Thorsten LiebFDP - Ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass Wiederholungen helfen, insbesondere wenn sie regelmäßig erfolgen, neues Wissen zu speichern. Das nennt man bekanntlich „lernen“. Was grundsätzlich gut ist, verkehrt sich aber dann ins Gegenteil, wenn man, trotz berechtigter Kritik, Dinge einfach unverändert noch einmal erneut einbringt. Denn dann ist man entweder nicht lernwillig oder nicht lernfähig. Das können Sie sich dann aussuchen. Denn genauso verhält es sich mit dem Gesetzentwurf hier.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Er liegt im Grunde unverändert wie in der letzten Wahlperiode vor, und mit keinem Wort wird auf die berechtigte Kritik näher eingegangen.
(Stephan Brandner [AfD]: Das machen Sie ja schon!)
– Genau, deswegen bin ich ja da.
Es geht Ihnen also offensichtlich gar nicht um die sachgerechte Verwendung von Haushaltsmitteln – darüber sagt dieser Entwurf nämlich nichts aus –, sondern rein um einen bloßen populistischen Aufschlag. Sie haben vorhin Beispiele genannt.
(Stephan Brandner [AfD]: Was waren das denn für Beispiele?)
Dabei habe ich zwei Dinge vermisst: die Geschichte mit den Schnittchen und die mit der IT-Ausstattung. Vielleicht müssen Sie da in Ihrer Fraktion noch ein bisschen nacharbeiten, wenn es um die Mittelverwendung geht.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Um das Anliegen, mit Haushaltsmitteln vernünftig umzugehen, brauchen wir gar nicht drum herumzureden. Das ist klar und unbestritten, gerade in der aktuellen Zeit mit einer schwierigen Haushaltslage. Das Anliegen des Gesetzentwurfes passt aber – das ist bereits erwähnt worden – schon systematisch nicht ins deutsche Strafrecht. Denn mit ihm würde mehr Rechtsunsicherheit statt Rechtssicherheit geschaffen. Er beinhaltet zudem einen Generalverdacht gegen alle Amtsträgerinnen und Amtsträger, vor allem im kommunalen Bereich, wo man ehrenamtlich tätig ist. Ist das wirklich das, was man erreichen will? Wenn ich an die Passage mit der Freizeichnungsbehörde denke, frage ich mich, was Sie eigentlich für ein Verständnis vom Rechnungshof haben. Es besteht schlicht kein Grund, hier so fundamental ins Strafrecht einzugreifen. Zum Urteil des BGH ist im Grunde alles gesagt.
Ich will nur auf einen Punkt noch einmal eingehen. Mit Ihrem Gesetzentwurf soll ein völlig neuer Begriff eingeführt werden, nämlich „missachtet“. Ist das, wie schon erwähnt, tatsächlich so gemeint, dass jedes Nichteinhalten von haushaltsrechtlichen Vorschriften zu einer Strafbarkeit führen soll? Was ist das für ein Bild?
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er weiß es nicht! Er hat es nicht gelesen!)
– So ist es. Was soll das den Menschen sagen, die ehrenamtlich Verantwortung übernehmen? Mit diesem Gesetzentwurf wird doch das Gegenteil erreicht: Scheu vor Verantwortung, Sorge, Zurückhaltung, keine Entscheidung. Wir brauchen doch in der Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil: mutige Politikerinnen und Politiker, die Entscheidungen treffen und diese auch verantworten. Das brauchen wir und nicht so einen komischen Straftatbestand.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eines möchte ich in der Tat noch einmal erwähnen: das komische Bild, das Sie vom Bundesrechnungshof zeichnen. Das lässt auch erkennen, was für ein komisches Bild Sie vom Parlament, von uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern haben. Sie wollen allen Ernstes den Rechnungshof, auch wenn Sie ihn namentlich nicht erwähnen, zu einer Art Freizeichnungsbehörde machen. Ist man zurückhaltend konservativ, würde man jede Haushaltsentscheidung erst mal dem Rechnungshof vorlegen. Wollen wir damit – so hat es der Kollege Stefan Ruppert in der letzten Wahlperiode formuliert – zu Sklaven des Rechnungshofs werden? Das ist nicht sinnvoll. Ich stelle ich mir eine Frage, die ebenso unbeantwortet bleibt: Was ist eigentlich dann, wenn der Rechnungshof bei so einer Freizeichnung einen Fehler macht? Haftet dann der Rechnungshof, oder haften seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Das ist nicht bis zum Ende durchdacht. Also, weg mit diesem Gesetzentwurf!
Wir haben als Koalition eine andere Idee; denn wir wissen, dass wir gerade in Zeiten schwieriger Kassen handeln müssen. Wir haben uns vorgenommen – und das können Sie im Koalitionsvertrag nachlesen; das ist nämlich die richtige Lösung, die richtige Antwort –, den Haushalt auf eine ziel- und wirkungsorientierte Haushaltsführung umzustellen: regelmäßige und umfassende Wirkungsprüfung, einheitliches Controlling, zusätzliche Maßnahmen. Damit schaffen wir nämlich die zusätzlichen Spielräume, die wir dringend brauchen, Herr Kollege Brandner.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dieser Gesetzentwurf trägt dazu gar nichts bei. Er ist vielmehr ein untauglicher Versuch. Er führt zu Unsicherheiten. Deswegen lehnen wir ihn ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die Unionsfraktion hat das Wort Franziska Hoppermann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 142 |
Agenda Item | Ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel |