01.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 142 / Zusatzpunkt 10

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Nachtragshaushaltsgesetz 2023, Antrag Art. 115 II GG

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Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir kommen hier heute eigentlich nur zusammen, weil wir Ihren Verfassungsbruch reparieren müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

Normalerweise würde diese Sitzung hier sonst nicht stattfinden.

(Zurufe von der SPD)

Und ich sage Ihnen das tatsächlich so deutlich: Anklänge von Einsicht waren eben rauszuhören, Herr Minister; das will ich Ihnen durchaus zubilligen. Insoweit hat sich Ihre Rede ein klein wenig wohltuend von der des Bundeskanzlers am Dienstag unterschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber es war allenfalls graduell.

Auslöser dieser ganzen Veranstaltung heute ist nicht unsere Klage. Und nicht wer klagt, hat mit dem Ergebnis zu leben, sondern der, der rechtswidrig handelt und die Verfassung umgangen hat, hat mit dem Ergebnis zu leben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Nicht unsere Klage und nicht das Bundesverfassungsgericht, Sie haben diesen aktuellen Zustand der Verunsicherung, der Haushaltskrise zielgenau und bewusst herbeigeführt, und das werde ich Ihnen jetzt noch mal auseinandersetzen.

Der Herr Bundeskanzler hat uns am Dienstag ja erklärt, das Urteil betreffe auch die Haushaltspraxis früherer Regierungen. Das stimmt gerade nicht. Wenn Sie – heute geht es bei diesem Nachtragshaushalt ausschließlich um die Gelder des WSF, die Ihnen weggefallen sind – –

(Zurufe von der SPD: Nein! – Es geht um den KTF! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Sie haben es nicht begriffen. Die Zwischenrufe zeigen es schon wieder.

Es geht nicht um den KTF,

(Beifall bei der CDU/CSU)

sondern es geht einzig und allein um den WSF, den wir heute ausgleichen.

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Wiederaufbauhilfe 2021! – Dennis Rohde [SPD]: Ahrtal!)

Diese Geschichte ist nur deshalb so zustande gekommen, weil Sie falsch gebucht haben, und Sie haben anders gebucht als die Vorgängerregierung. Bei Corona wurde jedes Jahr die Notlage wieder ausgerufen, und die entsprechenden Mittel wurden eingestellt, und die Kredite verfielen am Jahresende. Genau dieses Prinzip haben Sie aufgebrochen, indem Sie sich eine eigene Buchungsregel in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben: Sie wollten von jetzt an, von Ihrer Regierung an anders buchen als vorher. Sie wollten intern buchen dann, wenn Sie das Geld vom Kernhaushalt rüberschieben in Ihre extra geschaffenen Schattenhaushalte,

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das haben Sie ja nie gemacht!)

und nicht mehr zu dem Zeitpunkt, wo vorher gebucht worden war, zu dem Zeitpunkt, wo der Kredit nämlich tatsächlich vom Bund aufgenommen wurde.

Diese Buchungsregel haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat das Verfassungsgericht ausdrücklich bestätigt! Das hat das Gericht nicht infrage gestellt!)

Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Das war der Tatplan zur Umgehung der Schuldenbremse in unserer Verfassung und nichts anderes.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Diesen Tatplan haben Sie gefasst, um zwei lustige Geschichten erzählen zu können, nämlich erstens die Geschichte vom eisernen Christian, der stramm zur Schuldenbremse steht und die immer lustig einhält. Diese Geschichte hat sich jetzt durch diesen Nachtragshaushalt, den Sie hier heute vorlegen, wunderbar als Märchen entpuppt; denn Sie wollen ja jetzt die Notlage für dieses Jahr erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben sich aber im letzten Jahr und dieses ganze Jahr über feiern lassen wollen dafür, dass Sie die Schuldenbremse einhalten.

Die andere lustige Geschichte ist die von den tollen Sozis und den netten Grünen, die viel Geld aus netten Nebenhaushalten zur Verfügung stellen, einerseits für Sozialpolitik und andererseits für Klimapolitik.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Diese Story ist jetzt leider – für Sie jedenfalls – nach hinten losgegangen, und das ist die Ursache. Die Ursache dafür – um das noch mal festzuhalten – haben nicht andere, sondern Sie selbst gelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Interessant ist – und die Bemerkung möchte ich Ihnen nicht ersparen –: Wir haben vor einigen Tagen lesen können, dass Sie Ihren Staatssekretär Herrn Gatzer in den einstweiligen Ruhestand entlassen haben. Herr Gatzer ist aber, wenn ich das richtig verfolgt habe, nur das ausführende Organ.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)

Er hat die Pläne im Einzelnen ausgearbeitet, die Sie bei ihm in Auftrag gegeben haben.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau das stimmt!)

Herr Mützenich hat noch in der Debatte am Dienstag gefragt: Ja, wer ist denn jetzt politisch verantwortlich?

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Zum Glück Sie nicht!)

Das ist eine sehr interessante Frage, der man mal nachgehen sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kanzler hat hier nämlich in der Befragung vor zwei Wochen, als er erst erzählt hatte, wir hätten uns das ausgedacht, auf meine Nachfrage erklärt – nee, er selber sei es gewesen. Der Finanzminister hat im Interview erklärt; „Handelsblatt“ –: „Die Konzeption lag vor, als ich ins Haus kam.“

(Zuruf von der AfD: Das stimmt auch!)

Herr Lindner hat dann wenigstens noch gesagt: Ich übernehme trotzdem die politische Verantwortung als Minister.

Trotzdem muss man sich bei beiden fragen: Was folgt denn jetzt aus dieser politischen Verantwortung des Ministers, und was folgt aus der Verantwortung des tatsächlichen und maßgeblichen Verursachers, nämlich des Bundeskanzlers, wenn der Staatssekretär in den einstweiligen Ruhestand gehen musste?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen trotz alledem und trotz dieser ernsten Situation, für die alleine Sie verantwortlich sind, in diesem Land jetzt Zuversicht verbreiten. Das gelingt Ihnen – –

(Lachen bei der SPD)

– Das ist super, dass Sie an dieser Stelle lachen, weil Sie in den letzten zwei Wochen – –

(Zurufe von der SPD)

– Sie haben in den letzten zwei Jahren die Ursachen dafür geschaffen, und Sie haben in den letzten zwei Wochen mit keiner Silbe und keiner Leistung hier zeigen können, dass Sie dazu in der Lage sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das ist ein Katastrophenurteil, und dass Sie darüber auch noch lachen, das ist noch viel schlimmer.

(Zuruf der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD])

Wir sind bereit, Ihnen konstruktiv bei jeder Lösung zu helfen,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das merkt man bei jedem Satz!)

bei der Sie uns brauchen könnten. Das setzt allerdings voraus, dass Sie wirklich jetzt an Ihren Haushalt rangehen, dass Sie wirklich umschichten,

(Beatrix von Storch [AfD]: „Umschichten“?)

dass Sie wirklich ernsthaft sparen. Wir wünschen der FDP bei diesem Bemühen in der Ampel viel Glück und viel Erfolg. Das meine ich sogar ehrlich. Gehen Sie mal ran ans Bürgergeld! 4 Millionen Menschen haben Sie im Bürgergeld, die erwerbsfähig sind, die arbeiten könnten. Bringen Sie doch mal ein paar von denen in Beschäftigung. Dann hätten wir deutliche Entlastungen im Haushalt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

1 Million Menschen mehr, die arbeiten würden, statt im Bürgergeld zu sein, würden dieses Land jedes Jahr um bis zu 30 Milliarden Euro entlasten.

Was wir jetzt brauchen würden – da spreche ich auch mal die Sozialdemokraten an –, das wären mutige Reformen wie zur Zeit von Gerhard Schröder – 2003 mit der Agenda 2010 –, wie in der Großen Koalition mit uns die Rentenreform von Franz Müntefering oder die Unternehmensteuerreform von Peer Steinbrück. Das wären Angänge, die wir bräuchten. Das waren Bausteine für einen wirtschaftlichen Aufschwung in diesem Land. Bewegen Sie sich mal wirklich, und gehen Sie ran an Ihren Haushalt!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dennis Rohde.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604529
Wahlperiode 20
Sitzung 142
Tagesordnungspunkt Nachtragshaushaltsgesetz 2023, Antrag Art. 115 II GG
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