14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Zusatzpunkt 2

Carsten LinnemannCDU/CSU - Halbzeit der Wahlperiode

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Hälfte der Legislaturperiode ist um – Zeit, zurückzublicken, in den Rückspiegel. Ich habe mir mal angeschaut, was Sie zu Beginn Ihrer Ampelzeit gesagt haben. Ich zitiere den Bundeskanzler. Er sagte im Dezember 2021 nach Abschluss des Koalitionsvertrages – Zitat –:

„Diese Koalition bedeutet Zukunft für unser Land. Wir wollen die 20er-Jahre prägen.“

Der Bundeskanzler versprach in seiner Regierungserklärung am 15. Dezember 2021 – ein weiteres Zitat –:

„Die Bundesregierung, die jetzt unter meiner Führung ihre Arbeit aufnimmt, wird eine Fortschrittsregierung sein.“

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Humoristisch!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ampel ist gut gestartet. Die Reaktion auf den verheerenden Einmarsch der Russen war richtig. Die Zeitenwende-Rede des Kanzlers war richtig. Das Sondervermögen, der Energieversorgungsplan war richtig. Sie sind pragmatisch gestartet und sind dann mit voller Wucht in alte Muster gefallen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Ukraine wird nicht mehr richtig unterstützt. Sie verknappen politisch künstlich das Angebot an Energie. Nichts funktioniert mehr. Fazit nach zwei Jahren Ampel: Die Wirtschaft schrumpft. Die Wirtschaft in Deutschland – als einzigem Land unter allen Industrieländern –, im wirtschaftlich drittstärksten Land der Welt, schrumpft.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Kommt da noch was?)

In allen Standortrankings sind wir zurückgefallen. Der Mittelstand steht mit dem Rücken zur Wand. Kürzlich sagte ein Metzgermeister zu mir, seine beste Entscheidung sei gewesen, den Laden abzuschließen,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo? In Paderborn? – Bernd Westphal [SPD]: Alles Vegetarier in Paderborn!)

und er sei froh, dass seine Kinder was anderes machen würden. Das ist Deutschland

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: … unter der Ampel!)

im Jahre 2023. Das ist bitter und geht mitten ins Mark.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Leif-Erik Holm [AfD])

Zur sozialen Frage. Nehmen wir das Beispiel Wohnungsbau.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch hier kein JU-Tag!)

Sie haben versprochen, 400 000 Wohnungen im Jahr zu bauen. In diesem Jahr sind nicht einmal 200 000 gebaut wurden. Eine der wichtigsten sozialen Fragen dieses Landes – eine der wichtigsten Fragen! – wurde von der Ampel nicht beantwortet.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

„You’ll never walk alone“, heißt es.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reden Sie doch das Land nicht so schlecht!)

Hier lassen Sie die Menschen im Regen stehen; von Respekt keine Spur.

Drittes Beispiel: Migrationspolitik.

(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im Mai haben sie sich getroffen, der Bundeskanzler und die Kommunen. Die Bürgermeister und Landräte gleich welcher Couleur sind am Limit,

(Zuruf der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

weil ihre Kommunen nicht mehr können. Im Mai haben Sie versprochen, dass Sie helfen. Im November gab es einen weiteren Gipfel. Nichts ist passiert. Und seit gestern wissen wir: In Teilen haben Sie das Asylpaket sogar aufgekündigt. – Ein Wahnsinn, was Sie mit diesem Land machen und dass Sie die Bürgermeister und Landräte nicht unterstützen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hatte doch Ihrem Vorsitzenden schon gesagt, er soll nicht alles glauben, was in der „Bild“-Zeitung steht!)

Am Ende des Tages muss man sehen, dass wir einen Vertrauensverlust in die Politik insgesamt haben. 82 Prozent der Deutschen vertrauen der Bundesregierung nicht mehr.

(Zuruf des Abg. Jürgen Coße [SPD])

Vier von fünf Bundesbürgern sind mit der Arbeit des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland nicht zufrieden.

(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

So einen Wert gab es seit Aufzeichnung solcher Werte noch nie.

(Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])

Um auf das zurückzukommen, was der Bundeskanzler in dem Zitat, das ich eben genannt habe, gesagt hat: Diese Regierung ist keine Fortschrittsregierung, sie ist eine Abstiegsregierung. Sie ist eine Abstiegskoalition, keine Fortschrittskoalition.

(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich finde, der Funke springt nicht über! – Zuruf des Abg. Bernd Westphal [SPD])

Geld hält diese Regierung zusammen. Es gibt keine gemeinsame Erzählung, nichts. Liebe Kolleginnen und Kollegen, woran liegt das? Im Kern gibt es drei Fehlannahmen, es gibt drei zentrale Lebenslügen.

Die erste Fehlannahme, der Sie unterliegen, ist: Sie glauben, Sie könnten alle Probleme mit neuen Schulden lösen.

(Zuruf von der FDP: Hä?)

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich diese Annahme in Luft aufgelöst.

(Nadine Heselhaus [SPD]: Ja! Der Sparkurs!)

Zweitens. Sie glauben, der Staat kümmert sich als Vollkaskostaat um alles. Die arbeitende Bevölkerung finanziert nicht auf Dauer Bürgergeld für Menschen, die eigentlich arbeiten können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Niemand muss in Deutschland arbeiten. Niemand. Aber wer Sozialleistungen erhält und arbeiten kann, kann nicht erwarten, dass andere, die arbeiten gehen, für ihn bezahlen.

(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch banal!)

Es braucht wieder Fordern und Fördern.

(Bengt Bergt [SPD]: Unterste Schublade!)

Wenn wir das Prinzip einhalten, werden wir diejenigen, die nicht arbeiten können, weil sie körperlich oder aus seelischen Gründen nicht mehr in der Lage sind, sogar noch mehr unterstützen können als heute. Das ist Sozialpolitik, die wir betreiben, und nichts anderes.

(Beifall bei der CDU/CSU – Nadine Heselhaus [SPD]: Genau! Sie stehen für Sozialpolitik! – Zuruf des Abg. Jürgen Coße [SPD])

Sie müssen sich einfach die Frage stellen – Friedrich Merz hat es gestern auf den Punkt gebracht –: Haben Sie noch zwei Jahre die Kraft, dieses Land nach vorne zu führen? Die Frage müssen Sie beantworten. Das, was Sie gestern oder vorgestern verabredet haben, ist nichts anderes als ein Weihnachtsfrieden, damit über Weihnachten Ruhe ist.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ist besser als Ihre Kraftmeierei!)

De facto ist es ein Vertrag zulasten Dritter; die Dritten sind die Bürger. Erst haben Sie versucht, alles über neue Schulden zu finanzieren.

(Jürgen Coße [SPD]: Können Sie auch eigene Vorschläge machen?)

Jetzt geht es an die Bürger ran – es gibt Steuererhöhungen –, die das finanzieren sollen, anstatt mal an die Strukturen zu gehen, an die verkrusteten Strukturen, an die Bürokratie, an die Überregulierung, an die Zukunft!

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Darum muss es gehen.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als ob gar nichts passiert sei!)

Dieses Land braucht eine Zukunftsmelodie. Dieses Land braucht einen Zukunftsplan, einen Plan, wo man hinwill, eine Agenda 2030; nennen Sie es, wie Sie es wollen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie wollen eine Agenda 1950! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht einen Plan, damit die Menschen wieder optimistisch sind und nach vorne schauen. Wir müssen die Eigenverantwortung in diesem Lande wieder belohnen:

(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

die Initiative, das Machen. Darum muss gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen eine Politik, die die Herausforderungen unserer Zeit überblickt, die Lösungen entwickelt und diese Lösungen entschlossen und zuverlässig umsetzt.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn Ihre Vorschläge, Herr Linnemann? – Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir brauchen eine Politik, die das Potenzial, das dieses Land hat, wieder hebt. Dafür stehen wir, dafür setzen wir uns ein.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Nadine Heselhaus [SPD]: Oh ja! Unbedingt! – Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr eindrucksvoll! – Zuruf des Abg. Jürgen Coße [SPD])

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Bernd Westphal.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604976
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Halbzeit der Wahlperiode
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta