17.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 138 / Zusatzpunkt 16

Markus HerbrandFDP - Aktuelle Stunde: Cum-Ex - Konsequenzen für den Kanzler

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aufarbeitung der in den Amtszeiten der Finanzminister Eichel, Steinbrück und Schäuble abgewickelten Betrugsgeschäfte Cum-ex und Cum-cum beschäftigen auch heute noch zahlreiche Juristinnen und Juristen. Der Rechtsstaat darf und wird sich nicht von Kriminellen vorführen lassen. Die bereits ergangenen Urteile zu Rückzahlungen und persönlichen Strafen für die am Betrug Beteiligten zeigen ganz klar, dass die Justiz objektiv und erfolgreich arbeitet.

Diese Objektivität gilt es selbstverständlich auch in der Beurteilung möglicher Mitverursacher in der Politik anzuwenden. Der heutige Bundeskanzler und ehemalige Finanzminister Olaf Scholz bildet dabei keine Ausnahme. Deshalb sind meines Erachtens alle Vorgänge eher kontraproduktiv, die auch nur den leisesten Eindruck einer unrechtmäßigen Einflussnahme der Politik erwecken. Unabgestimmte Umstrukturierungen in den Cum-ex-Abteilungen der Ermittlungsbehörden sind daher ebenso misslich wie die eigenmächtige Entwendung von Beweismitteln für die Arbeit Parlamentarischer Untersuchungsausschüsse. Mit diesen beiden Vorgängen haben die Beteiligten sich selbst und der Politik einen Bärendienst erwiesen. Auch wenn hier möglicherweise rechtlich und verwaltungstechnisch – es ist gesagt worden – nichts zu beanstanden ist, muss allen Beteiligten der verheerende Eindruck bewusst sein, der bei den Menschen entstand. Derartiges darf sich meines Erachtens nicht wiederholen.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Arbeit der Staatsanwaltschaften weiter zu stärken. Zuständigkeitshalber ist hier vor allem die NRW-Landesregierung in der Pflicht, jedem Eindruck einer Schwächung der erfolgreichen Arbeit der Cum-ex-Hauptabteilung in Köln entgegenzuwirken.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Es gibt zusätzliche Ermittler! Es gibt ja mehr Stellen! – Gegenruf des Abg. Michael Schrodi [SPD]: Nee, nee, nee, Herr Hauer, da kommen Sie nicht raus! Da wollen Sie die Aufklärung nämlich schwächen!)

Personalaufwuchs und Kompetenzstärkung erscheinen mir, zumindest auf den ersten Blick, besser geeignet zu sein als die ursprünglich geplante Aufspaltung.

Beim in Hamburg entwendeten Laptop steht für mich außer Frage, dass nur durch eine objektive Prüfung von außen versucht werden kann, verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen. Mir persönlich ist absolut unverständlich, wieso man durch dieses Handeln neuen Vorwürfen Haus und Hof öffnet. Die naheliegende Vermutung, dass Daten manipuliert oder gelöscht worden sind, ist, wenn überhaupt, nur durch absolute Transparenz zu entkräften, auch wenn die rechtlichen Möglichkeiten gegenüber den persönlich Verantwortlichen uneingeschränkt ausgeschöpft werden. Alles andere würde zu Recht Zweifel auslösen, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht.

Genau diesen Eindruck hat erfreulicherweise das Gerichtsurteil gegen den ehemaligen Chef der Hamburger Warburg Bank, Christian Olearius, vom vergangenen Montag deutlich widerlegt. So hat das Gericht zwei Dinge sehr deutlich gemacht: Die Warburg Bank hat kein Recht auf Rückerstattung von Kapitalertragsteuern, und die Stadt Hamburg hat ihre Ansprüche weder verjähren lassen noch Absprachen mit Herrn Olearius getroffen. – Unterm Strich sind damit aus meiner Sicht lange gepflegte Verschwörungstheorien zunächst einmal in sich zusammengebrochen.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: So sieht es aus!)

Das Urteil zeigt, dass unser Rechtsstaat funktioniert.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, dass derartige Entscheidungen nicht auf Empörungsorgien diverser Oppositionspolitiker, sondern allein auf Recht und Gesetz basieren. Dieser Grundsatz muss auch bei der Bewertung möglicher Fehler von Bundeskanzler Scholz in seiner Funktion als Erster Bürgermeister Hamburgs oder als Bundesfinanzminister gelten. Durch die ständige Wiederholung von Zweifeln, Vermutungen und Unterstellungen gewinnt ein Sachverhalt nicht wirklich an Wahrheitsgehalt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Warum wollt ihr dann nicht aufklären? – Kay Gottschalk [AfD]: Dann stimmen Sie doch einem Untersuchungsausschuss zu! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir könnten schon viel weiter sein!)

Das einzige Ziel der Opposition, das Thema möglichst lange am Köcheln zu halten, schadet aus meiner Sicht der Glaubwürdigkeit der gesamten Politik, solange keine handfesten Beweise für ein Fehlverhalten oder absichtliche Falschaussagen vorliegen.

Ich bin mir sicher, dass sich zahlreiche Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in unserem Land sehr intensiv mit der möglichen Rolle von Herrn Scholz auseinandergesetzt haben. Offenkundig wurde dabei aber kein rechtliches Fehlverhalten ermittelt. Und – das ist Rechtsstaat – dann erfolgt auch keine Anklage. Es hilft einfach niemandem, wilde Verschwörungstheorien zu stricken, ohne auch nur irgendetwas beweisen zu können. In diesem Sinne ist die AfD heute wieder einmal auf der falschen Fährte unterwegs. Sie sollte ihre plumpen Versuche der Diskreditierung zurückstellen, solange sie nichts Verwertbares in der Hand hat.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Herbrand. – Nächster Redner ist der Kollege Jörn König, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604063
Wahlperiode 20
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Cum-Ex - Konsequenzen für den Kanzler
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