Katrin BuddeSPD - Aktuelle Stunde: Industriestandort Ostdeutschland
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war es früher gewohnt, dass Wirtschaftspolitiker zur Wirtschaftspolitik geredet haben. Die Linke und die CDU/CSU-Fraktion haben das heute weit verfehlt. Sie hätten vielleicht andere Redner einsetzen sollen, die mehr von dem Thema verstehen.
(Sören Pellmann [DIE LINKE]: Das ist unsere Sache! Das können wir schon selber entscheiden!)
– Früher hatten Sie richtige Wirtschaftspolitikerinnen; wir haben mit denen in Sachsen-Anhalt richtig gute Wirtschaftspolitik gemacht, manchmal besser als mit der CDU in Sachsen-Anhalt. Aber davon habe ich heute Morgen bei Ihnen nichts mehr gemerkt.
(Sören Pellmann [DIE LINKE]: Kommt noch was zum Thema?)
Ich freue mich natürlich, dass hier gleich zwei Sachsen-Anhalter geredet haben, darunter einer meiner Nachfolger als Wirtschaftsminister, Sven Schulze. Auf Sie, Herr Minister, lieber Sven, kommen große Aufgaben zu; denn bei Intel, die natürlich auch schon im Vorfeld Investitionen realisieren, sollen ja nicht die gleichen Fehler passieren wie nach sozialdemokratischer Regierungspolitik in Sachsen-Anhalt unter einem FDP-Wirtschaftsminister, wo das Solar Valley gestorben ist, weil keine Wertschöpfungsketten angesiedelt worden sind, weil keine Vertiefung stattgefunden hat, weil keine ergänzende Ansiedlung stattgefunden hat. Wir wollen doch, glaube ich, gemeinsam dafür sorgen, dass sich diese Schlüsselinvestition in Sachsen-Anhalt lohnt, von der wir wissen, dass sie kommen wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was Carsten Schneider und Paula Piechotta gesagt haben, unterstreiche ich sofort. Deshalb sage ich einfach: Ja, das sehe ich auch so.
Ich werde mich ergänzend auf ein paar andere Dinge konzentrieren, die zu guter Industrie- und Wirtschaftspolitik für Ostdeutschland dazugehören.
Wenn man sich die fünf größten Branchen in Deutschland anschaut – die Automobilindustrie, den Maschinenbau, die chemische Industrie, die Ernährungsindustrie und die Elektrotechnik –, dann merkt man gleich – jedenfalls, wenn man die Wirtschaft in Ostdeutschland kennt –, dass mindestens drei dieser großen, führenden Branchen in den ostdeutschen Ländern mit Schwerpunkten vertreten sind: Das ist die chemische Industrie, das ist die Automobil- und Automobilzulieferindustrie, das ist aber auch die Ernährungsindustrie.
Das alles sind Industrien, die Energie brauchen. Deshalb ist dieses Thema hier heute neben der Ansiedlungspolitik und neben einer ordentlichen Mittelstandspolitik schon mehrfach angesprochen worden. Ja, da haben Sie recht: Die Hidden Champions müssen genauso im Wachstum unterstützt und begleitet werden, damit sie größer werden und substanziell gesichert sind, wie die Industrie insgesamt. Das gehört in Deutschland Gott sei Dank noch zusammen. Deshalb ist das Thema Energie eines der entscheidendsten.
Es sind schon Lösungen vorgeschlagen worden. Ich setze darauf, dass sie auch funktionieren werden. Wir alle wollen ja nicht scheitern, sondern wir alle wollen, dass es in Deutschland gut vorangeht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt noch ein Thema, das noch nicht angesprochen worden ist. Da schaue ich noch mal auf die Regierungsbank; ich will die Gelegenheit heute dafür nutzen. Sachsen-Anhalt, Mitteldeutschland insgesamt ist ein großer Standort der chemischen Industrie. Ich kenne das aus alten Zeiten. Die Besonderheit dieser Industrieparks ist genannt worden: wie groß diese Industrieparks sind. Davon gibt es drei in Sachsen-Anhalt: Leuna, Buna und Bitterfeld.
Diese Besonderheit braucht auch eine besondere Antwort, was zum Beispiel das Thema Chemikalienpolitik auf der europäischen Ebene bzw. REACH angeht. Gegenwärtig wird unter anderem über die PFAS-Stoffgruppe diskutiert. Das ist etwas kompliziert, aber das sind Stoffe, die überall gebraucht werden, unter anderem in der Halbleiterindustrie – man merke: Intel und andere –, in der Automobilindustrie, im Bereich der erneuerbaren Energien – wo wir sie unbedingt brauchen –, bei der Klimatechnik und bei der Medizintechnik.
Pauschalverbote waren nie gut. Ich bitte Sie inständig – ich bin nicht mehr Wirtschaftspolitikerin; aber ich kenne die Zusammenhänge noch –, aufzupassen, dass es in der Chemikalienpolitik zu einem ordentlichen Abschluss, zu einer ordentlichen Strategie kommt und unsere Chemiestandorte damit nicht nur gesichert werden, sondern auch zukunftsfest gemacht werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was gehört noch dazu? Natürlich horizontale Industriepolitik. Da sind wir wieder bei den Ländern und bei meinem Ministerkollegen. Die Themen „Forschung und Entwicklung“ sowie „Universitäten“ sind extrem wichtig. Die Schlüsselansiedlungen sind gut. Es sind nicht nur sachsen-anhaltische, es sind nicht nur ostdeutsche, es sind nicht nur deutsche, es sind wirklich europäische Schlüsselansiedlungen. Aber wir wollen ja noch mehr davon profitieren. Und Deutschland hat immer davon profitiert, wenn eine hohe Produktionstiefe, eine Wertschöpfungstiefe, wenn innovative Produkte vorliegen, die unverwechselbar sind. Deshalb gehört dieses Thema unmittelbar dazu, neben den Themen: Mobilität, Infrastruktur, Hin- und Wegbringen auf vernünftige Art und Weise. Da haben sowohl die Länder als auch der Bund viel zu tun.
Ich freue mich darauf, wenn die CDU/CSU-Fraktion noch mal in sich geht und überlegt, was für gute Wirtschaftspolitik notwendig ist und wie das Ganze finanziert werden kann.
Im Übrigen – das zu sagen, kann ich mir jetzt nicht klemmen –, lieber Sven Schulze: Der Haushalt von Sachsen-Anhalt für 2023 ist im März 2023 beschlossen worden. Also auch Sachsen-Anhalt mit Ihrem Finanzminister ist jetzt nicht immer ganz so schnell gewesen – und das ohne Verfassungsgerichtsurteil.
Wir sind wildentschlossen, diesen Haushalt noch dieses Jahr zu beschließen – auch wenn das unsere Vorweihnachtszeit schreddert –, ich hoffe, die Kollegen aus der Opposition, die das veranlasst haben, auch, und freue mich dann auf gute gemeinsame Arbeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Felix Banaszak.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604396 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Industriestandort Ostdeutschland |