Marc JongenAfD - Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Chaos in der Ampel führt nicht nur zu verfassungswidrigen Haushalten und bringt uns an den Rand einer Staatskrise, sondern es bedeutet auch Stillstand und Reformstau in der Bildungspolitik. Seit wie vielen Jahren diskutieren wir nun bereits über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz? Die Novellierung, im Koalitionsvertrag angekündigt, liegt immer noch nicht vor, weil Grüne und SPD sich vom Entwurf des FDP-geführten Bildungsministeriums zuletzt distanziert haben. Leidtragende Ihrer Querelen, werte Ampelparteien, sind die jungen deutschen Wissenschaftler und Forscher, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen stecken, sich mit Kettenverträgen über Wasser halten, keine Planungssicherheit haben und am Ende ihres langen Ausbildungsweges oft erkennen müssen, dass ihre akademische Karriere eine Sackgasse war,
(Beifall bei der AfD)
weil sie die Universität nach zwölf langen Jahren Qualifizierungsphase – zusätzlich zum Studium, versteht sich – verlassen müssen. Das ist ein untragbarer Zustand!
(Beifall bei der AfD)
Im deutschen Wissenschaftssystem findet seit vielen Jahren eine Fehlallokation von Human- und Finanzressourcen statt, um es ökonomisch auszudrücken. Aber auch menschlich gesehen ist das tragisch, weil es viele beschädigte und sogar zerstörte Berufsbiografien zur Folge hat. Wer sich zum Beispiel in so nützlichen Dingen wie Genderstudies habilitiert hat, findet auf dem freien Arbeitsmarkt kaum eine Stelle – vielleicht verschmerzbar –, aber auch klassische Geisteswissenschaftler tun sich schwer. Hinzu kommt der Missstand, dass der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland bis weit ins Erwachsenenalter hinein in einer servilen Abhängigkeit von den vorgesetzten Professoren gehalten wird. Man hat das angelsächsische Tenure-Track-System nur halbherzig übernommen und gerade die Schattenseiten der alten deutschen Professorenherrlichkeit oft beibehalten.
(Beifall bei der AfD)
Kein Wunder, dass viele junge deutsche Forscher, gerade die talentierten, in die USA abwandern, wo ihnen mehr zugetraut wird und wo sie vor allem viel früher Planungssicherheit haben. Da müssen wir auch hinkommen, werte Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der AfD)
Als Sofortmaßnahme sind Mindestvertragslaufzeiten dringend nötig für die Planbarkeit der Karriere. Was sicher nicht funktioniert, ist, die aus gutem Grund befristeten Mittelbau- und Postdocstellen in großem Stil in Dauerstellen umzuwandeln. Die Linksbewegten in diesem Land inklusive der #IchBinHanna-Initiative haben bisher nicht erklären können, was denn mit den nachrückenden Generationen passieren soll, die ja auch wieder freie Qualifikationsstellen benötigen. Sie stünden dann vor verschlossenen Türen. Das ist das Gegenteil von sozialer Gerechtigkeit, nämliche eine kurzsichtige Klientelpolitik.
(Beifall bei der AfD)
Zuletzt möchte ich anmerken, dass die hitzige Diskussion im Vorfeld um die maximale Länge der Postdocphase – ob drei plus drei Jahre oder vier Jahre oder doch vier plus zwei – letztlich an den Symptomen laboriert und das Problem nicht an der Wurzel packt. Eine echte Entspannung in der Beschäftigungssituation der Nachwuchswissenschaftler wird erst eintreten, wenn, zugespitzt gesagt, der Akademisierungswahn beendet wird. Es geht nämlich nicht darum, möglichst viele Angehörige eines Jahrgangs durch die Universitäten zu schleusen und das Bildungsniveau dadurch notgedrungen abzusenken, sondern eben nur diejenigen, die dazu Talent und Eignung haben.
(Beifall bei der AfD)
Jahrelang wurden die Handwerksberufe abgewertet und den jungen Leuten eingeredet, nur ein Studium führe zu Erfolg im Leben. Oft genug führt es leider ins Bürgergeld, während nichtakademische Fachkräfte in dramatischem Ausmaß fehlen. Diese Debatte muss dringend geführt werden, werte CDU. Machen Sie sich da auch bitte ehrlich.
Und ich muss sagen: Es ist schon enttäuschend, dass Sie in Ihrer Großen Anfrage überhaupt nicht erkennen lassen, was denn Ihre eigenen Vorschläge zu dem Thema sind.
(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Sie haben das nur nicht verstanden!)
Auch jetzt kam dazu wieder relativ wenig. Vielleicht haben Sie dazu gar nicht so viele Ideen, –
Herr Jongen, Ihre Redezeit ist zu Ende.
– sonst hätten Sie sie in Ihrer Regierungszeit ja auch umsetzen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Das Wort hat Laura Kraft für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604183 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Wissenschaftszeitvertragsgesetz |