29.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 4

Sandra WeeserFDP - Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gebäudebestand wird sich bis 2050 verdoppeln. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen geht davon aus, dass in Deutschland das nationale Budget an CO2-Emissionen bereits im Jahr 2030 aufgebraucht ist. Und das macht uns bewusst: Das Erreichen unserer Klimaziele wird eine Herkulesaufgabe.

Ein enormes Einsparpotenzial liefert uns der Bausektor; denn dort liegen 30 Prozent des CO2-Ausstoßes, 40 Prozent des Energieverbrauchs, 50 Prozent des Ressourcenverbrauchs, 60 Prozent des Abfallaufkommens und 70 Prozent der Flächenversiegelung. Ich freue mich daher, dass wir heute hier über ökobilanzielle Bewertung von Gebäuden sprechen.

Es ist richtig, die Emissionen im Bausektor so schnell wie möglich zu drosseln. Ich denke, das ist sowohl wirtschaftlich als auch klimapolitisch vernünftig. Wir als Freie Demokraten fordern schon seit langer Zeit die Notwendigkeit der Lebenszyklusbetrachtung bei Gebäuden. Im vorliegenden Bericht heißt es nun, „ein grundsätzliches Interesse an einer Einführung der Lebenszyklusanalyse im Bau- und Gebäudesektor“ bestehe. Das ist zwar richtig, aber, ich meine, doch ein sehr erstaunliches Understatement. Denn hier liegt die Zukunft für einen klimafitten Gebäudebestand.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Martin Diedenhofen [SPD])

In Deutschland werden die Gebäude im Betrieb bereits immer energieeffizienter. Hier haben wir vorzeigbare Ergebnisse erzielt. Aber: Mit der zunehmenden Energieeffizienz sinkt zwar der Energieverbrauch in der Nutzungsphase, damit steigt aber auch die Bedeutung der grauen Energie, das heißt, der Energie, die zur Herstellung und zur Bereitstellung von Baumaterialien aufgewendet werden muss, im Hinblick auf die gesamte Lebensdauer einer Immobilie. Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zeigt: Bei den zertifizierten Gebäuden der letzten zehn Jahre entsteht bereits ein Drittel der CO2-Emissionen bei der Errichtung. Die weiteren zwei Drittel entstehen im Betrieb, wenn man eine Laufzeitbetrachtung von 50 Jahren zugrunde legt. Natürlich muss man auch das Ende der Nutzungsphase betrachten; das darf hierbei nicht zu kurz kommen. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 etwas 14 000 Gebäude abgerissen. Das sind 40 pro Tag. Ich denke, das ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll.

(Beifall bei der FDP)

Mit der ökobilanziellen Bewertung von Neubauvorhaben fördern wir das Recyclingpotenzial und machen die Stadt von heute zum Rohstofflager der Zukunft, Frau Bachmann, denn gerade darin liegt ja der Clou: dass wir die verbauten Materialien, die sich in den Gebäuden befinden, auch wieder nutzen können, damit nicht 60 Prozent auf dem Abfallhaufen landen. Insofern ist das eine ganz wichtige Sache.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Ökobilanzierung wird aber nur funktionieren, meine Damen und Herren, wenn fünf Dinge berücksichtigt werden:

Erstens. Bereits existierende Bewertungssysteme müssen synchronisiert werden.

(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Yes!)

Das Zweite ist, dass BIM auf breiter Basis genutzt wird, das heißt, ein digitales ganzheitliches Modell zu dem Bauprozess aufzusetzen. Dazu gehören Planung, Ausführung und Verwaltung.

Drittens: eine zentrale Datenbank für Gebäude auf Basis der bereits existierenden Plattform Ökobaudat entwickeln.

Viertens: Forschungen und Innovationen bei Bauprodukten fördern.

Und fünftens: mehr CO2-arme Energien nutzen.

Mit der Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes im September dieses Jahres haben wir erstmalig die Berücksichtigung der CO2-Bilanz der grauen Energien gesetzlich verankert. Unser jahrelanges Pochen auf die Konzentration des Lebenszyklus von Gebäuden trägt somit endlich Früchte. Und das ist nicht weniger als ein Neuanfang.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir Freien Demokraten werden den Weg intensiv begleiten. Auf diesem Weg liegen noch viele Steine; in den letzten Jahren waren es vor allem neue Auflagen. Diese neuen Auflagen für mehr Energieeffizienz waren der Kostentreiber Nummer eins. Gibt es neue Regelungen, dann müssen sie praktikabel, aber sie müssen auch wirtschaftlich sein, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Daniel Föst [FDP])

Neue Bürokratie wäre für die Baubranche fatal. Wir sind bereit, diesen neuen Weg zu gehen, und auch, dafür zu kämpfen.

Deswegen freue ich mich auf die weiteren Beratungen bei uns im Bauausschuss. In unserer Verantwortung für die kommenden Generationen wollen wir wertstabile Immobilien, aber auch nachhaltige Lebensräume schaffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Caren Lay für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604173
Wahlperiode 20
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden
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