Herbert WollmannSPD - Datengrundlage für Maßnahmen zur Kontrolle von COVID-19
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Sichert, Lügen werden nicht dadurch wahr, dass man sie ständig wiederholt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Martin Sichert [AfD]: Wie beim Bundeskanzler! Erzählen Sie das mal dem Bundeskanzler!)
Ich gehe nachher noch auf das ein, was Sie hier von sich gegeben haben.
Ich blicke erst mal zurück auf den Anfang meiner Berufstätigkeit in den 70er-Jahren: Da hatten wir noch nicht all das, worüber wir jetzt reden – CT, Ultraschall, Herzkatheter usw. –; trotzdem konnten wir Medizin machen. Das waren alles beeindruckende Entwicklungen; aber es gab eigentlich zwei ganz einschneidende Erlebnisse in meinem Medizinerleben. Das erste war Anfang der 80er-Jahre bis 1985, letztlich bis heute, das Auftreten von HIV/Aids. Das zweite Ereignis war dann 2019 bis 2021 das Auftreten von Corona. Es gibt gewisse Ähnlichkeiten. Die erkennen Sie nicht; die werde ich Ihnen jetzt erklären.
Sagen wir mal so: Bei HIV hat es fünf, sechs Jahre gedauert, bis es sich in der Welt verbreitet hatte. Damals kam fast das Gleiche auf wie jetzt: Die Menschen, die erkrankt waren – damals waren es bestimmte Gruppen –, wurden diskriminiert. Man wusste nicht, woher das kommt, wie man sich anstecken kann. Dann wurden die dollsten Mythen verbreitet, Vorurteile und abstruse Vorstellungen. Auch damals gab es politische Gruppierungen, die versucht haben, daraus politisches Kapital zu schlagen, so wie Sie das heute auch machen. Aids und Covid sind infektiologisch überhaupt nicht vergleichbar, aber sie haben eins gemeinsam: Alles, was für uns neu ist, was auf uns zukommt, was uns irgendwie unheimlich erscheint, macht uns Angst.
So war das tatsächlich 2019 bis 2021, als das hier aufkam.
(Jörn König [AfD]: Und das Innenministerium hat die Angst gefördert mit einem Strategiepapier!)
Das war eine Krankheit, die zu großer Besorgnis Anlass gab. Wir müssen uns doch nur an die Bilder aus New York, aus Bergamo und anderen Orten erinnern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das kann man doch nicht wegdiskutieren.
Diese beiden Erkrankungen sind zwar medizinisch sehr unterschiedlich, aber sie haben eins gemeinsam: Wenn ich initial nicht weiß, wie ich sie behandeln kann, welche Therapiemöglichkeiten ich habe, welche Komplikationen auftreten können, dann muss ich mich erst mal auf die Prävention stürzen, auf die Prävention verlassen und präventive Maßnahmen in die Wege leiten. Das war bei Aids noch relativ einfach, weil man schnell die Übertragungswege erkannt hatte. Aber bei einer Erkrankung, die über die Atemwege verbreitet wird, wie eben der Atemwegserkrankung durch SARS-CoV-2, muss man natürlich zu ganz anderen Maßnahmen greifen. Ich weiß nicht, warum Ihnen nicht irgendwann mal zu Bewusstsein kommt, dass man natürlich – das zweifeln Sie ja auch ständig an – durch das Tragen von Masken Infektionswege verhindern kann, dass man durch so einfache Maßnahmen wie Abstandhalten und vielleicht vorübergehend auch mal durch eine Ausgangssperre diese Krankheit eindämmen konnte und musste.
(Jörn König [AfD]: Der erste Lockdown war in Ordnung! Alle anderen waren nicht gedeckt!)
– Ja, Herr König, gehen Sie auf den Fußballplatz; aber reden Sie hier mit mir nicht über Covid-19. Ihnen geht es doch im Grunde nur darum, die Bevölkerung zu verunsichern, den Staat zu destabilisieren und Unfrieden zu stiften. Das ist doch das Einzige, was hinter diesen ganzen Maßnahmen steckt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Cornelia Möhring [DIE LINKE])
Ich kenne kein anderes Land weit und breit – das müssen wir doch endlich mal anerkennen –, das so gut aus der Covid-19-Pandemie rausgekommen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jörn König [AfD]: Schweden war ohne Maßnahmen besser!)
Dafür – das muss ich sagen – danke ich nachträglich der Vorgängerregierung, aber auch der Ampel.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Was Sie machen, ist Folgendes: Sie verharmlosen hier eine Krankheit, die 2019, 2020, 2021, 2022 große Probleme mit sich gebracht hat für die Erkrankten und für die Leute, die mit der Behandlung beschäftigt waren. Von den vielen Verstorbenen ganz zu schweigen; die können sich nicht mehr melden, die können nicht mehr reden. Das ist wirklich unter aller Kanone, wie Sie mit dieser Erkrankung, mit dieser Pandemie, die wirklich die ganze Bevölkerung betroffen hat, umgehen. Dass Sie das Präventionsparadox nicht kennen – ich meine, das müsste man doch jetzt langsam mal verinnerlicht haben –, das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Das zeigt, wie ignorant Sie mit der ganzen Geschichte umgehen.
Ich gehe noch mal kurz auf diese mehr als 80 oder 90 Fragen ein, die Sie da von sich gegeben bzw. an die Bundesregierung gestellt haben. Unter den ICD-Codes führen Sie Tetanus auf. Das ist Wundstarrkrampf, und Sie stellen zwischen dieser Erkrankung und Covid-19 eine Verbindung her.
(Jörg Schneider [AfD]: Sie stellen Aids in Verbindung mit Covid-19!)
Tetanus ist eine Erkrankung, die gar nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist und vielleicht zehnmal im Jahr vorkommt. Das steht ganz oben in Ihrer Liste mit Folgeerscheinungen zu Covid. Ich verstehe es nicht.
Sie haben bis zum heutigen Tag trotz wiederholter Hinweise – hier gab es ja schon mal eine Debatte dazu – nicht verstanden, was die Daten der KBV, also der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eigentlich aussagen.
(Jörn König [AfD]: Als der Kassenpräsident mal die Wahrheit gesagt hat, musste er zurücktreten!)
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung verlässt sich auf Diagnosen, die von Kassenärzten eingegeben werden. Sie können einfach nicht unterscheiden. Einen Patienten, der 2019 nur einmal und 2022 beispielsweise zwei- oder dreimal wegen der gleichen Erkrankung beim Arzt war, bringen Sie in Verbindung mit einer vermehrten Assoziation mit Covid. Das ist doch völlig daneben. Das haben wir Ihnen schon hundertmal erklärt.
Ich sage Ihnen eins: Diese Regierung ist auf dem Laufenden. Wir werden unter Zugrundelegung der Daten, die wir erhoben haben, demnächst datenkonforme Gesetze in die Wege leiten.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Auf diese Art und Weise macht man konstruktive Politik und nicht mit hundert Fragen, die eigentlich nur ein Ziel haben: dieses System, dieses Land und diese Regierung in Misskredit zu bringen.
Danke.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jörn König [AfD]: Das machen Sie allein!)
Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion Tino Sorge.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Datengrundlage für Maßnahmen zur Kontrolle von COVID-19 |