Michael KießlingCDU/CSU - Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Von Ihren Ausführungen muss man eines schon richtigstellen: Ja, die Initiative für die Erstellung des Berichts kommt von uns, aber die Bewertungen und die Schlussfolgerungen ziehen Sie als Regierung. Ich komme später darauf, welche Schlüsse Sie ziehen und dass Sie eindeutig in die falsche Richtung gehen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: So ist es!)
Sie haben vor zwei Monaten nach Abschluss des GEG in aller Öffentlichkeit das eigene Gesetz wieder infrage gestellt. Sie haben gesagt – ich zitiere –: Wir fokussieren uns nur auf die Dämmung, und dadurch werden die technischen Anforderungen immer höher. Wir brauchen jetzt jedoch Low-Tech im Bau. – Und jetzt? Was ist Ihre Schlussfolgerung? Sie wollen wieder das GEG anfassen und mit zusätzlichen Anforderungen überfrachten, meine Damen und Herren.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Was haben Sie eigentlich aus den letzten Monaten gelernt?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Erneut geht es um bürokratische Belastungen, und erneut geht es um zusätzliche Kosten für den Bauherrn. Herr Daldrup, wir brauchen keinen ökologischen Rucksack, wir brauchen Entlastungen und vernünftige Regelungen, wie wieder gebaut werden kann, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Aber kommen wir zum Bericht zurück. Es ist richtig, dass wir nachhaltig bauen müssen. Und es ist auch richtig, dass man sich zu den Emissionen des Gebäudes auch über den Lebenszyklus hinaus Gedanken macht. Aber hat sich jemand von Ihnen schon einmal Gedanken über den Rückbau eines Gebäudes gemacht, darüber, vor welchen Problemen der Bauherr, der Eigentümer, die Baustoffhersteller und die Recyclingunternehmer stehen, wenn sie in 50, 60 Jahren das Gebäude wieder zurückbauen, meine Damen und Herren?
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz viele!)
Erstens wissen die Baustoffhersteller nicht, wo das Produkt eingebaut wird und wie es dann entsprechend zurückgebaut wird. Zweitens sind die Gebäude heute so langlebig, dass deren Recycling und letztendlich die dafür notwendigen Techniken heute noch gar nicht klar ersichtlich sind. Somit lassen sich die Emissionen und Kosten beim Rückbau heute noch nicht beschreiben, meine Damen und Herren.
Besser wäre, wenn ich das Ihnen mit auf den Weg geben darf, wenn Sie die Hürden im Stoffkreislauf beseitigen würden. Was bedeutet das? Erleichtern Sie endlich den Einsatz von Recyclingbaustoffen und führen Sie das Ende der Abfalleigenschaft bei mineralischen Abfällen herbei. Dann tun wir uns auch leichter mit dem Recycling, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darüber hinaus schreiben Sie in Ihrem Bericht – ich darf zitieren –: „Um die Ziele des Klimaschutzgesetzes zu realisieren, reichen freiwillige Maßnahmen und Förderprogramme nicht aus.“ Wenn ich das von Ihnen lese, dann wird mir angst und bange, meine Damen und Herren.
Sie verkennen damit die aktuelle Lage in der Baubranche. Zahlreiche Wohnungsbauunternehmen stoppen nämlich aufgrund der explodierenden Kosten und der Anforderungen die Neubauprojekte. Die Baubranche spricht von 200 000 Wohnungsfertigstellungen im kommenden Jahr und von 140 000 im Jahr 2025. Zudem droht aufgrund der sinkenden Auftragseingänge ein Abbau der Kapazitäten. Die Baubranche warnt zu Recht vor einem bevorstehenden Kollaps. Und sind die Kapazitäten erst einmal verschwunden, kommen sie so schnell nicht wieder. Ziel muss doch sein, den Totalabsturz der Bauwirtschaft zu verhindern und Erleichterungen zu schaffen und keine Erschwernisse, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Zu allem Überfluss kommt jetzt auch noch die finanzielle Verunsicherung für Bauherren seit dem Totalversagen beim Bundeshaushalt hinzu. Sie stehen vor einem Scherbenhaufen voller Förderversprechen. Wahrscheinlich können die Förderungen so nicht eingehalten werden. Wer soll denn in Zukunft noch bauen? Betroffen sind Programme im Bauministerium in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro, die zur Erreichung der Klimaschutzziele dienen: 1,1 Milliarden Euro für die Programme „Wohneigentum für Familien“ und „Klimafreundlicher Neubau“, 400 Millionen Euro für die Sanierung kommunaler Einrichtungen, 200 Millionen Euro für die Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel und 70 Millionen Euro für die energetische Stadtsanierung. Wissen Sie eigentlich, was Sie mit der Diskussion anrichten, die Sie heute lostreten? Scheinbar nicht; denn wir haben es bei der inhaltsleeren Rede des Bundeskanzlers in dieser Woche gesehen. Ihr Licht am Ende des Tunnels ist das Licht des entgegenkommenden Eilzuges, meine Damen und Herren.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Denn bei Ihnen klaffen Realität und Ideen weit auseinander. Wir brauchen Planungssicherheit für den Neubau, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Kostenexplosion nicht weitergeht, sondern die Kosten entsprechend sinken. Bevor Sie erneut die Anforderungen hochschrauben, schauen Sie, dass wir die Kostentreiber entsprechend regulieren und keine neuen schaffen. Denn Bauherren werden nicht durch die ordnungspolitische Brechstange zu mehr Klimaschutz motiviert, sondern durch mehr Planungssicherheit und Finanzierungssicherheit, meine Damen und Herren.
Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eijeijei! – Martin Diedenhofen [SPD]: Für den Spruch haben Sie aber lange geübt!)
Das Wort hat Christina-Johanne Schröder für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604176 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Bericht zur ökobilanziellen Bewertung von Gebäuden |