30.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 141 / Zusatzpunkt 6

Susanne MittagSPD - Nahrungsmittelselbstversorgung in Deutschland und Europa

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun kommen wir mal zu den Inhalten der CDU/CSU-Anträge.

(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Schön!)

Darüber haben wir allerdings schon mehrfach debattiert. Es gibt nicht wirklich neue Varianten. Aber wir sind bemüht, irgendwie darauf einzugehen.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Sie haben es immer noch nicht verstanden!)

– Einfach mal am Anfang die Nerven bewahren!

Natürlich müssen wir unseren Selbstversorgungsgrad erhöhen und unsere Nahrungsmittelversorgung sicherstellen.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ach?)

Vor allem angesichts, aber nicht nur aufgrund der zurückliegenden und kommenden Krisen ist das von besonderer Bedeutung. Und ja, wir sind bei Nahrungsmitteln teilweise komplett von anderen Ländern abhängig, zum Beispiel bei denen, die aus klimatischen Gründen hier gar nicht wachsen wie exotische Früchte, oder klassisch bei Obst, wobei der Grad der Versorgung auch in unserem Land höher wäre, wenn Produzenten nicht immer wieder dem Preiskampf unterliegen würden. Ich nenne als Beispiel nur Äpfel oder Heidelbeeren; da geht es den Produzenten ganz schlecht. Daher ist Nahrungsmittelversorgung nicht nur eine politische Entscheidung über die gesetzlichen Regelungen und Fördermittel, sondern auch eine Entscheidung der Verbraucherinnen und Verbraucher und ganz besonders des Marktes und des Einzelhandels.

Immerhin wird im Antrag noch ein hoher Selbstversorgungsgrad anerkannt. Das hat auch, entgegen Ihrem eigenen Text im Antrag, mit Naturgesetzen zu tun. Ja, das ist nämlich die Klimaveränderung. Mangelszenarien zu entwerfen, weil der Erzeugungsgrad beim Schweinefleisch unter 100 Prozent gehen könnte, das ist aus der realen Welt gefallen und verkennt, dass sich das Ernährungsverhalten verändert hat, sich Landwirte umorientieren und dass von der EU importiert und – auch aus Deutschland – exportiert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sich ausschließlich auf die Nahrungsmittelproduktion im Land zu verlassen, verkennt, dass sich die Ernährungsgewohnheiten und auch die Bandbreite der angebotenen und verkauften Lebensmittel völlig verändert haben. Um ebendiese Bandbreite zu garantieren, haben wir zum Beispiel auch die EU und Freihandelsabkommen, wie zum Beispiel die neueren mit Kanada und Neuseeland, die sich an der Realität und den heutigen Erfordernissen orientieren.

Weltweite klimatische Auswirkungen, Kriege sowie andere Konflikte und das Zocken auf dem Weltmarkt mit Nahrungsmitteln: Das verursacht die Probleme der Nahrungsmittelversorgung in Krisengebieten. Wir hatten hier in Deutschland und in der EU zu keiner Zeit der letzten Krisen – und die waren erheblich und mehrfach – Versorgungsprobleme. Versorgungsmangel und sogar -ausfall gab es in den Krisengebieten bedingt durch eskalierende Weltmarktpreise an Handelsbörsen, den Ausfall von Finanzierungsmöglichkeiten der betroffenen Länder und verringerte Unterstützungszahlungen der Länder, denen es besser geht. Da waren leider die USA ganz weit vorn bei der Nichtzahlung.

Um trotz Klima- und Biodiversitätskrise unsere Landwirtschaft und die Ernährung für die Zukunft zu sichern, müssen wir unsere, aber auch die globale Land- und Forstwirtschaft und das gesamte Ernährungssystem nachhaltig transformieren. Es muss nicht schlechter werden, nur anders. Es kann sogar besser werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Das passiert derzeit auch. Nur als Stichworte möchte ich „Agrarökologie“, „regenerative Landwirtschaft“, „neue Anbau- und Bearbeitungsmethoden zusammen mit Digitalisierung“, „autonome Systeme“, „Weiterentwicklung in der Tierhaltung“, „veränderte Anbauproduktpalette“ nennen. Hier sollten wir ansetzen, und das passiert inzwischen auch schon.

Neue genomische Techniken, Flächenstilllegung – was im Antrag steht – oder allgemein der Hinweis auf Auflagen – ich habe schon darauf gewartet, dass mal wieder das Wort „Bürokratiemonster“ kommt – sind in der gesamten Bandbreite dieses Themas nur ein ganz kleiner Bereich.

Jetzt noch mal ein paar Details zum Antrag:

Zu Punkt 2: Die erwähnte SUR wurde vom EU-Parlament abgelehnt und ist erledigt.

Punkt 3 ist erledigt. In der EU-Industrieemissionsrichtlinie wird Rinderhaltung nicht einbezogen.

Zu Punkt 4: Der Umbau der Nutztierhaltung auf Grundlage der Empfehlungen der Borchert-Kommission findet bereits statt. Das Baurecht ist angepasst. Über Emissionen wird verhandelt. Es ist noch nicht fertig, aber es läuft.

Zu Punkt 7: Die Landwirtschaft wird in der Wasserstrategie als wichtiger Bestandteil bereits berücksichtigt, aber eben auch zusammen mit Trinkwassersicherung, Wassermanagement, Deichsicherung, Moorwiedervernässung, Starkregenauswirkung, um nur einige zu nennen. Es wäre hilfreich gewesen, wenn Sie den Antrag mal auf den neuesten Stand gebracht hätten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Fazit: Der Antrag enthält sehr viele Allgemeinplätze, Veraltetes, Erledigtes. Da sind wir mit den Landwirtinnen und Landwirten sowie den landwirtschaftlichen Verbänden schon sehr viel weiter. Von dort kommen die Ideen, die wir brauchen und gerne fördern, und nicht immer nur Gejammer und Vergangenheitsbewältigung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Mittag. – Nächster Redner ist der Kollege Peter Felser, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604445
Wahlperiode 20
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Nahrungsmittelselbstversorgung in Deutschland und Europa
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