Carlos KasperSPD - Erbschaftsteuer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Anträge von rechts außen und der Linksfraktion geben mir noch mal die Gelegenheit, darauf einzugehen, wie ungerecht Erben in Deutschland eigentlich ist. Erst letzte Sitzungswoche brachte die AfD-Fraktion mehrere Anträge ein, in denen sie aufzeigte, für wen sie in diesem Land Politik macht: für die Reichen und die Superreichen und – ja, so traurig das auch ist – leider auch für sich selbst. Heute legt sie nach und fordert nun auch noch, die Erbschaftsteuer gänzlich abzuschaffen. Was für ein Wahnsinn!
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Ich weiß, Ihre Fraktion nimmt es nicht immer so genau mit Fakten, wir dagegen umso mehr. Vielleicht können Sie noch was lernen. Hören Sie doch zu!
(Jörn König [AfD]: Nein!)
Fakt ist: Nicht mal ein Drittel der Menschen in Deutschland erben überhaupt nennenswerte Beträge. Die wenigsten davon müssen überhaupt Steuern zahlen, da wir in Deutschland sehr hohe Freibeträge haben. Beispielsweise kann jeder Familienvater in Deutschland seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern 1,3 Millionen Euro steuerfrei vererben; denn die Ehefrau kann eine halbe Million Euro steuerfrei erben, die Kinder jeweils 400 000 Euro. Das gilt eben nicht nur im Todesfall. Nein, diese Beträge können auch alle zehn Jahre steuerfrei verschenkt werden.
Dann kommt in der Debatte immer wieder als Beispiel Omas Häuschen. Selbst das kann komplett steuerfrei geerbt werden; denn wenn man nach dem Erbfall in dieses Haus einzieht, fällt eben keine Erbschaftsteuer an.
(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Dieses Beispiel zeigt aber auch: Der AfD geht es gar nicht um die Menschen, die vielleicht mal etwas von ihren Eltern erben.
(Kay Gottschalk [AfD]: Doch!)
Nein, Ihnen geht es um die Menschen, die richtig viel Schmott erben, die richtig viel Geld bekommen. Mit Ihrer Politik setzen Sie sich für die Superreichen in diesem Land ein.
(Beifall bei der SPD – Kay Gottschalk [AfD]: Nein, für den Mittelstand!)
Und dabei haben wir in Deutschland genau mit denen ein Problem, die richtig viel Asche erben. Sie zahlen kaum oder sogar gar keine Steuern. Fakt ist: 40 Prozent der Menschen, die über 10 Millionen Euro erben, zahlen keine Steuern. 40 Prozent! Da fordern Sie die Abschaffung der Erbschaftsteuer? Das ist schlicht Unfug.
(Beifall bei der SPD)
Warum ist denn das in Deutschland so? Weil wir eben großzügige Ausnahmen beim Vererben und Verschenken von Betriebsvermögen haben,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)
also bei denjenigen, die nicht das Haus der Oma erben, sondern eben das Unternehmen des Vaters. Da müssen wir ran. Auf unserem Bundesparteitag in der nächsten Woche werden wir das deswegen noch mal ganz präsent diskutieren und unsere Vorschläge erarbeiten, und wir werden für eine gerechte Erbschaftsteuer sorgen.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ogottogott!)
Nur so viel: Auch Unternehmenserben werden in Zukunft ihren gerechten Beitrag leisten müssen.
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das machen sie doch jetzt schon!)
Das machen wir, nicht weil wir etwas gegen diesen unverschämten Reichtum haben – zumindest nicht nur –,
(Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])
sondern weil wir es eben nicht hinnehmen können, dass Deutschland immer ungleicher wird. Erben ist eben einer der Gründe, warum die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Jemand, der in eine reiche Familie hineingeboren wird, kann einfach – ohne Steuern zu zahlen – das Geld der Angehörigen erhalten. Kindern reicher Eltern wird das Geld quasi direkt in die Wiege gelegt.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Das stimmt doch nicht!)
Um in Deutschland reich zu werden, muss man praktisch gar nichts tun. Man muss nicht hart arbeiten, man muss keine gute Bildung genießen.
(Nico Tippelt [FDP]: So ein Quatsch!)
Nein, um in Deutschland reich zu werden, reicht es, einfach reich zu erben. Dieses leistungslose Einkommen müssen wir beenden.
Aber Erben betoniert nicht nur den Unterschied zwischen Arm und Reich, sondern eben auch den zwischen Ost- und Westdeutschland. Denn während in Westdeutschland 19 Prozent der Menschen nennenswerte Vermögenswerte erben, sind es in Ostdeutschland nur 7 Prozent.
(Kay Gottschalk [AfD]: Ja, weil die SED-Genossen, Ihre geistigen Genossen, dort regiert haben!)
Fakt ist: Erben ist vor allem in Westdeutschland ein Thema. Obwohl also die AfD im Osten viel mehr gewählt wird, macht sie hier im Bundestag Politik gegen ihre eigenen Leute.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Kay Gottschalk [AfD]: Brandstifter!)
Das Schlimme beim Erben ist: Mit jeder Generation verschärft sich die Ungleichheit. Gegen diese Ungerechtigkeit lässt sich aber etwas machen. Deswegen bin ich auch so froh, dass schon im Vorfeld das Grunderbe diskutiert wird.
(Kay Gottschalk [AfD]: Dass es volkseigene Betriebe gab, das ist der Grund!)
Erst der Ostbeauftragte, dann die Jusos haben das auf das öffentliche Tableau gehoben. Mit einem Grunderbe würden wir allen 18-Jährigen einen Grundbetrag von bis zu 60 000 Euro geben. Das würde gleiche Startchancen für alle bedeuten. Ein Grunderbe sorgt für Gerechtigkeit, unabhängig von der Herkunft, vom Wohnort und eben auch vom Elternhaus.
(Christina Stumpp [CDU/CSU]: Und wo soll das Geld herkommen?
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kay Gottschalk [AfD]: Da klatscht nicht mal die eigene Fraktion, weil es so schrecklich war! – Gegenruf des Abg. Carlos Kasper [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)
Das Wort hat Bruno Hönel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604325 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Erbschaftsteuer |