29.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt 5

Lina SeitzlSPD - Wissenschaftszeitvertragsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich tue heute etwas, was ich sehr selten tue, aber ich tue es wirklich aus vollem Herzen: Ich möchte mich bei der Union bedanken, dass sie das Thema „Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft“ heute auf die Tagesordnung gesetzt hat. Denn die prekäre Situation an unseren Hochschulen zeigt, dass es höchste Zeit ist für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Alexander Föhr [CDU/CSU])

Bei der Diskussion um bessere Arbeitsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geht es ja mitnichten darum, dem Sahnehäubchen sozusagen noch eine Kirsche aufzusetzen. Das deutsche Wissenschaftssystem ist in weiten Teilen geprägt von Unsicherheiten, von Kettenbefristungen, von Leistungsdruck, von starren Hierarchien. Das machen uns die Beschäftigten in der Wissenschaft seit Jahren immer wieder deutlich, nicht erst jetzt, am 20. November, beim bundesweiten Hochschulaktionstag.

Diese Arbeitsbedingungen sind zum einen für die Beschäftigten mit hohem Stress und Frustrationspotenzial verbunden. Unter diesen Arbeitsbedingungen fällt es dann doch schwer, kluge Gedanken zu fassen und sie niederzuschreiben. Das schadet zum anderen aber eben auch unserem Land als Wissenschafts-, als Innovations- und als Wirtschaftsstandort.

Meine Damen und Herren, es wäre doch naiv, zu glauben, dass der Fachkräftemangel auf den Wissenschaftsbetrieb keinen Einfluss hat. Im Gegenteil: Forschungseinrichtungen befinden sich immer stärker im Wettbewerb um die klügsten Köpfe auf allen Ebenen – von studentischen Hilfskräften über Doktorandinnen und Doktoranden bis hin zu Postdocs, Lehrbeauftragten und weiteren Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Ich kann individuell jede Person in der Wissenschaft verstehen, die nach einer erfolgreich abgeschlossenen Dissertation – vielleicht sogar mit einer Stellenzusage – sagt: „Nein, das tue ich mir nicht an; unter diesen Arbeitsbedingungen möchte ich nicht arbeiten“, und sich eine Alternative sucht, entweder in der Wirtschaft, in der Industrie oder auch an einer Hochschule im Ausland. Das ist doch Fakt.

Die Ampelkoalition hat das erkannt und deshalb vereinbart, das WissZeitVG zu reformieren. Wie das genau aussehen kann, hat meine Kollegin Carolin Wagner ja schon gesagt. Dass insbesondere die noch ungeklärte Postdocphase dringend angegangen werden muss, das liegt auf der Hand. Für uns als SPD steht fest, dass das neue WissZeitVG frühzeitig Planbarkeit und Karriereperspektiven ermöglichen muss. Eine einseitige Erhöhung des Drucks auf die Beschäftigten ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und es gibt ja einen Vorschlag: die Anschlusszusage. Das ist ein vielversprechender Ansatz. Damit hat die Ampel auch unter Beweis gestellt, dass sie bereit ist, neue Wege zu gehen.

Ich möchte zum Schluss noch einen zweiten Punkt betonen, und dieser adressiert den wissenschaftlichen Nachwuchs in Form der studentischen Hilfskräfte. Die spielen eine wichtige Rolle an den Hochschulen, in der Lehre und der Forschung. Das erkennt die Ampel an und hat hierfür im Referentenentwurf zum WissZeitVG zwei wichtige Verbesserungen vorgesehen: die Ausweitung der Mindestvertragslaufzeiten und die Erhöhung der maximalen Beschäftigungsdauer.

Aber hier müssen jetzt auch die Bundesländer nachziehen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum sich manche Länder, darunter auch mein Heimatbundesland Baden-Württemberg, weigern, studentische Hilfskräfte in den Tarifvertrag aufzunehmen. Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Petra Olschowski ist offensichtlich der Meinung – das muss man sich mal anhören –,

(Alexander Föhr [CDU/CSU]: Das ist aber eine Grüne! Mitglied der grünen Partei!)

man würde mit einem Tarifvertrag den Interessen der Beschäftigten nicht hinreichend Rechnung tragen. Das kann doch nur als Scherz gemeint sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wer, wenn nicht die studentischen Beschäftigten selbst, kann ihre Interessen am besten vertreten? Und deshalb braucht es einen TVStud, es braucht einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte. Hier sind die Länder jetzt am Zug.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Stephan Albani für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604188
Wahlperiode 20
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Wissenschaftszeitvertragsgesetz
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