Anja SchulzFDP - Gesetzliche Rentenversicherung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim Lesen des Antrags hatte ich das Gefühl, dass Die Linke noch einmal alles gegeben hat, um hier etwas zum Thema Rente zu sagen.
(Christian Görke [DIE LINKE]: Ja! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Danke schön!)
Das ist Ihnen an der Stelle wirklich gelungen; denn bei der Forderung, dass Arbeitgeber künftig mehr als die Hälfte der Rentenversicherungsbeiträge zahlen sollen, stellt sich mir die Frage, ob Sie in den letzten Wochen und Monaten mal die Zeitung aufgeschlagen haben.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Nein! Natürlich nicht!)
Überall in der Bundesregierung suchen wir nach Möglichkeiten, Unternehmen zu entlasten.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Deshalb erhöhen Sie die Sozialbeiträge!)
Erst heute Morgen haben wir dazu das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Viele Unternehmen operieren gerade am Limit, müssen Investitionen vertagen – und Sie schlagen vor, dass sie noch weiter belastet werden. Also, schon im normalen Fahrwasser ist dieser Antrag sehr wild und aktuell extrem.
(Beifall bei der FDP)
Ich will den kritischen Stimmen hier nicht beipflichten, aber wir können nicht ignorieren, dass auch in der Gesellschaft eine Debatte darüber entbrannt ist, ob sich Arbeit überhaupt noch lohnt. Anders kann ich mir an der Stelle auch nicht erklären, dass Sie fordern, die Beitragssätze anzuheben und die Beitragsbemessungsgrenze zu verdoppeln. Mit der Beitragsäquivalenz, die Sie aufheben wollen, wollen Sie auch gleich noch sicherstellen, dass ausgerechnet diejenigen, die besonders viel einzahlen, exakt nichts von dieser Beitragsanpassung haben.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Doch, die Hälfte!)
– Nein. – Es ist weder die Verantwortung der Arbeitgeber noch der heutigen Beitragszahler, für die versäumten Rentenreformen der letzten Jahrzehnte die Zeche zu zahlen. Der Wille zur Veränderung, der nötig gewesen wäre, war leider immer deutlich kleiner als der Wille, bei der nächsten Wahl gut dazustehen.
Deshalb fordern junge Menschen zu Recht, dass sie nicht für die Probleme zahlen müssen, die schon bei ihrer Geburt hätten gelöst sein können,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
zum Beispiel vor 24 Jahren, als man in Schweden die teilweise Kapitaldeckung in die gesetzliche Rente eingeführt hat. Hier hat der staatliche Standardfonds über 20 Jahre eine Durchschnittsrendite von 11 Prozent für die zukünftigen Rentner eingefahren. Ich lehne das Argument an der Stelle ab, dass es für uns hier in Deutschland zu spät sei, eine teilweise Kapitaldeckung einzuführen; denn wenn wir uns mal Statistiken anschauen und nicht irgendwelchen Untergangspropheten glauben, dann können wir davon ausgehen, dass der Kapitalmarkt auch in Zukunft steigen wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Linke hält es einerseits für unrealistisch, dass das Generationenkapital irgendeinen nennenswerten Effekt haben könnte; andererseits unterstellen Sie aber, dass das Generationenkapital das Potenzial hat, die Kapitalmärkte komplett aus den Fugen geraten zu lassen und das Wohnen zu verteuern, Pflegegebühren zu verteuern und auch den Lohndruck deutlich zu erhöhen. Ich weiß jetzt nicht, an welcher Stelle Sie sich da uneins sind; mich verwirrt das Ganze.
Ich sage nüchtern und realistisch: Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Generationenkapital in Zukunft keine signifikanten Auswirkungen auf den globalen Kapitalmarkt haben wird.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Die Linke scheint auch kein Problem damit zu haben, mal eben den Beitragssatz um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, gerade einmal durchschnittlich 36,34 Euro weniger, um das Rentenniveau zu erhöhen. Wen kümmert’s schon? Wenn ich heute 36 Euro monatlich in einen Fondssparplan für 45 Jahre anlege, kommen bei konservativer Rechnung knapp 100 000 Euro raus. Das würde bedeuten, dass derjenige, der heute anfängt, in die Rente einzuzahlen, im Alter knapp 400 Euro mehr Rente hätte. Das wäre doch mal eine gute Idee.
(Beifall bei der FDP)
Aber das ist dann wieder das Thema der finanziellen Bildung, das wir ja an anderer Stelle behandeln wollen.
Ich finde es sehr spannend, wie Die Linke uns im Antrag bereits vorgibt, wie wir über dieses Geld zu denken haben. Wenn es nämlich um das Geld der Beitragszahler geht, ist es ein bescheidener Beitrag. Wenn es aber um das Geld der Rentner geht, ist es lebensstandardsichernd. Das – mal ganz nebenbei – ist natürlich grundfalsch. Denn auch heute ist es so: Wenn ich in meinem Erwerbsleben 100 Prozent habe und am Ende nur mit 48 Prozent oder 53 Prozent, wie Sie es verlangen
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Vor Steuern!)
– ja, das ist richtig –, in Rente gehe, dann ist das reichlich wenig, verglichen mit dem Lebensstandard, den ich vorher hatte. Ich würde mich freuen, wenn Sie einfach aufhörten, den Menschen solche Märchen zu erzählen. Damit beugen Sie Altersarmut noch am besten vor.
(Beifall bei der FDP)
Max Straubinger ist für die Unionsfraktion der nächste Redner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603981 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 138 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzliche Rentenversicherung |