17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 27

Alexander ThromCDU/CSU - Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass u. Hetze

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zur deutschen Geschichte gehört das Menschheitsverbrechen: der Holocaust, ein von Deutschen millionenfach verübter Massenmord an Jüdinnen und Juden. Daraus entsteht für uns wie in keinem anderen Land dieser Welt eine besondere Verantwortung und Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel und den Jüdinnen und Juden. Und diese Verantwortung endet nie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deshalb ist es ein Glücksfall und keinesfalls selbstverständlich, dass wieder viele Jüdinnen und Juden ganz normal bei uns in Deutschland leben. Aber sie haben wieder Angst, und das nicht erst seit dem 7. Oktober. Sie trauen sich nicht mehr mit der Kippa vor die Tür. Kinder haben Angst, auf jüdische Schulen zu gehen. Der Davidstern wird wieder an Häuser geschmiert. Hetze und Hass gegen Jüdinnen und Juden ist millionenfach im Internet allgegenwärtig und tausendfach auf unseren Straßen, und das ist beschämend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen ist für die Union klar: Antisemiten haben keinen Platz in unserer Gesellschaft,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und zwar egal ob von rechts, von links oder muslimisch geprägt. Das gilt für Deutsche genauso wie für Nichtdeutsche, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Aber die nie endende Verantwortung darf sich nicht in Reden zu Gedenktagen erschöpfen. Sie muss in unserem alltäglichen staatlichen Handeln zum Ausdruck kommen. Deswegen müssen wir die geltenden Gesetze ausschöpfen und da, wo es Lücken gibt, diese schließen, und zwar – das wollen wir für alle heute vorschlagen – im Strafrecht und für die Nichtdeutschen im Ausländer- und Einbürgerungsrecht.

Man kann es fast nicht besser ausdrücken als Vizekanzler Robert Habeck. Ich will es noch mal hier zitieren. Er sagt:

„Das Verbrennen von israelischen Fahnen ist eine Straftat, das Preisen des Terrors der Hamas auch. Wer Deutscher ist, wird sich dafür vor Gericht verantworten müssen, wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus. Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert damit einen Grund, abgeschoben zu werden.“

Ja, recht hat er. Und jetzt müssen wir als deutscher Gesetzgeber diesen Worten auch Taten folgen lassen; denn das, was er beschreibt, ist keineswegs die geltende Rechtslage. Da irrte der Bundeskanzler bei der Befragung am Mittwoch. Er bleibt da unklar, er bleibt hinter seinem Vizekanzler zurück, und das ist nicht zu akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn heute ist die Schwelle für eine Ausweisung, also die Entziehung des Aufenthaltsrechts, deutlich höher, als es der Vizekanzler beschreibt. Es muss auch eine umfangreiche Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse des Staates und Bleibeinteresse des Ausländers erfolgen. Und das wollen wir ändern in diesem Fall.

Deswegen schaffen wir ganz bewusst außerhalb der bisherigen Struktur des Ausweisungsrechts einen neuen Regelfall der Ausweisung für antisemitisch motivierte Straftaten. Das ist notwendig in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das heißt: Wer demonstriert und ruft: „Tod den Juden!“, verliert sein Aufenthaltsrecht. Wer einen Davidstern an eine Hauswand schmiert, begeht eine Sachbeschädigung und erhält die Ausweisung. Dann gilt der Satz: Antisemiten haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. – Und dann gilt auch das, was Habeck gesagt hat: Wer kein Deutscher ist, riskiert seinen Aufenthaltsstatus.

Ja, um auch das noch zu sagen: Nicht jede Ausweisung wird dann auch zu einer Abschiebung führen, weil es beispielsweise noch Abschiebeverbote in gewisse Regionen gibt. Aber der Aufenthalt hier ist dann zukünftig rechtswidrig. Beispielsweise laufen dann auch Fristen für die Erlangung einer Niederlassungserlaubnis nicht. Das ist dann auch eine entsprechend schwere Konsequenz für die betroffenen Personen. Damit wirkt das auch präventiv, vielleicht mehr noch als das Strafrecht. Denn wen juckt es denn, wenn er eine Geldstrafe bekommt oder eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe? Aber der Entzug des Aufenthaltsrechts kann lebenslange Konsequenzen haben. Deswegen wird dadurch auch jeder gewarnt: Wir akzeptieren in Deutschland keine Form von Antisemitismus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen darüber hinaus auch bei der Einbürgerung höhere Hürden schaffen. Wir wollen ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel. Jede antisemitische Einstellung, auch unterhalb des Strafrechts, führt zukünftig zum Ausschluss der Einbürgerung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir machen hier heute konkrete Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich erwarte von den Koalitionsfraktionen, dass sie sich diesem Grundgedanken anschließen und dann mit uns in eine Debatte über die konkrete Umsetzung dieses Grundgedankens einsteigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Johannes Fechner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603909
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass u. Hetze
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