Mechthild HeilCDU/CSU - Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir schauen bei der CO2-Bilanz im Gebäudebereich immer auf den Betrieb oder die Nutzung der Gebäude. Das ist natürlich auch bei älteren Gebäuden richtig, weil bei ihnen während der Nutzung die größten Emissionen anfallen. Wenn man dann aber auf die neueren, also die moderneren, energieeffizienten Gebäude guckt, dann sieht das komplett anders aus: Hier fallen die Emissionen an, wenn gebaut wird bzw. wenn die Gebäude abgerissen werden und dann in die Verwertung gehen, also in die Entsorgung.
Eine reine Fokussierung auf den Betrieb kann also besonders bei Neubauten zu Fehlanreizen führen, und diesen Effekt kennen wir alle: Jede kleine Einsparung muss dann teuer erkauft werden, mit hohen Kosten für einen riesigen Materialaufwand und Energie. In der Branche – wir reden immer alle davon – subsumieren wir das unter dem Begriff „Dämmwahn“. Uns ist klar: Das ist ineffizient; das hilft dem Klima nicht, und natürlich treibt es auch die Baukosten. Und das ist an der Stelle etwas, was wir alle in Deutschland natürlich nicht wollen: die Baukosten noch weiter treiben.
Nun, was tun dann die lieben Kollegen der Ampel? Wenn ich mir den Bericht der Bundesregierung zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden anschaue, dann wird mir echt angst und bange.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Was?)
Wie können Sie mit diesem wirklich ernsthaften und wichtigen Thema so dilettantisch umgehen? Haben Sie eigentlich nichts aus der Vergangenheit, aus dem Heizungsgesetz gelernt? Gut gemeint ist auch an der Stelle nicht gleich gut gemacht.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wovon redet sie? – Gegenruf des Abg. Bernhard Daldrup [SPD]: Ich weiß nicht, wovon sie redet!)
Ihr Wunschdenken ist nicht realitätsnah. Eine ökobilanzielle Bewertung von Gebäuden ist komplex; sie ist aufwendig, und, ja, sie braucht auch große Sorgfalt in der Vorbereitung.
Ich will Ihnen das mal an ein paar praktischen Beispielen erklären. Ingenieure von der Uni Kaiserslautern haben sich mal die Mühe gemacht, für verschiedene Systeme im Geschossdeckenbereich einen kompletten ökobilanziellen Vergleich aufzustellen – Geschossdecken deswegen, weil sie im Bau einen Anteil von 40 Prozent an den tragwerksbedingten Emissionen haben. Ich verrate es Ihnen vorab: Die Ingenieure sind ziemlich desillusioniert, weil es erhebliche Unsicherheiten in dem Bereich gibt.
Ich gebe Ihnen ein anderes konkretes Beispiel: In Ihrem Bericht wird die ÖKOBAUDAT ja unglaublich gelobt. Aber die Ingenieure stellen fest: Zum einen werden die Daten zu den Berechnungen gar nicht geliefert, und zum anderen gibt es widersprüchliche Werte. Also, womit soll man rechnen?
(Bernhard Daldrup [SPD]: Was redet sie?)
Konkrete Daten für die Gegenwart, also wenn ich jetzt gerade ein Gebäude baue, sind wirklich sehr schwer zu finden.
Ein Beispiel: der Baustahl. Da hängt die Ökobilanz erheblich davon ab, wie er hergestellt wird: Mache ich den Baustahl aus 100 Prozent Alteisenschrott in einem Elektrostahlwerk, oder gehe ich hin und nutze neues Eisenerz? Bilanziell kommt was komplett anderes dabei heraus. Und wenn man jetzt noch in die Zukunft schaut und konkrete Daten haben will, dann kann ich nur sagen: Ich würde gerne mal denjenigen von Ihnen sehen, der weiß, was in 100 oder in 50 Jahren aus diesem Baustahl wird und wie man unter diesen Umständen eine Ökobilanz machen kann. Das können Sie weder für den Baustahl noch für Beton oder für Holz machen.
Also, Sie sehen: In den Daten ist eine riesige Bandbreite, und man hat eigentlich nichts Konkretes, auf das man sich berufen kann.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Was wollen Sie eigentlich, Frau Heil? Was wollen Sie eigentlich? – Gegenruf des Abg. Brian Nickholz [SPD]: Das weiß sie doch selber nicht!)
Sie erwähnen sogar diese Risiken in dem Bericht; aber Sie kommen am Ende wie immer zu dem Schluss: Das Risiko ignorieren wir. Wir wollen das möglichst bald einführen und ordnungsrechtliche Maßnahmen und natürlich Förderprogramme auflegen.
Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich verstehe Sie wirklich nicht.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Das glaube ich! – Brian Nickholz [SPD]: Wir verstehen Sie auch nicht!)
Zusätzliche Vorschriften und zusätzliche Subventionen – das ist jetzt echt Ihre Antwort darauf?
(Daniel Föst [FDP]: Das haben wir von der Union!)
Was ist denn mit Ihren Reden vom Bürokratieabbau? Was ist denn mit dem gezielten Subventionseinsatz? Der Baubranche steht wirklich das Wasser bis zum Hals, und Sie wollen darauf mit dem gleichen Gift reagieren wie in den letzten Wochen und Monaten? Das verstehe ich nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dabei muss ich sagen: Die Lösung liegt relativ nahe; sie steht auch schon in Ihrem Bericht. Sie müssen nur den Vorschlägen folgen, die wir Ihnen immer machen. Folgen Sie doch bitte der Wissenschaft, und wählen Sie die vernünftige Lösung der Union: erst die Voraussetzungen schaffen und dann bis 2030 die Regelungen umsetzen!
(Bernhard Daldrup [SPD]: Bis 3030 am besten!)
Tun Sie das für die Menschen in Deutschland, die neuen Wohnraum brauchen, und gegen die Kosten, die sie nicht mehr tragen können!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Kassem Taher Saleh.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604170 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden |