17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 29

Lars LindemannFDP - Arzneimittelversorgung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte auch ich, liebe Kollegen von der Union, mich dafür bedanken, dass Sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir reden hier über Daseinsvorsorge; das ist etwas Wichtiges in unserem Land. Deswegen macht es auch Sinn, dass wir uns vergewissern, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Ich glaube, ich kann Ihnen das bestätigen.

Was hat die Koalition gemacht? Wir haben uns mit dem ALBVVG auf den Weg gemacht, und zwar die Dinge in den Blick zu nehmen, die jetzt nicht unbedingt zu lösen leichter geworden sind.

An der Stelle ein kleiner Ausflug, Frau Kollegin Sitte: Es ist oder es war eine gute Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland, dass wir die Herstellung von pharmazeutischen Produkten Unternehmern überlassen haben. Ich stelle mir mit Grausen vor, was passieren würde – ich will eigentlich überhaupt nicht darüber nachdenken –, wenn das in staatlicher Hand wäre. Deswegen: Reden Sie nicht das schlecht, womit die Bundesrepublik über viele Jahrzehnte gut gefahren ist. Wir haben Nachsteuerungsbedarf, ja. Aber dass wir zu einer staatlichen Arzneimittelproduktion übergehen, glaube ich, will niemand außer Ihnen hier in diesem Haus.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])

Wir haben also auf diejenigen zu schauen, die an der Lösung der Probleme in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt sind. Das sind die pharmazeutischen Unternehmer, die Großhändler und die Apotheker.

Wie tun wir als Politik das? Wie tut das die Exekutive? Wir haben zunächst den Beirat beim BfArM gestärkt. Ich habe gerade schon gesagt, dass die Rahmenbedingungen seit dem Urteil in Karlsruhe nicht leichter geworden sind. Aber wir haben es dennoch geschafft, in den Haushaltsberatungen für den Einzelplan 15 jetzt noch nachgängig durchzusetzen, dass das, was das BfArM in diesem Zusammenhang leisten soll, auch möglich ist, und da ein Stück weit nachgesteuert. Das zeigt, dass diese Koalition trotz dieser neuen Herausforderungen sehr wohl handlungsfähig ist und auch an den Stellen handlungsfähig ist, auf die es ankommt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Zweite. Wir haben uns in diesem BfArM-Beirat bisher – und das kann man durchaus erweitern – damit beschäftigt, was an Arzneimitteln in Deutschland schon mal auf dem Markt war und was jetzt nicht mehr verfügbar ist. Wir müssen diesen Blick, meine ich, auf einen 360-Grad-Blick erweitern. Wir müssen uns auch damit beschäftigen, was unseren Arzneimittelmarkt nicht mehr erreicht, weil die Rahmenbedingungen eben nicht mehr so optimal sind. Deswegen ein 360-Grad-Blick.

An dieser Stelle darf ich aber auch noch mal sagen – die Kollegin Stamm-Fibich hat es schon erwähnt –: Trotz all der Schwierigkeiten gibt es große amerikanische Unternehmen, die sehr trocken nach Rahmenbedingungen darüber entscheiden, wo sie investieren, und die in Deutschland investieren. Und ich sage es jetzt auch: Lilly hat 2,5 Milliarden Euro Investitionen in Deutschland angekündigt. Das zeigt, dass der Standort Deutschland so unattraktiv nicht ist. Wir müssen weiter daran arbeiten, ja. Aber das tun wir.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann würde ich gern noch einen Satz zu den Apothekern sagen. Wir haben heute ja den Protesttag der Apotheker. Die persönliche pharmazeutische Beratung der Apothekerinnen und Apotheker vor Ort ist uns als Koalition sehr wichtig; wir wertschätzen das auch.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese lösen genau das Versprechen ein, das wir geben, nämlich einen Versorgungserfolg mit Medikamenten herbeizuführen.

Für Fälle, in denen das nicht möglich ist, haben wir uns Gedanken gemacht und im ALBVVG unterschiedliche Instrumente entwickelt, wie man das durch Substitution und anderes erleichtern kann. Wir haben die Retaxation eingeschränkt, sodass die Kassen am Ende, wenn ein Versorgungserfolg herbeigeführt worden ist, dafür auch bezahlen müssen. Dazu machen Sie von der Union jetzt einen sehr sinnvollen Vorschlag, den wir gerne aufnehmen. Wenn es zum Beispiel nur möglich ist, den Versorgungserfolg durch einen Off-Label-Use herbeizuführen, dann ist das nach meinem Dafürhalten auch ein Fall, bei dem man die gesetzlichen Krankenkassen verpflichten muss, dafür zu bezahlen; denn der Versorgungserfolg ist das Ziel, das wir alle haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn wir in einer Notsituation also diesen Weg gehen müssen, dann ist das ein vernünftiger Weg.

Flexibilität ist also das Maß der Dinge. Und ja, wir wissen, dass die Vergütung der Apotheker über viele Jahre nicht angehoben worden ist. Darüber wird zu reden sein. Ja, das ist richtig. Aber dennoch haben wir zunächst einmal zu schauen, dass wir die Rahmenbedingungen für die Versorgung verbessern. Und dann kann man auch über dieses Thema sprechen.

Am Ende zu den pharmazeutischen Unternehmern. Ich habe es schon gesagt: Wir von der FDP, aber auch diese Koalition hält es für eine gute Entscheidung, dass wir pharmazeutische Unternehmer in diesem Land haben, die Arzneimittel in diesem Land herstellen, die hier daran forschen. Wir müssen die Rahmenbedingungen für diese pharmazeutischen Unternehmen stabilisieren. Deswegen wird es ein AMNOG 2.0 geben.

Wir haben uns auf den Weg gemacht. Es wird auch im Kanzleramt einen Dialog geben, wo wir uns genau mit dieser Fragestellung beschäftigen werden, an dessen Ende dann natürlich ein gesetzgeberischer Auftrag stehen wird. Dabei wird es darum gehen, dass es Rahmenbedingungen in diesem Land braucht, unter denen pharmazeutische Unternehmer hier auch langfristige Entscheidungen treffen können. Und ja, wir als Politik müssen ein Stück Enthaltsamkeit üben lernen beim nachgängigen Eingreifen in Preisfindungsmechanismen, die in der Selbstverwaltung bei uns implementiert sind.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Georg Kippels für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603957
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Arzneimittelversorgung
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