17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 27

Hakan DemirSPD - Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass u. Hetze

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauende! Heute ist in diesem Raum auch meine Familie, und darüber freue ich mich. Ich freue mich auch, jetzt noch mal über die letzten Wochen berichten zu können. Aus meinem Wahlkreis Neukölln, der ja tatsächlich häufiger jetzt auch auf der Agenda stand, kann ich berichten, dass ich mich vor einigen Wochen mit muslimischen Vertreterinnen und Vertretern und jüdischen Vertreterinnen und Vertretern getroffen habe. Und es war von Anfang an ganz klar, dass man den Terror der Hamas vom 7. Oktober verurteilt. Und es war ganz klar, dass man auch die Demonstrationen, die es auf der Sonnenallee und in anderen Orten gegeben hat, gemeinsam verurteilt hat. Und das macht mir erst mal Mut.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich weiß aber auch, dass Menschen in dieser Gruppe Verwandte in Gaza genauso wie in Israel verloren haben. Da ist ein unglaublicher Schmerz. Doch allen ist klar, dass die Menschen, die diese Demonstration gemacht haben, die sich gefreut haben über den Tod der Zivilistinnen und Zivilisten, nicht für Berlin, nicht für Essen und auch nicht für Deutschland sprechen. Es ist eine kleine Minderheit, und diese kleine Minderheit müssen wir mit den Mitteln des Rechtsstaats bestrafen.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Sie relativieren!)

Und deshalb verstehe ich auch das Argument des Kollegen vorher nicht, wir würden jetzt nur über Dialog und nur über das Reden sprechen. Das stimmt nicht.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das hat Ihre Vorrednerin gemacht!)

Wir haben hier auch über Repression gesprochen. Aber wir können uns nicht nur an Repression halten, sondern wir müssen gleichzeitig auf Prävention gehen; wir müssen auf Dialog gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Genau unser Argument!)

Und was wir heute auch gehört haben: Natürlich gibt es seit den letzten Wochen einen gewissen Generalverdacht gegenüber bestimmten Gruppen in dieser Gesellschaft.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das behaupten nur diese Gruppen! Keiner spricht das aus!)

In diesem Zusammenhang will ich zum Thema Einbürgerung hier auch klar sagen: In den letzten 20 Jahren wurden 2,7 Millionen Menschen in diesem Land eingebürgert. Das sind Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben, ein Teil dieses Landes sind, die die Sprache gelernt haben, die sich in diese Gesellschaft eingelebt haben.

(Fabian Jacobi [AfD]: Oder auch nicht!)

Und es ist auch klar, dass sie eine Loyalitätserklärung unterschrieben haben. Das steht auch in diesem Gesetz. Sie haben sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und insbesondere zum Ausschluss jeder Gewalt und Willkürherrschaft und zu den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten bekannt. Ich würde mir wünschen, dass sich gedanklich nicht nur diese 2,7 Millionen Menschen, sondern natürlich 84 Millionen Menschen zu diesen Werten bekennen. Das ist wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Und die restliche Million? Wir sind 85 Millionen!)

Wir müssen all das, was falsch läuft, benennen. Zugleich muss unser Handeln immer auf Zusammenhalt ausgerichtet sein, nicht auf Spaltung. Wir werden am Ende des Tages nicht nur auf Repression setzen können. Und ich will auch noch mal klarmachen: Im Staatsangehörigkeitsgesetz – weil da auch gerade Falschbehauptungen in der Kommunikation vorkommen – steht schon jetzt, dass sich jede Person zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen muss. Auch schon jetzt steht drin, dass jede Person, die sich einbürgern lässt, durchgecheckt wird. Der Verfassungsschutz checkt diese Personen durch.

(Zuruf des Abg. Detlef Seif [CDU/CSU])

Und auch schon jetzt steht drin: Wenn jemand bei der Einbürgerung arglistig getäuscht hat, kann man dieser Person den deutschen Pass bis zu zehn Jahre rückwirkend wieder wegnehmen. All das steht bereits in dem Gesetz.

(Fabian Jacobi [AfD]: Dann fangen wir doch mal an damit!)

Wir gehen aber noch einen Schritt weiter. Wir werden in die Reform noch reinschreiben, ganz konkret: Was heißt denn „freiheitlich-demokratische Grundordnung“? Wir werden reinschreiben: Jede Person, die antisemitisch ist, die rassistisch, die menschenverachtend ist, darf nicht eingebürgert werden. Das werden wir auch in die Reform einbringen. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie hier reinrufen: Diese Reform soll gestoppt werden. – Das verstehe ich nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Bei dem Treffen, von dem ich anfangs gesprochen habe – mit der muslimischen Seite, mit der jüdischen Seite –, habe ich natürlich ganz schnell gespürt, dass dieser Schmerz unbeschreiblich ist, weil, wie gesagt, beide Seiten Menschen verloren haben. Ich habe aber auch gespürt, dass diese Menschen den absoluten Willen haben, hier in Deutschland gemeinsam ein friedfertiges, ein friedliches Leben zu führen.

(Stephan Brandner [AfD]: Geschwafel, Herr Demir! Fürchterlich!)

Deshalb sage ich auch hier noch mal ganz klar: Wir müssen auf Repressionen setzen, aber wir müssen auch auf Dialog setzen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Meine Güte! Unerträgliches Rumgesülze!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603930
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass u. Hetze
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