30.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 8

Thorsten LiebFDP - Wirtschaftsstandort Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer es mit Bürokratieabbau ernst meint, muss endlich mit denjenigen reden, die von Bürokratie unmittelbar betroffen sind, nämlich mit den Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land. Sie ächzen unter Bürokratielasten und erwarten nichts sehnsüchtiger als endlich Schutz vor Bürokratie. Es kommen, wenn man diese Gespräche führt, dann auch gute Anträge heraus und nicht ein solches Sammelsurium wie das, was Sie hier vorgelegt haben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau solche konkreten Gespräche führt diese Bundesregierung.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Es passiert nur nichts!)

Es hat eine Verbändeabfrage gegeben, initiiert vom Bundesministerium der Justiz, über die diese schon erwähnten 442 konkreten Vorschläge eingegangen sind.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Und was passiert jetzt?)

– Und jetzt? Danke für die Frage; denn die Antwort kommt natürlich sofort.

Genau dazu werden wir noch in diesem Jahr – es ist nicht mehr so lang, noch vier Wochen, also freuen Sie sich auf Weihnachten, Herr Kollege Spahn – einen umfassenden Referentenentwurf vorlegen,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: So, ein Referentenentwurf!)

der aufzeigt, wie wir das konkret umsetzen. Es wird in der Tat höchste Zeit, dass das vorangeht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber um es klar zu sagen: Reicht das, liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht uns das als Koalition? Nein, das reicht uns natürlich noch nicht, aber es ist ein wichtiger Anfang und ein notwendiger neuer Weg zu einem endlich effektiven Bürokratieabbau in diesem Land. Das ist nötiger denn je und geht weit über das hinaus, was Sie an durchaus sinnvollen Vorschlägen gemacht haben.

(Beifall bei der FDP)

Was braucht es dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen? Es braucht einen echten Paradigmenwechsel und einen grundlegend neuen Ansatz in diesem Land, wie wir mit Bürokratie und mit dem betreffenden Aufwand umgehen. Dieser neue Ansatz ist nicht von Misstrauen gegenüber den Adressaten von Bürokratie geprägt, sondern von einer Partnerschaft, mit der die Ziele, die wir hier als Gesetzgeber festlegen, gemeinsam sinnvoll erreicht werden können. Da brauchen wir zum Beispiel nicht diese Berge an Berichtspflichten.

Und wir müssen auch selbstkritisch hier in diesem Hause damit umgehen; denn über die Jahrzehnte hinweg haben hier sehr, sehr viele Verantwortung getragen und miteinander dazu beigetragen, dass diese enormen Bürokratielasten in diesem Land entstanden sind. Damit muss jetzt endlich Schluss sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es wird höchste Zeit.

(Beifall bei der FDP)

Wir wissen aus Erfahrung, dass es zum Beispiel in einer Gesetzgebungsmaßnahme oft ein einfacher Ausweg ist, eine weitere Berichtspflicht hineinzuschreiben, wenn man sich über das konkrete Ziel nicht einig ist. Da geht die Europäische Union leider sehr oft mit schlechtem Beispiel voran. Deswegen ist es so begrüßenswert, dass wir nicht nur als Koalition hier im Deutschen Bundestag liefern, sondern auch eine Initiative auf europäischer Ebene gestartet haben, auch in der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass Bürokratielasten endlich wirksam abgebaut werden.

(Beifall bei der FDP)

Für einen handlungsfähigen Staat – so sehe ich das jedenfalls – braucht es eine zurückhaltende und keine übergriffige Bürokratie, eine, die verlässlich ist. Ein ganz zentraler Bestandteil ist dabei Digitalisierung. Zwei kleine Beispiele, die zeigen, wo das besonders greifbar ist:

Erstes Beispiel. Die Unternehmen in diesem Land digitalisieren. Sie digitalisieren zum Beispiel im Bereich ihrer Arbeitsverträge. Jetzt kommt der Gesetzgeber daher und legt allen Ernstes fest – da müssen wir noch mal ran, liebe Kolleginnen und Kollegen –, dass jede Arbeitsvertragsänderung wieder schriftlich niedergelegt werden muss.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich sage nur: Digital second!)

Das ist das Gegenteil von Bürokratieabbau; das ist Bürokratieaufbau.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweites Beispiel. Die wunderbare europäische A1-Bescheinigung für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist eigentlich eine gemeinsame europäische Regelung, aber alle Mitgliedstaaten setzen es unterschiedlich um, teils noch analog, teils digital. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das muss enden. Da braucht es eine gemeinsame digitale, sinnvolle Lösung, und dann kommen wir da auch voran.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir Freie Demokraten glauben an den mündigen und eigenverantwortlichen Bürger. Von diesem Ansatz brauchen wir mehr. „ Mut zur Lücke“ hat das einer der Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung formuliert. Ich finde das einen guten Ansatz. Dies sollten wir fortführen. Es braucht jetzt diesen neuen Ansatz, es braucht diesen offenen Dialog. Dafür werben wir als Ampelkoalition. Deswegen lehnen wir diesen Antrag selbstverständlich ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat Hansjörg Durz das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604264
Wahlperiode 20
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Wirtschaftsstandort Deutschland
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