Christian PetrySPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe aufmerksam den Rednerinnen und Rednern, auch von der Opposition, insbesondere von der CDU/CSU, zugehört.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das lohnt sich immer!)
An der einen oder anderen Stelle habe ich mich ein bisschen gewundert. Ich war früher immer der Meinung, nach Herrn Dobrindt könnte es im Verkehrsministerium nicht schlimmer kommen. Dann kam Herr Scheuer. Und heute hält er Reden über Finanzpolitik und Stabilität und Wachstum. Ja, das ist natürlich spannend.
Ich habe auch gehört, wie die Erweiterungsfrage in der CDU/CSU diskutiert wird. Wir haben hier heute zwei Entschließungsanträge der Koalition vorliegen, aber auch zwei Entschließungsanträge der CDU/CSU, mit denen Sie wieder einmal das machen, was Sie in der letzten Wahlperiode auch gemacht haben. Florian Hahn ist ja Gott sei Dank hier; da freue ich mich. Damals hatten wir Anträge zu Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Die Verhandlungen standen auf der Kippe,
(Johannes Schraps [SPD]: Richtig!)
und die CDU/CSU hat darauf gedrängt, Konditionen einzuführen. Was ist dann passiert? Beide Länder haben zwei Jahre verloren,
(Johannes Schraps [SPD]: Genau!)
und beide Länder haben heute noch damit Probleme. Im Falle von Nordmazedonien ist dann Bulgarien mit einer Blockade der Verhandlungen aufs Tapet gekommen. Das ist Ihre Politik, und das wollen Sie heute hier fortführen. Ich würde mir wünschen, dass Sie dies heute nicht weiterführen, sondern unseren Anträgen zustimmen, damit die Beschlüsse, die jetzt im Europäischen Rat gefasst werden, auch hier eine ganz breite demokratische Basis erhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Auch der Mehrjährige Finanzrahmen ist Thema im Rat. Wir wissen, dass die Austeritätspolitik der letzten zehn Jahre, geprägt durch Schäuble und andere, Probleme bereitet hat. Wir wissen, dass Staatshaushaltskrisen damit nicht gelöst wurden. Wir wissen, dass die Infrastruktur gelitten hat. Wir wissen, dass das Sozialgefüge in vielen Ländern gelitten hat. Und wir wissen, dass wir dies aufarbeiten müssen. Deshalb freue ich mich, wenn wir eine ordentliche Debatte über die Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspakts führen und wenn es in Deutschland eine Weiterentwicklung bei der Frage der Finanzierung der Dinge gibt, die wir zu leisten haben. Das ist das, was wir leisten müssen, und ich glaube, das wird auch im Europäischen Rat ein zentraler Punkt sein müssen, den wir vielleicht sogar im Ecofin noch vor Weihnachten zum Abschluss bringen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Hier hat Deutschland eine führende Rolle. Das hat Deutschland nachgewiesen, auch mit unseren französischen Freunden: Allen Unkenrufen zum Trotz haben wir hier Vorschläge gemacht, hat die deutsch-französische Expertengruppe hier Vorschläge gemacht, wie wir uns weiterentwickeln und wie wir das Erweiterungspaket schnüren können.
Hierbei ist es ganz wichtig, dass wir die Länder in der heutigen Debatte einzeln benennen, auch wenn diese Debatte selbstverständlich von haushaltspolitischen Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben, geprägt ist. Aber trotzdem: Wir müssen genau darauf schauen.
Bosnien-Herzegowina wird im Frühjahr die Chance bekommen – mit den Modalitäten, die vorgegeben sind –, Beitrittskandidat zu werden.
In den Verhandlungen mit Montenegro sind 33 Kapitel eröffnet. Hier gibt es Schwierigkeiten. Die Unabhängigkeit der Justiz muss wiederhergestellt werden. Darauf müssen wir natürlich ein Auge haben.
Mit Serbien, das seit 2014 Beitrittskandidat ist, haben wir natürlich Probleme, politische Probleme: Die Nähe zu Russland muss überwunden werden. Da ist jetzt Wahl am Wochenende. Wir hoffen auf die demokratische Opposition, dass es hier weitergeht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Nordmazedonien – ich habe es eben schon genannt – kann einem wirklich leidtun. Die haben so viel gemacht, auch eine Namensänderung, und müssen jetzt noch eine Verfassungsänderung vornehmen. Auch da verlangt man ihnen viel ab. Eben ist schon darauf hingewiesen worden: Sie können mit Ihrer Schwesterpartei dort Einfluss nehmen, dass dies über die Bühne geht und der Beitrittsprozess weitergeht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Albanien steht kurz vor der Eröffnung der ersten Verhandlungscluster. Wir hoffen, dass die Stabilität dort weitergeht. Wir hoffen, dass es demokratisiert wird und dass wir seinen Weg nach Europa beschleunigen können.
Auch im Kosovo müssen wir zusammenarbeiten; um dem Kosovo eine Chance zu geben.
Ich will damit sagen, dass wir wissen – Olaf Scholz hat es zum Amtsantritt schon gesagt –: Der Balkan ist ein Gebiet, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, und möglichst zügig – und zügig heißt: am Ende dieser Dekade – muss die ernsthafte Chance bestehen, dass das ein oder andere dieser Länder Mitglied der Europäischen Union wird. – Das ist unser Ziel, das ist auch der Vorschlag der deutsch-französischen Arbeitsgruppe, daran arbeiten wir.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Über die Ukraine ist hier sehr viel gesagt worden, und das ist auch gut so; denn dort ist die Situation am dramatischsten, und dort ist es am schwierigsten, die Voraussetzung für einen Beitritt zur Europäischen Union zu schaffen. Deshalb zollt es mir hohen Respekt ab, was dort an Demokratisierung geleistet wurde. Dies muss weitergehen.
Auch in der Republik Moldau ist die Situation nicht einfach. Wir müssen verhindern, dass der Einfluss Russlands dort wieder stärker wird. Wir müssen die Demokratie dort stärken und damit die Chancen erhöhen.
Georgien – das freut mich – wurde der Kandidatenstatus, wenn auch mit Bedingungen, verliehen. Georgien ist euphorisch und denkt, sie könnten es innerhalb dieses und des nächsten Jahres schaffen, die Bedingungen zu erfüllen. – Wir werden es sehen.
Der Mehrjährige Finanzrahmen ist Thema, –
Herr Kollege.
– die Arbeitsfähigkeit der Union. Wir haben Vorschläge zu Sicherheit und Verteidigung gemacht.
Herr Kollege!
Wir haben zwei Anträge gestellt, –
Hallo?
– zur Republik Moldau und zur Ukraine.
Herr Kollege, –
Stimmen Sie diesen zu!
– das war das Ende der Redezeit.
Ein letzter Satz noch bitte, –
Nein, –
– dann werde ich fertig sein. Ich wünsche mir, –
– so geht es nicht.
– dass Visionen für Europa auch hier formuliert werden.
Herr Kollege, –
Eine Vision möchte ich nennen: –
– ich muss Ihnen dann in Ihren wunderbaren letzten Satz reingrätschen.
Das wäre der letzte Satz.
Deswegen wäre es doch besser gewesen, Sie hätten ihn vorher erledigt gehabt.
Es gab in der Gründung
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
ein Europa von Kohle und Stahl.
Ich muss dann reinquatschen, und das ist gar nicht schön für den letzten Satz.
Zukünftig könnte auch ein Europa der Zusammenarbeit eine Vision werden.
Vielen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit! So geht man mit der Präsidentin nicht um! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wir finden das ungehörig!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7604822 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |