Stephan SeiterFDP - Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz dauert. Und ehrlicherweise muss man an die Kolleginnen und Kollegen von der Unionsfraktion auch sagen: Wer sich mit dem Wissenschaftssystem auch schon vor 2021 auseinandergesetzt hat und in diesem Wissenschaftssystem gearbeitet hat und groß geworden ist, wusste um diese Probleme. Daher hätte man schon früher sagen können: Ja, wir gehen diese Themen an. Jetzt haben wir die Evaluierung. Und ich denke, die Evaluierung hat uns gezeigt, wo die großen Probleme tatsächlich sind.
(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Das ist aber auch anderthalb Jahre schon her!)
Wir sollten uns aber auch immer darüber im Klaren sein, was dieses Wissenschaftszeitvertragsgesetz tatsächlich leisten kann.
Wir haben über Mindestvertragslaufzeiten gesprochen. Im Referentenentwurf sind Mindestvertragslaufzeiten enthalten, und wir sind uns auch, ich würde sagen, fraktionsübergreifend hier im Hause einig, dass es solche Mindestvertragslaufzeiten geben muss und dass diese die Situation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler letztendlich verbessern.
Aber erlauben Sie mir, an dieser Stelle gerade im Hinblick auf die Vorrednerin zu sagen: Die Darstellung des Wissenschaftssystems – wir reden hier immer nur von Abhängigkeiten, die dann scheinbar zu ausbeuterischen Verhältnissen zwischen Professorinnen und Professoren auf der einen Seite und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der anderen Seite führen – erlebt man tatsächlich anders. Es ist eine Kooperation. Es ist ein Zusammenwirken. Und es ist eben auch Zeit notwendig, um sich für eine Professur oder eine andere Führungsposition in der Wissenschaft zu qualifizieren. Wir brauchen diese Qualifikationszeit.
Und wir wissen: Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Postdocphase tatsächlich eine Qualifizierungsphase oder, wie manche dazu sagen, nur eine Orientierungsphase ist. Aber dass dieses Thema eben nicht so einfach zu behandeln ist, zeigt auch die Behandlung durch das Bundesverfassungsgericht immer wieder, wenn dieses sich damit beschäftigt hat, beispielsweise mit dem Thema Befristungsquoten. Befristungsquoten sind ein Thema, das gerne angeführt wird, da wir eine bestimmte Stellenzahl an Universitäten nur befristen können. Auch dazu gibt es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil – und zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin nicht wörtlich, sondern sinngemäß –: Es ist wichtig, dass wir einen ständigen Zustrom von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im System haben, und es ist auch wichtig für die nachfolgenden Generationen, eine Option auf wissenschaftliche Qualifikation zu haben.
Zu diesem Punkt müssen wir natürlich sagen: Da müssen wir differenzieren zwischen der Sicherheit für diejenigen, die schon im System drin sind, und denjenigen, die in das System hineinkommen. Das, meine Damen und Herren, ist für uns als Fraktion der FDP ein ganz wichtiger Punkt. Wir sind uns nämlich darüber im Klaren, dass wir ein Gesetz nicht nur für heute, sondern auch für morgen machen. Und wir machen ein Gesetz nicht nur für Einzelne, sondern wir machen ein Gesetz für alle.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Genau das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen, und darüber müssen wir diskutieren. Es ist doch besser, wir diskutieren darüber – auf Schwäbisch gesagt; das muss ich jetzt einfach sagen – a Muggaseggele länger, also ein klein wenig länger, als im Nachhinein wieder Flickschusterei betreiben zu müssen. Denn das hat das Wissenschaftszeitvertragsgesetz in der Vergangenheit schon erfahren, und das hat den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nichts genutzt.
Deswegen nehmen wir uns diese Zeit. Wir klären diese Punkte. Es gibt jetzt die Klärung innerhalb der Bundesregierung. Dann gehen wir ins parlamentarische Verfahren. Und wenn wir im parlamentarischen Verfahren sind, besteht für alle Fraktionen hier im Haus die Möglichkeit, ihre Positionen einzubringen.
Erlauben Sie mir auch noch, zu sagen – und da bin ich mit meiner Vorrednerin einig –: Wir diskutieren viel, es wäre aber auch interessant gewesen, die Vorstellungen der Oppositionsparteien zu hören. Ich weiß, Die Linke hat einen Antrag eingebracht. Den haben wir Ende letzten Jahres diskutiert. Dazu muss ich sagen: Der war nicht finanzierbar, er war eine gewisse Utopie, wie das System aussehen könnte. Aber mein Aufruf an Sie: Wenn wir im parlamentarischen Verfahren über das Gesetz reden, möchten wir auch die Positionen der Opposition kennenlernen und uns inhaltlich damit auseinandersetzen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Da bin ich ja mal gespannt, ob der Gesetzentwurf jemals das Parlament erreichen wird!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Lars Rohwer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604186 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Wissenschaftszeitvertragsgesetz |