkung – das ist eindeutig – vor allen Dingen Leute profitieren würden, die schon besonders hohe Einkommen erzielen und deswegen dafür auch ihren Arbeitsort wechseln,

(Jörn König [AfD]: Hä? Was hat der Arbeitsweg mit dem Einkommen zu tun?)

weil der Müllmann und der normale Angestellte vor Ort wohnen.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: In den Städten kann sich der Müllmann die Wohnung doch gar nicht mehr leisten! Was Sie da für einen Quatsch erzählen!)

Vor allem Menschen mit besonders hohen Einkommen müssen weit reisen; und deswegen würden die von der Verteilungswirkung am meisten profitieren. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Forderung: Mehrwertsteuer Gastronomie. Wir haben das häufig im Plenum diskutiert; ich glaube, kein Thema haben wir häufiger im Plenum diskutiert.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ja, Sie labern immer nur, aber machen nichts! Das ist das Problem!)

Zu dieser Stunde finden ja Beratungen zum Haushalt statt; deswegen kann ich dazu noch nicht viel detailliertere Informationen geben. Aber eins kann ich sagen: Die Forderung, dass wir bei Speisen in der Gastronomie den reduzierten Mehrwertsteuersatz belassen, ist ja legitim; die haben wir hier ausführlich besprochen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Auch so eine Geschichte für Superreiche!)

Aber die Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke pauschal für immer zu senken, ist unverantwortlich.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Das ist Entlastung!)

Das würde viele, viele Milliarden Euro kosten, die Sie nicht haben, die wir nicht haben und die hier keiner verantworten kann.

(Beifall bei der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Und die Superreichen noch superreicher machen! Das war ja das Gemeinsame an den drei Anträgen! – Kay Gottschalk [AfD]: Arbeitnehmerfreundlich!)

Auch das lehnen wir kategorisch ab.

Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt: zur Abschaffung des Solis.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das wird langsam Zeit!)

Das regt mich wirklich am meisten auf; denn wir haben den Soli reformiert. Den Soli zahlen in Deutschland nur noch die obersten 10 Prozent,

(Albrecht Glaser [AfD]: Das ist falsch! Total falsch! Jede kleine Firma! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Jede Kapitalgesellschaft!)

und noch nicht mal vollständig. Wer in Deutschland den vollständigen Soli zahlt, der verdient als Alleinstehender mehr als 96 000 Euro im Jahr.

(Olav Gutting [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Ich muss sagen: Wer daran vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage was ändern und dem Haushalt 13 Milliarden Euro entziehen will, der gefährdet nun wirklich den sozialen Zusammenhalt in diesem Land.

(Abg. Albrecht Glaser [AfD] und Beatrix von Storch [AfD] melden sich zu einer Zwischenfrage)

Das ist eine ganz klassische Umverteilung von unten nach oben, und die werden wir unter gar keinen Umständen mitmachen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, möchten Sie die Zwischenfragen aus der AfD-Fraktion zulassen?

Nein. Ich werde unter gar keinen Umständen dazu beitragen, dass die AfD auch nur eine Minute länger in diesem Plenum redet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Herbrand [FDP] – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ja, weil Sie zu doof sind, richtige Sachen zu erklären!)

Insgesamt – und das ist nicht meine Meinung, sondern das ist wissenschaftlich belegt – verfolgt die AfD einen Politikentwurf, der am stärksten von unten nach oben umverteilt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Das hat das ZEW festgestellt, das hat das DIW festgestellt. Das ist also wissenschaftliche Auffassung und kommt nicht von mir.

(Jörn König [AfD]: Deshalb stehen wir auch bei 23 Prozent und ihr bei 13! Also wirklich! Mal ganz ehrlich: Sie glauben doch selber nicht, was Sie da erzählen!)

Ich muss sagen, es sollte jeder Bürger und jede Bürgerin wissen: Wer diese Partei wählt, der schadet sich selbst.

Ich kann nur empfehlen, den neuen Vorschlag zum SPD-Bundesparteitag zu lesen. Wir wollen nämlich den Soli weiterentwickeln, um die Transformation zu finanzieren.

(Kay Gottschalk [AfD]: Ja!)

Wir wollen Erbschaften und Vermögen stärker besteuern,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Bloß nicht sparen! – Zurufe von der AfD)

um dafür zu sorgen, dass die, die wirklich Geld haben in dieser Gesellschaft, die Steuerlast auch tragen.

(Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])

Und 95 Prozent der arbeitenden Mitte wollen wir entlasten.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Bloß nicht sparen! Hauptsache, nicht sparen!)

Das sind seriöse Vorschläge. Das würde die Mitte dieser Gesellschaft entlasten. Dafür treten wir ein.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603803
Wahlperiode 20
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Steuerrechtliche Entlastungen
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