17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 30

Ingo SchäferSPD - Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD steht an der Seite der verfassungstreuen Beamten. Wir wissen, dass 99,9 Prozent der rund 245 000 Bundesbeamten unserem Staat treu dienen und für das Grundgesetz einstehen. Lediglich für die sehr kleine Gruppe der verfassungsfeindlichen Beamten brauchen wir das Disziplinarrecht. Wie klein diese Gruppe ist, zeigt die Statistik. In den vergangenen zwei Jahren wurden zwei Dutzend Beamte aus dem Dienst entfernt. Das waren 24 Beamte von 245 000.

Die demokratischen Parteien in diesem Haus sind sich einig: Wir dulden keinen einzigen Verfassungsfeind im Staatsdienst.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])

Und deshalb brauchen wir die Möglichkeit, Extremisten schnell zu entfernen. Extremisten sind Verfassungsfeinde. Der Begriff „Verfassungsfeind“ umfasst sämtliche Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und somit gegen die Grundwerte der parlamentarischen Demokratie richten. Praktisch handelt es sich hierbei vor allem um Rechtsextremisten.

Die Strafe für extremistische Beamte ist, dass sie aus dem Dienst entfernt werden. Zudem verlieren sie ihren Anspruch auf ihre Bezüge bzw. auch auf ihr Ruhegehalt. Für die SPD ist klar: Wer diesem Staat untreu ist, hat seinen Fürsorgeanspruch verwirkt.

Die Möglichkeit zur Entfernung solcher Verfassungsfeinde gibt es schon heute, aber die Verfahren dauern einfach zu lange. Deshalb sieht der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vor, Verfassungsfeinde schneller als bisher aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Kurzer Prozess! Zack, zack!)

– Bleiben Sie ruhig! Vielleicht sollten Sie besser zuhören. Glauben Sie mir, da ist auch ein richtig schöner Passus für Sie dabei. – Wir wollen mit den Änderungen von einer Entfernung durch Klage zur Entfernung durch Verwaltungsakt die Verfahrensdauer von heute im Schnitt von vier auf zwei Jahre halbieren. Dabei muss der Dienstherr weiterhin im Einzelfall beweisen, dass der Beamte ein Verfassungsfeind ist. Der Beschuldigte kann gegen den Verwaltungsakt Widerspruch einlegen und bei Erfolglosigkeit klagen. Wie bei jedem Disziplinarverfahren muss der Dienstherr beweisen, dass eine Verfehlung – in diesem Fall verfassungsfeindliches Verhalten – vorliegt. Das ist so, und das bleibt auch in Zukunft so.

Selbstverständlich können wir von jedem Staatsdiener erwarten, dass er seine hoheitlichen Aufgaben treu und pflichtbewusst wahrnimmt. Bundesbeamte leisten einen Eid auf die Verfassung. Jetzt extra für Sie: Die Treuepflicht fordert vom Beamten – so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt, ich zitiere –:

„dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.“

Und weiter – ich zitiere –:

„Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift.“

Konkret heißt das: Wer einer als gesichert rechtsextremen Organisation oder Partei angehört, der kann weder Bundesbeamter noch Richter noch Bundeswehrsoldat werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, politische Treuepflicht bewährt sich gerade in Krisenzeiten. In einer solchen Krisenzeit befinden wir uns – daran besteht wohl kein Zweifel –: Coronapandemie, menschengemachter Klimawandel, Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und daraus resultierende Fluchtbewegungen. Das ist die Lage. Gerade in Krisenzeiten sind wir auf eine fähige Mannschaft angewiesen, die unser Schiff auf Kurs hält. Verfassungsfeinde, die die Beamtenschaft von innen und nach außen sabotieren, brauchen wir nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine wehrhafte Demokratie, die die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums respektiert, braucht die notwendigen Instrumente, um Verfassungsfeinde schnell und rechtssicher entfernen zu können.

Herr Kollege.

Wir stehen zu unseren verfassungstreuen Beamten und schützen sie vor Extremisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Nicolaisen für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604004
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung
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