17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 32

Falko DroßmannSPD - Entfernung von Verfassungsfeinden aus der Bundeswehr

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man stelle sich vor, ein Geselle in einem Handwerksbetrieb ist unzufrieden mit seinem Chef oder mit seinem Betrieb und dann sagt er: Ich mache jetzt was dagegen. – So weit, so gut; das kann es häufiger geben. Aber: Er legt Feuer im Betrieb, und er nimmt billigend in Kauf oder er will sogar, dass seine Kolleginnen und Kollegen und sein Chef dabei ums Leben kommen. Was passiert dann im wahren Leben? Er wird natürlich fristlos entlassen; es fangen natürlich Ermittlungen an. Nicht so allerdings bei der Bundeswehr: Wenn jemand länger als vier Jahre dabei ist, dann wird er suspendiert oder auch sie im Übrigen suspendiert,

(Beatrix von Storch [AfD]: Oder es!)

bekommt weiter volle Dienstbezüge, bekommt weiter freie Heilfürsorge ohne irgendeine Zuzahlung, erwirbt weiter Pensionsansprüche, und das vier Jahre oder, wie im Fall Franco A., sechs Jahre lang. Man kann ehrlicherweise keinem Menschen in diesem Land erklären, dass so was möglich ist.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Jetzt könnte man argumentieren, meine Damen und Herren: Es gibt doch eine Treue- und eine Fürsorgepflicht des Dienstherrn. – Ja, aber noch mal genau nachlesen: Das ist eine gegenseitige Treue- und Fürsorgepflicht. Und eine der beiden Seiten hat diese Treuepflicht aufgekündigt, und zwar in Wort und Tat, und deshalb zählt sie an dieser Stelle nicht mehr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP] – Beatrix von Storch [AfD]: Es geht doch um die Feststellung, ob das so ist!)

– Frau von Storch, jetzt brüllen Sie nicht wieder dazwischen!

Die Anhörung ist häufiger zitiert worden. Was wurde da alles gesagt: Alle bisherigen Instrumente reichen vollkommen aus, es müssten nur die Truppendienstgerichte besser ausgestattet werden. – Ja, wer hat denn die Zahl der Truppendienstgerichte in unserer Bundesrepublik reduziert?

(Zuruf der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

Das waren Ihre Verteidigungsminister, weil sie gesagt haben: Das Verfahren ist gut, wir reduzieren mal die Zahl der Gerichte. – Das passt nicht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihr könnt es doch besser machen!)

Dann wird gesagt: Wir brauchen kein Gesetz. Es handelt sich doch nur um 0,022 Prozent der Soldatinnen und Soldaten, zwölf in der sogenannten Kategorie Rot. – Zwölf Menschen, zwölf Soldatinnen und Soldaten, die Zugang zu Kriegswaffen haben können. Das ist der wesentliche Punkt. Deshalb muss hier konsequent etwas getan werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es wird gesagt – und das finde ich ehrlicherweise erschütternd, liebe Union –: Den Dienstvorgesetzten, also den Disziplinarvorgesetzten beider Ebenen, also sowohl den Chefs als auch den Kommandeuren, fehle doch die Kompetenz, schwerwiegende extremistische Handlungen zu erkennen.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Generalverdacht!)

Darüber hinaus wäre ja ein Machtmissbrauch möglich aufgrund verletzter Einzelheiten, nein, Eitelkeiten; dieses Wort kenne ich nicht.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ja, was haben Sie denn für ein Bild von unseren Disziplinarvorgesetzten,

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

von unseren Truppenführerinnen und Truppenführern? Das ist hochqualifiziertes Personal, dem Sie das Leben unserer Soldatinnen und Soldaten anvertrauen. Bitte, liebe Union, wenn Sie sich in der Bundeswehr nicht auskennen, dann machen Sie Truppenbesuche, sprechen Sie mit den Soldatinnen und Soldaten.

(Kerstin Vieregge [CDU/CSU]: Es ist aber am Montag gesagt worden, nicht nur von einem!)

Es wurde eben auch angesprochen, die neue Regelung führe bei Berufssoldatinnen und Berufssoldaten und Soldatinnen und Soldaten auf Zeit über vier Jahre zu einer nach 1945 nie dagewesenen existenziellen Unsicherheit. Darauf möchte ich überhaupt nicht eingehen; denn die Wehrmacht spielt in keinem Punkt, aber auch in gar keinem Punkt irgendeine Rolle für unsere Bundeswehr, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Satz zur Gefahr der Willkür:

(Henning Otte [CDU/CSU]: Der reicht dann auch!)

Dagegen spricht, dass – erstens – der erste Disziplinarvorgesetzte es beantragen musst, es – zweitens – zum Kommandeur geht, der es gutheißen und eine eigene Stellungnahme schreiben muss. Dann geht es – drittens – an die personalführende Dienststelle BAPersBw, dort findet die Rechtsförmlichkeitsprüfung statt. Dann wird der Soldat, die Soldatin entlassen und bekommt weiter 50 Prozent der Bezüge, aus Fürsorgegründen. Mehr geht nun wirklich nicht.

Ich möchte an der Stelle den Vorsitzenden des Deutschen BundeswehrVerbandes zitieren: Es handelt sich hier nicht um eine Regelanwendung. – Das sagt auch keiner. Dafür haben wir weiterhin § 55 Soldatengesetz. Es handelt sich hier um einen Notausknopf, und in diesen Fällen ist ein Notaus auch dringend notwendig.

Und jetzt mache ich aus. Danke.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Henning Otte hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604021
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Entfernung von Verfassungsfeinden aus der Bundeswehr
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