17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Zusatzpunkt 15

Martin PlumCDU/CSU - Videokonferenztechnik Zivil- und Fachgerichtsbarkeit

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es um die Förderung von Videokonferenztechnik an Gerichten geht, sind Regeln das eine, Ressourcen das andere. Fangen wir mit den Regeln an. Der Gesetzentwurf enthält einige gute Regeln: Der Einsatz von Videokonferenztechnik wird erweitert, Videoverhandlungen werden auf geeignete Fälle begrenzt, und ihre Durchführung wird einfacher und planbarer.

Es gibt aber auch schlechte Regeln: Die Entscheidung, ob eine Verhandlung in Präsenz oder per Video stattfindet, wird in vielen Fällen dem freien richterlichen Ermessen entzogen. Die Ablehnung einer beantragten Videoverhandlung wird einer ausführlichen Begründungspflicht unterworfen. Das ist nicht nur unnötige Mehrarbeit für die Gerichte; das ist vor allem Ausdruck eines tiefen Misstrauens der Ampel gegenüber den Richterinnen und Richtern in unserem Land.

(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Nicht wahr!)

Heute Mittag haben Sie unseren Strafrichtern mit dem Gesetzentwurf zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung vorgehalten, Entscheidungen regelmäßig auf Grundlage von Erinnerungslücken zu treffen. Heute Abend werfen Sie nun unseren Zivilrichtern vor, Videoverhandlungen ohne Grund abzulehnen. Beide Gesetze sind ein einziges Misstrauensvotum der Ampel gegenüber den Richterinnen und Richtern in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Helling-Plahr [FDP]: Unfug! – Sonja Eichwede [SPD]: Das stimmt nicht!)

Misstrauen schafft auch Ihre Idee, dass Richter künftig im Homeoffice verhandeln sollen.

(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Dürfen!)

Ein Richter schrieb mir dazu diese Woche:

„Ich kenne … keine Kollegen, die unbedingt im ,Homeofficeʼ verhandeln wollen, aber viele, die Sorge haben, die Würde des Gerichts könnte bei einer Videoverhandlung vom heimischen Schreibtisch aus … leiden.“

(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Ja, dann lassen sie es doch einfach! – Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie dürfen! Keiner muss!)

Wie berechtigt diese Sorge ist, kann jeder auf „Legal Tribune Online“ nachsehen. Über Ihren Gesetzentwurf wird dort mit der Überschrift „Komfortables Zivil-Richterleben“ berichtet. Darunter prangt ein Bild, das einen Richter in Robe mit einem Laptop auf dem heimischen Sofa sitzend zeigt, direkt daneben ein Teddybär. Das Ganze wird dann durch die Unterschrift gekrönt: „So ungefähr … könnte es aussehen, wenn Richter bald Urteile von zu Hause verkünden.“

(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Wir haben Vertrauen in unsere Richter, dass sie das nicht tun!)

Solche Überschriften und solche Bilder schafft Ihr Gesetzentwurf. Solche Bilder und solche Überschriften schaden dem Ansehen unserer Richter und unserer Gerichte. So stärken Sie das Vertrauen in unseren Rechtsstaat gerade nicht!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schließlich haben Sie von der Ampel auch eins immer noch nicht verstanden: Entscheidend für eine digitale Justiz sind nicht immer neue Regeln, sondern neue Ressourcen.

(Beifall der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])

Es reicht eben nicht, jedes Quartal ein Gesetz mit dem Label „Digital“ zu versehen und hier zu beschließen. Eine digitale Justiz braucht gutes Personal, braucht moderne Räume, braucht eine bessere technische Ausstattung. Dafür reicht es nicht, einzelne digitale Leuchttürme zu fördern. Dafür reichen nicht 50 Millionen Euro pro Jahr auf die Legislatur gerechnet.

Dafür braucht es Hilfe in der Fläche; dafür braucht es den Pakt für den Rechtsstaat. Lösen Sie dieses Versprechen aus Ihrem Koalitionsvertrag endlich ein! Sorgen Sie endlich für neue Ressourcen statt für immer neue Regeln!

(Beifall der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])

Denn dann fördern Sie den Einsatz von Videokonferenztechnik an unseren Gerichten in ganz Deutschland wirklich.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Helling-Plahr [FDP]: Wenn Ihnen nicht mehr einfällt!)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Plum. – Nächste Rednerin ist die Kollege Sonja Eichwede, SPD-Fraktion, mit einem Sieben-Minuten-Beitrag.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604048
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Videokonferenztechnik Zivil- und Fachgerichtsbarkeit
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